Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
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Die Ausführung der Anordnung der Zustellung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. |
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Das Bewirken der Zustellung i.e.S. liegt in der Auswahl der Art der Übermittlung des zuzustellenden Schriftstücks, der Beauftragung von autorisierten Hilfspersonen oder Dienstleistern und der Übergabe zur Durchführung der Zustellung. |
Rdn 1883
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Allgemeines, Teil A Rdn 1850.
Rdn 1884
1. Die Ausführung der Anordnung der Zustellung (bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Anordnung, Teil A Rdn 1862), das sog. Bewirken der Zustellung, obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 36 Abs. 1 S. 2), der bei Zustellungen als Organ der Rechtspflege handelt (Kissel/Mayer, § 153 GVG Rn 26). Zustellungen kann der anordnungsbefugte Richter aber auch selbst bewirken, indem er das Schriftstück dem Zustellungsempfänger an der Amtsstelle aushändigt (§ 174 ZPO).
Rdn 1885
Jedes Abweichen von der richterlichen Anordnung der Zustellung, insbesondere bezüglich der Art oder des Adressaten der Zustellung, macht diese unwirksam (Graf/Larcher, § 36 Rn 5; Meyer-Goßner/Schmitt, § 36 Rn 8). Das bedeutet: Hat der Vorsitzende angeordnet,
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dass die Zustellung an den Verteidiger erfolgt, kann nicht wirksam an den Betroffenen zugestellt werden (OLG Hamm NZV 1998, 475) und |
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umgekehrt, wenn die Zustellung anstelle des in der Anordnung genannten Angeklagten an den Verteidiger erfolgte (BayObLG BayObLGSt 1989, 1); |
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ebenso, wenn entgegen der Anordnung eine Entscheidung ohne Übersetzung zugestellt wird (OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.10.2016 – 1 Ws 555/16, StraFo 2016, 507) |
Rdn 1886
2. Das Bewirken der Zustellung i.e.S. liegt in der – stets unter dem Vorbehalt einer einschränkenden richterlichen Anordnung stehenden – Auswahl der Art der Übermittlung des zuzustellenden Schriftstücks, der Beauftragung von autorisierten Hilfspersonen (Zöller/Schultzky, § 168 ZPO Rn 3) oder Dienstleistern und der Übergabe zur Durchführung der Zustellung.
Rdn 1887
Hat der Vorsitzende lediglich die förmliche Zustellung angeordnet, liegt es im Ermessen des Urkundsbeamten (Zöller/Schultzky, § 168 ZPO Rn 2)
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dem Angeklagten oder seinem Verteidiger (§ 145a), der auf der Geschäftsstelle erscheint, um sich nach dem Verfahrensfortgang zu erkundigen, das Dokument gem. § 174 ZPO selbst zuzustellen, |
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elektronisch gem. § 173 ZPO, |
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eingeschrieben mit Rückschein gem. § 176 Abs. 1 ZPO, |
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mit der Zustellung gem. § 176 Abs. 2 ZPO einen Justizbediensteten oder die Post zu beauftragen. |
Rdn 1888
In den beiden letztgenannten Fällen übergibt die Geschäftsstelle das zuzustellende Schriftstück in einem verschlossenen Umschlag zusammen mit dem vorbereiteten Formular einer Zustellungsurkunde (§§ 176 Abs. 1 und 2 ZPO; zur Zustellung an Gefangene → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Gemeinschaftseinrichtung, Teil A Rdn 1925 ff.).
☆ Auch der Verteidiger hat auf diese Weise zu verfahren, wenn er für seinen Mandanten eine Beweisperson unmittelbar zur HV lädt (§ 220; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines , Teil A Rdn 1603 ).Verteidiger hat auf diese Weise zu verfahren, wenn er für seinen Mandanten eine Beweisperson unmittelbar zur HV lädt (§ 220; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines, Teil A Rdn 1603).
Siehe auch: → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1292, m.w.N; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Allgemeines, Teil A Rdn 1840, m.w.N.