Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Form der Revisionsbegründung regelt § 345 Abs. 2. |
2. |
Bei schriftlicher Begründung durch den Rechtsanwalt oder Verteidiger muss dieser im Zeitpunkt der Unterzeichnung bevollmächtigt sein und die volle Verantwortung für den Inhalt der Begründung übernehmen. |
3. |
Der Angeklagte kann die Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle begründen. |
4. |
I.Ü. sind für die Begründung der Revision die (besonderen) Begründungsanforderungen für die Verfahrens- und die Sachrüge zu beachten. |
Rdn 2058
Literaturhinweise:
s.a. die Hinw. bei → Revision, Begründung, Allgemeines, Teil A Rdn 2049.
Rdn 2059
1. Die Form der Revisionsbegründung regelt § 345 Abs. 2. Demnach muss die Revisionsbegründung grds. schriftlich durch eine von einem Rechtsanwalt oder dem in erster Instanz tätig gewesenen Verteidiger angefertigte und unterzeichnete Begründungsschrift erfolgen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Dieses Formerfordernis erfüllt eine gewisse Filterfunktion (Gribbohm NStZ 1983, 97, 100), indem die Revision einer Vorprüfung durch eine rechtskundige Person unterzogen wird und auch von dieser ausgearbeitet werden muss. So soll dem Revisionsgericht grundloses und unverständliches Revisionsvorbringen erspart werden (BGHSt 32, 326; BGH NStZ 1987, 336).
☆ Die Schriftform ist nur gewahrt, wenn die Revisionsbegründung auch lesbar ist (BGHSt 33, 44). Hierauf ist besonders bei einkopierten/eingescannten Teilen der Revisionsbegründung zu achten.Schriftform ist nur gewahrt, wenn die Revisionsbegründung auch lesbar ist (BGHSt 33, 44). Hierauf ist besonders bei einkopierten/eingescannten Teilen der Revisionsbegründung zu achten.
Rdn 2060
Erfolgt die Revisionsbegründung durch den Verteidiger bzw. einen Rechtsanwalt, muss sie aufgrund der Regelung des § 32d S. 2 zwingend als elektronisches Dokument übermittelt werden, das den Voraussetzungen des § 32a Abs. 2 bis Abs. 4 genügt. Es empfiehlt sich die Übermittlung per beA. Bei Missachtung dieser Formvorschrift verwirft bereits das Ausgangsgericht die Revision als unzulässig (u.a. BGH, Beschl. v. 24.5.2022 – 2 StR 110/22, NStZ-RR 2022, 253 [Ls.]; Beschl. v. 21.3.2023 – 6 StR 97/23; weit. Nachw. bei Burhoff VRR 4/2024, 5; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Allgemeines, Teil A Rdn 1512). Allerdings kann in einem solchen Fall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden, da ein Verschulden des Verteidigers dem Betroffenen nicht zugerechnet wird (BGH, Beschl. v. 9.8.2022 – 6 StR 268/22; → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil B Rdn 1521 ff.).
Rdn 2061
2. Bei schriftlicher Begründung durch den Rechtsanwalt oder Verteidiger muss dieser im Zeitpunkt der Unterzeichnung bevollmächtigt sein (BGH NStZ 2001, 52). Ein späterer Nachweis der Vollmacht ist möglich. Ein Rechtsanwalt oder Verteidiger, der nur eine Unterbevollmächtigung eines Anwaltskollegen und keine rechtzeitig erteilte Vollmacht des Angeklagten besitzt, darf die Revisionsbegründung nicht eigenverantwortlich anfertigen und unterzeichnen (BGH StV 1981, 393; 1982, 213; NStZ 1996, 21 bei Kusch). Der Pflichtverteidiger muss die Revisionsbegründung stets selbst unterzeichnen und kann seine Befugnisse auch nicht auf einen Kanzleikollegen übertragen (BGH, Beschl. v. 16.12.2015 – 4 StR 473/15). Die Revisionsbegründung muss die eigenhändige und vollständige Unterschrift des Verteidigers tragen. Eine Paraphe oder ein Faksimilestempel genügen nicht (BGHSt 12, 317; ausführlich auch Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn 130). Der die Begründung unterzeichnende Verteidiger muss die volle Verantwortung für den Inhalt der Begründung übernehmen (BGH NJW 2012, 1748; NStZ-RR 2002, 309; Beschl. v. 23.4.2013 – 4 StR 104/13; Beschl. 2.7.2014 – 4 StR 215/14). Bestehen daran Zweifel, z.B. weil nur auf vom Angeklagten gefertigte Anlagen verwiesen oder Vorbringen des Angeklagten nur in den Schriftsatz eingerückt wird, ist die Begründung unzulässig (BGHSt 25, 272, 273; NJW 1984, 2480; NStZ 1984, 563; 1987, 336; 1997, 45; 2000, 211; NStZ-RR 2006, 84; BGH, Beschl. v. 7.4.2010 – 2 StR 153/09). Der Verteidiger sollte deshalb alle Formulierungen vermeiden, aus denen abgeleitet werden könnte, dass er nicht eigenverantwortlicher Verfasser der Begründung ist (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, schriftlich, Teil A Rdn 1532). Unbedenklich ist es, eine von den Verteidigern mehrerer Angeklagter ausgearbeitete und unterschriebene einheitliche Revisionsbegründung einzureichen, sofern sich aus dem Schriftsatz ergibt, dass diese von jedem Verteidiger für seinen jeweiligen Mandanten mitverantwortet wird (BGH NStZ 1998, 99).
☆ Hat einer von mehreren Wahlverteidigern die von einem anderen Wahlverteidiger verfasste Begründungsschrift nur mit i.V. oder für unterzeichnet, ist umstritten, ob die Revisionsbegründung wegen Formverstoßes unwirksam ist (zu dieser Problematik BVerfG NJW 1996, 713; BVerfG, Beschl. v. 7.12.2015 – 2 BvR 767/15 m.w.N.; BGHSt 59, 284; Meyer-Goßner/Schmitt , § 345 Rn 16; auch Burhoff , HV, Rn 2762 ff.).mehreren Wahlverteidige...