Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Rdn 2169
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2009.
Rdn 2170
1.a) Grds. entscheidet jeder Mitangeklagte selbst darüber, ob er das gegen ihn ergangene Urteil anfechten oder in Rechtskraft erwachsen lassen will. Hierbei kann jedoch die Situation entstehen, dass ein Revisionsführer mit seiner Revision durchdringt, während das tatrichterliche Urteil gegen einen Mitangeklagten schon rechtskräftig ist. Hieraus kann eine Ungleichbehandlung entstehen, der die Vorschrift des § 357 vorbeugt (BGHSt 12, 335, 341). Sofern zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils erfolgt, kommt dies auch den Mitangeklagten zugute, soweit sich der Rechtsfehler auch auf diese erstreckt (BGH Beschl. v. 24.10.2013 – 5 StR 371/13; Beschl. v. 10.4.2013 – 5 StR 29/13). Im Einzelnen gilt:
Rdn 2171
b) Für die Erstreckungswirkung spielt es keine Rolle, ob/dass der Mitangeklagte
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keine Revision eingelegt hat, |
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seine Revision zurückgenommen hat (BGH NJW 1958, 560; 1996, 2663), |
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auf Rechtsmittel verzichtet hat (OLG Hamburg JW 1937, 3152), |
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seine Revision beschränkt hat (BGH NJW 1954, 441). |
☆ Unerheblich ist es auch, ob die Revision des Mitangeklagten bereits als unzulässig verworfen worden war. Auch in diesem Fall wird die Erstreckungswirkung bejaht (BGHR § 338 Nr. 7 Entscheidungsgründe 2; OLG Zweibrücken wistra 1987, 269; auch schon RGSt 40, 219). Etwas anderes gilt nur im Jugendstrafverfahren für einen Mitangeklagten, der Berufung eingelegt hatte und dessen Revision deshalb nach § 55 Abs. 2 JGG unzulässig ist (BGHSt 51, 34; → JGG-Besonderheiten, Revision , Teil A Rdn 886 ) oder wenn der Nichtrevident einer für ihn nicht unmittelbar begünstigenden Erstreckungsentscheidung widersprochen hat (BGH NJW 2005, 374; Beschl. v. 25.11.2013 – 5 StR 475/13). ist es auch, ob die Revision des Mitangeklagten bereits als unzulässig verworfen worden war. Auch in diesem Fall wird die Erstreckungswirkung bejaht (BGHR § 338 Nr. 7 Entscheidungsgründe 2; OLG Zweibrücken wistra 1987, 269; auch schon RGSt 40, 219). Etwas anderes gilt nur im Jugendstrafverfahren für einen Mitangeklagten, der Berufung eingelegt hatte und dessen Revision deshalb nach § 55 Abs. 2 JGG unzulässig ist (BGHSt 51, 34; → JGG-Besonderheiten, Revision, Teil A Rdn 886) oder wenn der Nichtrevident einer für ihn nicht unmittelbar begünstigenden Erstreckungsentscheidung widersprochen hat (BGH NJW 2005, 374; Beschl. v. 25.11.2013 – 5 StR 475/13).
Rdn 2172
c) Die Urteilsaufhebung muss wegen einer Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes erfolgen. Daraus folgt, dass § 357 bei sachlich-rechtlichen Fehlern des tatgerichtlichen Urteils uneingeschränkt anzuwenden ist. Auch die fehlerhafte Beurteilung von Verfahrensvoraussetzungen bzw. Verfahrenshindernissen stellt eine Gesetzesverletzung im Sinne des § 357 dar und führt zu einer Erstreckung auf den Mitangeklagten, wenn es diesen gleichermaßen betrifft (BGHSt 19, 320, 321 [fehlender Strafantrag]; 24, 208 [Verfolgungsverjährung]; BGH NStZ 1987, 239 [fehlender Eröffnungsbeschluss]; BGH, Beschl. v. 31.3.2011 – 4 StR 657/10 [Verfolgungsverjährung]; Beschl. v. 23.5.2023 – 2 StR 114/23 [Einziehung]).
Rdn 2173
Die Verletzung des sonstigen Verfahrensrechts, das Gegenstand der Verfahrensrüge ist, führt hingegen nicht zur Anwendung des § 357 und somit nicht zum Eintritt der Erstreckungswirkung. Das gilt selbst dann, wenn es sich um einen Verfahrensverstoß handelt, der einen absoluten Revisionsgrund i.S.d. § 338 darstellt (BGHSt 17, 176, 179; 37, 329; Meyer-Goßner/Schmitt, § 357 Rn 11 m.w.N.; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Nichterstreckung bei Verfahrensfehlern BVerfG NJW 1985, 125).
☆ Wenn sowohl ein Verfahrensfehler als auch ein sachlich - rechtlicher Fehler vorliegt, muss der Sachmangel die Entscheidung des Revisionsgerichts zumindest mittragen. Hebt das Revisionsgericht das tatrichterliche Urteil trotz Vorliegens förmlicher und sachlicher Rechtsmängel allein auf die Verfahrensrüge eines Mitangeklagten auf, findet eine Erstreckung auf den Nichtrevidenten nicht statt. Das Revisionsgericht ist nicht gehalten, der Sachrüge den Vorzug zu geben (BVerfG NJW 1985, 125).sowohl ein Verfahrensfehler als auch ein sachlich-rechtlicher Fehler vorliegt, muss der Sachmangel die Entscheidung des Revisionsgerichts zumindest mittragen. Hebt das Revisionsgericht das tatrichterliche Urteil trotz Vorliegens förmlicher und sachlicher Rechtsmängel allein auf die Verfahrensrüge eines Mitangeklagten auf, findet eine Erstreckung auf den Nichtrevidenten nicht statt. Das Revisionsgericht ist nicht gehalten, der Sachrüge den Vorzug zu geben (BVerfG NJW 1985, 125).
Rdn 2174
d) Der Revisionsführer und der das Urteil nicht anfechtende Mitangeklagte müssen durch dasselbe tatrichterliche Urteil (Meyer-Goßner/Schmitt, § 357 Rn 12 m.w.N.) und wegen derselben (prozessualen) Tat (BGHSt 12, 335, 341; NJW 1955, 1566; 1983, 2097, 2099) verurteilt worden sein, damit eine Erstreckungswirkung eintreten kann.
Rdn 2175
e) Schließlich muss ein g...