Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Rdn 2178
Literaturhinweise:
Leipold, Die Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht, StraFo 2010, 353
s.a. die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2009.
Rdn 2179
1. Die HV vor dem Revisionsgericht (§ 350) Ist nicht vergleichbar mit der HV vor dem Tatgericht.
☆ Das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz v. 12.7.2024 (BGBl I Nr. 234) hat § 350 geändert/ergänzt. Danach können Angeklagte, ihre gesetzlichen Vertreter, Verteidiger sowie die Sitzungsvertretung der StA auf ihren jeweiligen Antrag hin durch die Nutzung von Videokonferenztechnik auch von einem anderen Ort aus teilnehmen. Das Gleiche gilt für Nebenkläger, Nebenklageberechtigte sowie die Personen, die nach §§ 397 Abs. 2 S. 3, 404 Abs. 3; 406h Abs. 2 S. 2, 429 Abs. 1, § 444 Abs. 2 S. 1 von dem Termin zu benachrichtigen sind. Diese Änderungen/Ergänzungen treten nach Art. 50 Abs. 2 des Gesetzes am 17.7.2025 in Kraft."Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz" v. 12.7.2024 (BGBl I Nr. 234) hat § 350 geändert/ergänzt. Danach können Angeklagte, ihre gesetzlichen Vertreter, Verteidiger sowie die Sitzungsvertretung der StA auf ihren jeweiligen Antrag hin durch die Nutzung von Videokonferenztechnik auch von einem anderen Ort aus teilnehmen. Das Gleiche gilt für Nebenkläger, Nebenklageberechtigte sowie die Personen, die nach §§ 397 Abs. 2 S. 3, 404 Abs. 3; 406h Abs. 2 S. 2, 429 Abs. 1, § 444 Abs. 2 S. 1 von dem Termin zu benachrichtigen sind. Diese Änderungen/Ergänzungen treten nach Art. 50 Abs. 2 des Gesetzes am 17.7.2025 in Kraft.
Rdn 2180
I.Ü. gilt im Einzelnen Folgendes:
2. Grds. müssen weder der Angeklagte noch der Verteidiger geladen werden. Ausreichend ist es gem. § 350 Abs. 1, wenn ihnen Ort und Zeit der HV formlos mitgeteilt werden. Lediglich, wenn die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig ist, muss dieser geladen werden. Soweit eine förmliche Ladung nicht ergeht, sind die §§ 217, 218, 145a Abs. 2 nicht anwendbar, sodass Ladungsfristen nicht eingehalten werden müssen. Ist die Terminsmitteilung gänzlich unterblieben, soll dies nach verbreiteter Auffassung folgenlos bleiben (OLG Köln NJW 1957, 74; Meyer-Goßner/Schmitt, § 350 Rn 11 m.w.N.). Gem. § 350 Abs. 2 S. 1 kann der Angeklagte in der HV erscheinen, er ist hierzu aber nicht verpflichtet, sondern kann sich auch durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen. Da in der HV vor dem Revisionsgericht nur Rechtsfragen erörtert werden, ist ein persönlicher Eindruck ebenso wenig notwendig, wie eine Einlassung des Angeklagten zur Sache (BGHSt 41, 16, 19).
Rdn 2181
Auch der Wahlverteidiger ist, soweit nicht ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, nach dem Wortlaut des § 350 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 grds. nicht zur Anwesenheit verpflichtet (auch Pfeiffer, § 350 Rn 2). Gemäß § 350 Abs. 2 S. 2 kann die Hauptverhandlung auch in Abwesenheit des Angeklagten und des Wahlverteidigers durchgeführt werden. Ein gem. §§ 140, 141 beigeordneter Pflichtverteidiger hat den HV-Termin wahrzunehmen. Bleibt er aus, muss die Sitzung vertagt und ein neuer Verteidiger bestimmt werden (BVerfG NJW 1984, 113; BGHSt 19, 258, 263). Für den Nebenkläger und den Vertreter der revisionsführenden örtlichen StA besteht ebenfalls keine Anwesenheitspflicht.
☆ Ein inhaftierter Angeklagter hat gem. § 350 Abs. 2 S. 2 keinen Anspruch auf Anwesenheit (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit BVerfGE 54, 100, 116; 65, 171, 177 und darauf Bezug nehmend BGH, Urt. v. 10.12.2013 – 5 StR 387/13). Seine Vorführung zur HV liegt im Ermessen des Revisionsgerichts und kommt z.B. in Betracht, wenn Entscheidungen nach § 354 Abs. 1 und 1a im Raum stehen (BGH, Beschl. v. 2.4.2019 – 5 StR 685/18, NStZ 2019, 486) oder besondere Umstände in der Person des Angeklagten dies erfordern (BGH, Beschl. vom 13.12.2022 – 1 StR 284/22).inhaftierter Angeklagter hat gem. § 350 Abs. 2 S. 2 keinen Anspruch auf Anwesenheit (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit BVerfGE 54, 100, 116; 65, 171, 177 und darauf Bezug nehmend BGH, Urt. v. 10.12.2013 – 5 StR 387/13). Seine Vorführung zur HV liegt im Ermessen des Revisionsgerichts und kommt z.B. in Betracht, wenn Entscheidungen nach § 354 Abs. 1 und 1a im Raum stehen (BGH, Beschl. v. 2.4.2019 – 5 StR 685/18, NStZ 2019, 486) oder besondere Umstände in der Person des Angeklagten dies erfordern (BGH, Beschl. vom 13.12.2022 – 1 StR 284/22).
Rdn 2182
3. Der Ablauf der HV vor dem Revisionsgericht ist in § 351 geregelt. Er gestaltet sich wie folgt:
Rdn 2183
a) Zunächst werden im Vortrag des Berichterstatters der Ablauf und die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens dargelegt. Dies kann auch der Vorsitzende übernehmen.
Rdn 2184
I.d.R. werden in dem Bericht folgende Aspekte thematisiert:
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die Formalitäten der Anfechtung, |
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die Feststellungen des tatrichterlichen Urteils, soweit sie für die Revision von Bedeutung sind; hiervon kann abgesehen werden, wenn alle Mitglieder des Gerichts das Urteil kennen, |
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die vom Revisionsführer erhobenen Verfahrensrügen mit allen dazugehörigen Unterlagen, |
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die... |