Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Rdn 2204
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2009.
Rdn 2205
1.a) Gem. § 302 kann die Revision ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Eine Teilrücknahme ist nichts anderes als eine nachträgliche Rechtsmittelbeschränkung, die in gleicher Weise und in gleichem Umfang zulässig ist, wie eine gem. § 344 Abs. 1 von vornherein erklärte Beschränkung der Revision (→ Revision, Beschränkung, Teil A Rdn 2088; s.a. → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Allgemeines, Teil A Rdn 1656).
Rdn 2206
b) Rücknahmeberechtigt ist jeder, der auf der Seite eines Beteiligten steht, der Rechtsmittel eingelegt hat. Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten erstreckt sich stets auch auf die vom Verteidiger eingelegte Revision (BGH StraFo 2005, 161; NStZ-RR 2007, 210; wistra 2011, 314). Umgekehrt kann auch der Verteidiger, wenn er zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt ist, eine vom Angeklagten selbst eingelegte Revision wirksam zurücknehmen. Da sich die von mehreren Personen eingelegte Revision gleichwohl als einheitliches Rechtsmittel darstellt, kann z.B. auch ein Verteidiger die von mehreren Verteidigern eingelegte Revision insgesamt zurücknehmen (BGH NStZ 1996, 202; BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – 2 StR 595/12).
Rdn 2207
c) Die Rücknahme muss eindeutig, aber nicht unbedingt ausdrücklich erfolgen. Wie beim Rechtsmittelverzicht (ergänzend → Revision, Rechtsmittelverzicht, Teil A Rdn 2196) muss sich der Wille zur Rücknahme des Rechtsmittels eindeutig feststellen lassen. Bei der Abgabe der Rücknahmeerklärung muss der Angeklagte in der Lage sein, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung erkennen (BGH, Beschl. v. 23.5.2023 – 2 StR 469/22, NStZ 2023, 699). Eine eindeutige Rücknahmeerklärung, die einem "gesunden" Willen entspringt, ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGHSt 5, 337, 341; 10, 245, 247; 37, 15, 17; BGH NStZ 1983, 280; Beschl. v. 23.5.2023 – 2 StR 469/22, NStZ 2023, 699; NStZ-RR 2016, 24 m.w.N.; zur Rechtsmittelrücknahme a. Burhoff, HV, Rn 2918). Eine erneute Einlegung des Rechtsmittels ist damit ebenso ausgeschlossen, wie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (BGH NJW 1984, 1974; NStZ-RR 2000, 305; 2010, 55; 2013, 381). Wird die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen, hat das Revisionsgericht eine deklaratorische Feststellung zur Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts zu treffen (BGH NStZ-RR 2016, 24; Beschl. v. 5.2.2014 – 1 StR 527/13 m.w.N.; Beschl. 14.10.2014 – 3 StR 421/14).
Rdn 2208
d) Die Form für die Zurücknahme ist grds. die gleiche, die für die Einlegung der Revision vorgeschrieben ist (→ Revision, Einlegung, Form, Teil A Rdn 2117; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Erklärung, Teil A Rdn 1667).
☆ Das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz v. 12.7.2024 (BGBl I Nr. 234) hat in § 32d S. 2 Nr. 2 die Nutzungspflicht des § 32d S. 2 auch auf die Rücknahme der Revision erstreckt. Diese Erstreckung tritt nach Art. 50 Abs. 3 des Gesetzes am 1.1.2026 in Kraft. Ab dann gelten daher die Ausführungen bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Allgemeines, Teil B Rdn 1476 ff. auf jeden Fall entsprechend (zum Gesetzesentwurf Burhoff VRR 3/2024, 13 = StRR 4/2023, 10; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Verteidiger, Teil B Rdn 1673; → Revision, Einlegung, Form, Teil A Rdn 2117)."Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz" v. 12.7.2024 (BGBl I Nr. 234) hat in § 32d S. 2 Nr. 2 die Nutzungspflicht des § 32d S. 2 auch auf die Rücknahme der Revision erstreckt. Diese "Erstreckung" tritt nach Art. 50 Abs. 3 des Gesetzes am 1.1.2026 in Kraft. Ab dann gelten daher die Ausführungen bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Allgemeines, Teil B Rdn 1476 ff. auf jeden Fall entsprechend (zum Gesetzesentwurf Burhoff VRR 3/2024, 13 = StRR 4/2023, 10; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Verteidiger, Teil B Rdn 1673; → Revision, Einlegung, Form, Teil A Rdn 2117).
Rdn 2209
e) Nach erfolgter Zurücknahme ist eine Entscheidung über die Revision überflüssig. Es ergeht lediglich eine selbstständige Kostenentscheidung (Meyer-Goßner/Schmitt, § 302 Rn 11).
Rdn 2210
2. Für die Rücknahme der Revision durch den Verteidiger oder einen Rechtsanwalt gilt § 302 Abs. 2. Demnach bedarf es zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Angeklagten (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Allgemeines, Teil A Rdn 1656; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Vollmacht, Allgemeines, Teil A Rdn 1735; BGH NStZ 2014, 54 [ausführlich zum Fehlen der Ermächtigung]; 2000, 665; NStZ-RR 2016, 24; Burhoff, HV, Rn 2918 ff.). Eine bestimmte Form ist für diese ausdrückliche Ermächtigung nicht vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erteilt werden (BGH NStZ 1995, 356; NStZ-RR 2016, 24; OLG Brandenburg NStZ-RR 1998, 309). Eine allgemeine Prozessvollmacht genügt insoweit allerdings nach h.M. nicht (BGH 2000, 665; NStZ 2014, 54), es sei denn das Mandat wurde erst für das Rechtsmittelver...