Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Erklärung über die Rechtsmittelbeschränkung erfolgt gegenüber dem Gericht. |
2. |
Der prozessual handlungsfähige Angeklagte hat i.d.R. die Befähigung, sein Rechtsmittel zu beschränken und/oder teilweise zurückzunehmen. |
3. |
Tritt der Anfechtungsumfang nicht deutlich zutage, ist die Erklärung auszulegen. |
4. |
Die Rechtsmittelbeschränkung wird mit Eingang bei Gericht wirksam. |
Rdn 279
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Berufung, Beschränkung, Allgemeines, Teil A Rdn 228.
Rdn 280
1. Die Erklärung über die Rechtsmittelbeschränkung erfolgt gegenüber dem Gericht, außerhalb der HV schriftlich, innerhalb der HV als Teilrücknahme mündlich. Die Erklärung sollte erkennen lassen, welche Teile des amtsgerichtlichen Urteils angefochten werden sollen.
Rdn 281
2. Der prozessual handlungsfähige Angeklagte (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Erklärung, Teil A Rdn 1668) hat i.d.R. die Befähigung, sein Rechtsmittel zu beschränken und/oder teilweise zurückzunehmen. Für die Wirksamkeit kommt es allein darauf an, dass sich der Angeklagte der Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung bewusst gewesen ist (OLG Hamburg StV 2006, 175 m. Anm. Keller/Gericke).
Rdn 282
An diesem Bewusstsein kann es in Fällen der notwendigen Verteidigung fehlen. Inhalt und Bedeutung auch einer notwendigen Verteidigung verlangen zwar nicht, dass ein Angeklagter vor seiner Entscheidung darüber, ob er eine Beschränkung vornehmen will, stets den Rat eines Verteidigers einholt (OLG Hamburg StV 2006, 175). Liegt ein Fall des § 140 vor, muss der Angeklagte jedoch die Möglichkeit haben, sich den Rat eines Verteidigers einzuholen. Wird ihm diese Möglichkeit vorenthalten, kann der von ihm erklärten Rechtsmittelbeschränkung keine Wirksamkeit beigemessen werden (OLG Hamm NJW 1973, 381; OLG Köln StV 1998, 645).
☆ Der Wahlverteidiger kann das Rechtsmittel teilweise zurücknehmen, wenn er entsprechend ermächtigt ist (§ 302 Abs. 2; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Verteidiger , Teil A Rdn 1673 ). Der Pflichtverteidiger , der nicht über die übliche Formularvollmacht verfügt, bedarf ebenfalls einer gesonderten Ermächtigung nach § 302 Abs. 2 (OLG Hamm, Beschl. v. 12.2.2008 – 3 Ss 514/07; OLG Koblenz NStZ-RR 2001, 247); dies gilt auch in den Fällen der Statusänderung (vom Wahlverteidiger zum Pflichtverteidiger), da die Wahlverteidigervollmacht infolge der Bestellung zum Pflichtverteidiger erlischt (BGH, Beschl. v. 8.11.1990 – 4 StR 457/90, NStZ 1991, 94; s. das Muster bei → Berufung, Beschränkung, Allgemeines , Teil A Rdn 238 ).Wahlverteidiger kann das Rechtsmittel teilweise zurücknehmen, wenn er entsprechend ermächtigt ist (§ 302 Abs. 2; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Rücknahme, Verteidiger, Teil A Rdn 1673). Der Pflichtverteidiger, der nicht über die übliche Formularvollmacht verfügt, bedarf ebenfalls einer gesonderten Ermächtigung nach § 302 Abs. 2 (OLG Hamm, Beschl. v. 12.2.2008 – 3 Ss 514/07; OLG Koblenz NStZ-RR 2001, 247); dies gilt auch in den Fällen der Statusänderung (vom Wahlverteidiger zum Pflichtverteidiger), da die Wahlverteidigervollmacht infolge der Bestellung zum Pflichtverteidiger erlischt (BGH, Beschl. v. 8.11.1990 – 4 StR 457/90, NStZ 1991, 94; s. das Muster bei → Berufung, Beschränkung, Allgemeines, Teil A Rdn 238).
Rdn 283
Wird die Berufung durch den Pflichtverteidiger in der HV im Beisein des Angeklagten teilweise zurückgenommen und widerspricht dieser der Teilrücknahme nicht, ist i.d.R. von einer konkludenten Ermächtigung des Pflichtverteidigers auszugehen (OLG Koblenz NStZ-RR 2001, 247; OLG Hamm StRR 2010, 42).
Rdn 284
Die Ermächtigung nach § 302 Abs. 2 ist nicht an eine bestimmte Form geknüpft, kann also auch mündlich oder fernmündlich erteilt werden. Sie muss sich auf ein bestimmtes Rechtsmittel beziehen (also etwa Berufung oder Revision), so dass eine im Rahmen der Vollmachtserteilung allgemeine Ermächtigung zur Rücknahme von "Rechtsmitteln" als ausdrückliche Ermächtigung gem. § 302 Abs. 2 nicht ausreicht (BGH, Beschl. v. 5.6.2013 – 1 StR 168/13, NStZ 2014, 54; BayObLG, Beschl. v. 21.12.2023 – 202 ObOWi 1264/23). Ist aber die Vollmacht gerade für die Durchführung des konkreten Rechtsbehelfs erteilt worden, dann ist es auch unschädlich, wenn die Vollmacht noch vor Erlass der angefochtenen Entscheidung erteilt wird (BayObLG, a.a.O.). Dass die Ermächtigung erteilt wurde, muss nachgewiesen werden (KK/Paul, § 302 Rn 22 m.w.N.).
Rdn 285
3. Tritt der Anfechtungsumfang nicht deutlich zutage, ist die Erklärung auszulegen, wobei das Berufungsgericht im Wege einer Gesamtbetrachtung stets das Ziel des Rechtsmittels im Blick zu behalten hat (BGHSt 29, 359; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Auslegung/Umdeutung, Teil A Rdn 1311). Dazu gelten etwa folgende
Rdn 286
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Eine vom Angeklagten nach Teilfreispruch eingelegte Berufung kann schon mangels Beschwer im Übrigen nur dahin verstanden werden, dass lediglich der verurteilende Teil der amtsgerichtlichen Entscheidung angefochten werden soll (BayObLGSt 1980, 115; KG, Besch... |