Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Ebenso wie im Strafverfahren bei der Berufung bzw. der Revision ist auch im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf abtrennbare Teile möglich. |
2. |
Der in der Praxis häufigste Fall ist auch hier die Beschränkung der Rechtsbeschwerde – unter Hinnahme des Schuldspruchs – auf den Rechtsfolgenausspruch. |
3. |
Die Beschränkung kann entweder ausdrücklich erklärt sein oder sich durch Auslegung aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergeben. |
Rdn 1080
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1045, und bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2009, sowie bei → Berufung, Beschränkung, Allgemeines, Teil A Rdn 227.
Rdn 1081
1. Ebenso wie im Strafverfahren bei der Berufung bzw. der Revision ist auch im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf abtrennbare Teile möglich (auch → Berufung, Beschränkung, Allgemeines, Teil A Rdn 227, und → Revision, Beschränkung, Teil A Rdn 2088). Das ergibt sich aus § 344 Abs. 1 i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG, der bestimmt, dass der Beschwerdeführer anzugeben hat, "inwieweit" er das Urteil anfechte. Voraussetzung ist allerdings, dass der Teil, auf den sich die Rechtsbeschwerde nach der Beschränkung noch beziehen soll, einer selbstständigen Prüfung und rechtlichen Beurteilung zugänglich ist. Das ist z.B. der Fall bei der Zumessung der Geldbuße (OLG Düsseldorf VRS 95, 42; OLG Koblenz VRS 60, 54). Wurde der Betroffene wegen mehrerer rechtlich selbstständiger Taten verurteilt, sind die einzelnen Taten ebenfalls grds. selbstständig anfechtbar. Ist eine selbstständige Prüfung des verbleibenden Teils jedoch nicht möglich, ist die Beschränkung unwirksam (u.a. OLG Hamm, Beschl. v. 10.5.2007 – 4 Ss OWi 255/07; OLG Koblenz SVR 2010, 341). Dies hat das OLG von sich aus zu prüfen (BGHSt 19, 46, 48; 29, 359, 364). Bei einer wirksamen Beschränkung der Rechtsbeschwerde erwächst der nicht angefochtene Teil in Teilrechtskraft.
☆ Soll eine zunächst (auf die Rechtsfolgen) beschränkte Rechtsbeschwerde , dann doch in vollem Umfang durchgeführt werden, muss das grds. innerhalb der einwöchigen Rechtsbeschwerdefrist geschehen. Wird die Rechtsbeschwerde nicht innerhalb der Wochenfrist erweitert, ist → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Antrag , Teil B Rdn 1538 , gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdeeinlegungsfrist möglich, weil die ursprüngliche Teilanfechtung keinen Teilverzicht mit der Folge der Teilrechtskraft, sondern ohne entsprechende Erklärung nur eine Konkretisierung des Anfechtungsumfangs darstellt (KG StRR 2011, 384 m. Anm. Deutscher ).beschränkte Rechtsbeschwerde, dann doch in vollem Umfang durchgeführt werden, muss das grds. innerhalb der einwöchigen Rechtsbeschwerdefrist geschehen. Wird die Rechtsbeschwerde nicht innerhalb der Wochenfrist erweitert, ist → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Antrag, Teil B Rdn 1538, gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdeeinlegungsfrist möglich, weil die ursprüngliche Teilanfechtung keinen Teilverzicht mit der Folge der Teilrechtskraft, sondern ohne entsprechende Erklärung nur eine Konkretisierung des Anfechtungsumfangs darstellt (KG StRR 2011, 384 m. Anm. Deutscher).
Rdn 1082
2. Der in der Praxis häufigste Fall ist die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch, bei gleichzeitiger Hinnahme des Schuldspruchs. Diese Beschränkung ist i.d.R. wirksam, denn ebenso wie in Strafsachen ist der Rechtsfolgenausspruch in Bußgeldsachen unabhängig von den Feststellungen zum Schuldspruch einer isolierten Nachprüfung zugänglich (OLG Düsseldorf NJW 1993, 2063, 2064; OLG Koblenz VRS 60, 54; OLG Köln NZV 1994, 157, 158; a. OLG Rostock, Beschl. v. 22.12.2015 – 21 Ss OWi 198/15 [B]).
☆ In Betracht kommt die Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch aber nur dann, wenn das AG zur Schuldfrage hinreichende Feststellungen getroffen hat (OLG Düsseldorf VRS 86, 354; 85, 472; OLG Köln VRS 96, 289). Lückenhafte Feststellungen zum objektiven oder subjektiven Tatbestand stehen einer nur teilweisen Anfechtung der Entscheidung entgegen, sodass eine Beschränkung in diesem Fall unwirksam ist (st. Rspr., z.B. BayObLG StV 1983, 418; KG NJW 1976, 813; OLG Düsseldorf VRS 72, 117 und 64, 36; NJW 1993, 2063; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.10.2015 – 2 (7) SsBs 467/15 [für Verfallsentscheidung]; OLG Koblenz VRS 70, 144; OLG Stuttgart NJW 1978, 711; → Berufung, Beschränkung, Allgemeines , Teil A Rdn 227 ). Die Beschränkung ist auch dann unwirksam, wenn sich dem Urteil des Tatrichters nicht entnehmen lässt, ob der Betroffene wegen einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit verurteilt worden ist (OLG Zweibrücken VA 2008, 137 [Ls.] für Geschwindigkeitsüberschreitung). Hat das Rechtsbeschwerdegericht ein (erstes) amtsgerichtliches Urteil unter teilweiser Aufrechterhaltung der Feststellungen aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, kann die erst anschließend – also nach Zurückverweisung – erklärte Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch eben...