Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Rdn 1176
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1045.
Rdn 1177
1. Unter den Oberbegriff der Zulässigkeit des Rechtsmittels fällt der Begriff der Statthaftigkeit (s. ausführlich KK/Hadamitzky, § 79 Rn 49 f.). Dieser beschreibt, ob ein bestimmtes Rechtsmittel für den konkreten Fall überhaupt kraft gesetzlicher Vorschrift vorgesehen, mithin statthaft ist.
Rdn 1178
Die Rechtsbeschwerde ist als einheitliches und ausschließliches Rechtsmittel im OWi-Verfahren gem. § 79 Abs. 1 und Abs. 2 OWiG statthaft gegen Urteile des AG und amtsrichterliche Beschlüsse nach § 72 OWiG, sofern zusätzlich die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des 79 Abs. 1 und Abs. 2 OWiG erfüllt sind (→ Rechtsbeschwerde, Zulässigkeitsvoraussetzungen, Teil A Rdn 1213). Wenn die Rechtsbeschwerde statthaft ist, sind die Berufung oder Revision daneben ausgeschlossen.
☆ Wird im OWi-Verfahren ein amtsrichterliches Urteil fälschlicherweise Weise als Beschluss oder umgekehrt im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG die Entscheidung des Amtsrichters fälschlicherweise als Urteil bezeichnet, ändert dies an der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nichts (KG VRS 100, 134; Göhler/ Bauer , § 79 Rn 1; KK/ Hadamitzky , § 79 Rn 50).Urteil fälschlicherweise Weise als "Beschluss" oder umgekehrt im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG die Entscheidung des Amtsrichters fälschlicherweise als "Urteil" bezeichnet, ändert dies an der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nichts (KG VRS 100, 134; Göhler/Bauer, § 79 Rn 1; KK/Hadamitzky, § 79 Rn 50).
Im Bußgeldverfahren entfaltet auch ein Urteil ohne Gründe Rechtswirksamkeit und kann deshalb mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Absehen von Urteilsgründen nach § 77b Abs. 1 OWiG nicht vorliegen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 21.9.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 385/22).
Rdn 1179
2. In Fällen, in denen die Rechtsbeschwerde nicht statthaft ist, wird sie durch Beschluss des Rechtsbeschwerdegerichts – nicht des AGs – als unzulässig verworfen. Die Überprüfung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels obliegt ausschließlich dem Rechtsbeschwerdegericht (OLG Düsseldorf DAR 2000, 367; NZV 1990, 444; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.6.1986 – 2 Ss 230/85) und darf nicht mit der vom AG nach § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 346 durchzuführenden Zulässigkeitsprüfung hinsichtlich der Äußerlichkeiten der Fristwahrung und der Einhaltung der Formvorschrift des § 345 Abs. 2 verwechselt werden (zu Letzterem ausführlich → Rechtsbeschwerde, Entscheidung, Teil A Rdn 1097).
☆ Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft, wenn das Bußgeldverfahren gem. § 81 OWiG in ein Strafverfahren übergeleitet wurde. In diesem Fall sind ausschließlich die Vorschriften über die Berufung und Revision anzuwenden. Das gilt auch dann, wenn der Betroffene nach der Überleitung in das Strafverfahren letztlich doch nur wegen einer Ordnungswidrigkeit schuldig gesprochen und zu einer Geldbuße verurteilt worden ist (OLG Bamberg DAR 2013, 584). Hat der Beschwerdeführer fälschlicherweise eine Rechtsbeschwerde eingelegt, wird diese als Berufung behandelt .Strafverfahren übergeleitet wurde. In diesem Fall sind ausschließlich die Vorschriften über die Berufung und Revision anzuwenden. Das gilt auch dann, wenn der Betroffene nach der Überleitung in das Strafverfahren letztlich doch nur wegen einer Ordnungswidrigkeit schuldig gesprochen und zu einer Geldbuße verurteilt worden ist (OLG Bamberg DAR 2013, 584). Hat der Beschwerdeführer fälschlicherweise eine Rechtsbeschwerde eingelegt, wird diese als Berufung behandelt.
Siehe auch: → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1045.