Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Verfahrensbeteiligten haben ggf. einen Belehrungsanspruch. |
2. |
Eine Belehrung ist entbehrlich, wenn keine Anfechtungsmöglichkeit gegeben ist. |
3. |
Auf die Belehrung kann insgesamt verzichtet werden. |
4. |
Der Verteidiger kann die Belehrung übernehmen. |
Rdn 1345
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Belehrung, Allgemeines, Teil A Rdn 1337.
Rdn 1346
1.a) Mit dem Belehrungserfordernis (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Belehrung, Allgemeines, Teil A Rdn 1339 ff.) korrespondiert der Belehrungsanspruch.
☆ Die Belehrungspflicht besteht auch dann , wenn der Verfahrensbetroffene selbst rechtskundig oder verteidigt ist ( Burhoff , HV, Rn 2681 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt , § 35a Rn 4).auch dann, wenn der Verfahrensbetroffene selbst rechtskundig oder verteidigt ist (Burhoff, HV, Rn 2681 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 35a Rn 4).
Auch bei Zustellung an einen Verteidiger ist eine etwa erforderliche Rechtsmittelbelehrung (§ 35a) beizufügen (OLG Hamm v. 7.2.2013 – III-1 Ws 30/13).
Rdn 1347
b) Durch das Gericht zu belehren sind jeweils
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der Beschuldigte, Angeschuldigte, Angeklagte, Verurteilte, |
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sein gesetzlicher Vertreter (§§ 149 Abs. 2, 298), |
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Neben- (§ 401 Abs. 1 S. 1) und Privatkläger (§ 390 Abs. 1 S. 1), |
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Einziehungsbeteiligte (§§ 424 Abs. 4 S. 1, 427 Abs. 1, 431 Abs. 1) |
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Nebenbetroffene (§§ 438 Abs. 3, 431 Abs. 1), |
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Juristische Personen (§ 444), |
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Erziehungsberechtigte in Verfahren nach dem JGG nur dann über die ihnen nach § 67 Abs. 2 JGG zustehenden (Anfechtungs-)Rechte, wenn sie in der HV anwesend sind (KK/Schneider-Glockzin, § 35a Rn 7 m.w.N.). |
☆ Lediglich die StA braucht nicht belehrt zu werden.StA braucht nicht belehrt zu werden.
Rdn 1348
2. Eine Belehrung ist entbehrlich, wenn der Verfahrensbetroffene keine Möglichkeit hat, die gerichtliche Entscheidung anzufechten, weil
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kein statthafter(s) Rechtsbehelf/Rechtsmittel existiert (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Statthaftigkeit, Teil A Rdn 1719 ff.), |
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der Verfahrensbetroffene durch die Entscheidung nicht beschwert ist → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Beschwer, Teil A Rdn 1382 ff.) oder |
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wenn er auf die Belehrung wirksam verzichtet hat. |
Rdn 1349
3. In den meisten Fällen steht es Verfahrensbetroffenen frei, sich über die Anfechtungsmöglichkeiten und -modalitäten der gerichtlichen Entscheidung belehren zu lassen. Er kann deshalb auch auf eine Belehrung verzichten (h.M., u.a. BGH NStZ 1984, 329; Burhoff, HV, Rn 2681 ff. m.w.N.).
☆ Unverzichtbar (§ 35a S. 3) ist die gerichtliche Rechtsmittelbelehrung, wenn dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen ist, da in diesem Fall die – qualifizierte – Belehrung (Teil A Rdn 1340 ) durch das Gericht nicht nur erfolgen, sondern auch als Verfahrensförmlichkeit auch protokolliert werden muss (u.a. BGH StraFo 2009, 335). ist die gerichtliche Rechtsmittelbelehrung, wenn dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen ist, da in diesem Fall die – qualifizierte – Belehrung (Teil A Rdn 1340) durch das Gericht nicht nur erfolgen, sondern auch als Verfahrensförmlichkeit auch protokolliert werden muss (u.a. BGH StraFo 2009, 335).
Rdn 1350
4. Die Delegation der Belehrung auf den Verteidiger ist möglich, sofern dieser bereit ist, für das Gericht die Rechtsmittelbelehrung zu übernehmen. Der Verteidiger kann dem Richter die Aufgabe der Rechtsmittelbelehrung abnehmen; ob er das tun soll, ist eine andere Frage, da er sich damit unnötig eine besondere Verpflichtung auflastet. Vielmehr sollte er darauf antragen, dass dem Mandanten ein Merkblatt ausgehändigt wird und sich darauf beschränken, dessen Inhalt dem Mandanten zu erläutern.
☆ Übernimmt der Verteidiger die Belehrung, sollte er seinen Mandanten im Zusammenhang mit dem Terminsbericht schriftlich belehren . Er muss sich in diesem Fall bewusst sein, dass infolge der Übernahme der Belehrungsverpflichtung durch ihn eine Berufung seines Mandanten auf die Fehlerhaftigkeit der Belehrung und damit die Inanspruchnahme des § 44 S. 2 ausscheidet ( Burhoff , HV, Rn 2681 ff. m.w.N.).schriftlich belehren. Er muss sich in diesem Fall bewusst sein, dass infolge der Übernahme der Belehrungsverpflichtung durch ihn eine Berufung seines Mandanten auf die Fehlerhaftigkeit der Belehrung und damit die Inanspruchnahme des § 44 S. 2 ausscheidet (Burhoff, HV, Rn 2681 ff. m.w.N.).
Siehe auch: → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1292, m.w.N.; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Belehrung, Allgemeines, Teil A Rdn 1336, m.w.N.; → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Voraussetzungen, Teil B Rdn 1555 ff.