Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Rdn 47
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Berufung, Annahmeberufung, Allgemeines, Teil A Rdn 21.
Rdn 48
1. Verfahrensrechtlich gilt § 313 für alle im Erkenntnisverfahren ergangenen Urteile des Strafrichters und des Schöffengerichts, so auch für Urteile die das beschleunigte Verfahren abschließen (OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 1997, 273), auf einen Einspruch gegen einen Strafbefehl ergehen oder ein Privatklageverfahren beenden.
Rdn 49
2.a) Sanktionsrechtlich ist § 313 dem Wortlaut nach bei Verurteilungen anzuwenden. Das gilt in folgenden
Rdn 50
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die verhängte Geldstrafe nicht mehr als 15 Tagessätze beträgt, |
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eine Verwarnung erfolgt ist und die Verurteilung zur Geldstrafe von nicht mehr als fünfzehn Tagessätzen vorbehalten wurde (OLG Hamm NStZ-RR 2006, 346) oder |
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der Angeklagte zu einer Geldbuße verurteilt wurde. Bei Bildung einer Gesamtgeldstrafe ist deren Höhe maßgeblich. Nicht gesamtstrafenfähige (Gesamt-)Geldstrafen werden addiert. Kein Fall des § 313 liegt bei einer Verurteilung vor, wenn neben der Geldstrafe (Geldbuße) eine weitere Maßnahme angeordnet oder verhängt wurde (OLG Hamburg JR 1999, 479 m. Anm. Gössel = StV 2001, 333; Burhoff, HV, Rn 553 m.w.Beispielen). Dies gilt auch, wenn die StA wegen fahrlässiger Trunkenheit im Strafbefehlsantrag eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen, für den Fall des Einspruchs gegen den Strafbefehl zusätzlich die Entziehung der Fahrerlaubnis beantragt (vgl. LG Stuttgart DAR 2011, 419). |
☆ Kein Fall der Annahmeberufung liegt vor, wenn etwa ein Strafbefehl über 10 Tagessätze ergangen ist, dagegen Einspruch eingelegt wurde, der Angeklagte nicht zur HV erschienen war und das Gericht den Einspruch gem. § 412 S. 1 verworfen hat ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 412 Rn 10).Strafbefehl über 10 Tagessätze ergangen ist, dagegen Einspruch eingelegt wurde, der Angeklagte nicht zur HV erschienen war und das Gericht den Einspruch gem. § 412 S. 1 verworfen hat (Meyer-Goßner/Schmitt, § 412 Rn 10).
Rdn 51
b) In Fällen des Freispruchs oder der Einstellung des Verfahrens ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nur dann eröffnet, wenn die StA eine Geldstrafe von nicht mehr als dreißig Tagessätzen beantragt hatte, was sich aus dem in der HV gestellten Strafantrag oder einem Strafbefehlsantrag ergibt (OLG Hamm NStZ 1996, 455; OLG Koblenz NStZ-RR 2000, 306; OLG Schleswig SchlHA 2000, 256).
Rdn 52
c) Kein Fall der Annahmeberufung liegt vor, wenn die StA selbst Freispruch beantragt hatte (str.; a.A. Meyer-Goßner/Schmitt, § 313 Rn 4a m.w.N.). Auch in einer derartigen Konstellation kann die StA das amtsgerichtliche Urteil mit der Berufung anfechten (KG NStZ-RR 2004, 175; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 16). Im Hinblick auf § 313 ist festzuhalten, dass es an einem vorgängigen Strafantrag der StA fehlt, ausgenommen der Sonderfall, dass die StA die Verhängung einer Geldstrafe beantragt, ihren Antrag aber auf einen gerichtlichen Hinweis sodann korrigiert (Meyer-Goßner/Schmitt, § 313 Rn 4a). Dies gilt auch dann, wenn dem Antrag auf Freispruch ein Strafbefehl mit entsprechendem Strafantrag vorausgegangen war. Dem Regelungszweck der Vorschrift entsprechend sollen nämlich nur Verfahren über Bagatellstraftaten mit einer zu erwartenden begrenzten Sanktion erfasst werden. Hierzu sagt ein auf Freispruch lautender Antrag des Sitzungsvertreters der StA nur aus, dass seiner Auffassung nach überhaupt keine Straftat vorliegt bzw. nachweisbar ist (OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.4.2013 – 1 Ws 56/13; OLG Celle NStZ-RR 1996, 43; OLG Jena StraFo 2000, 92; OLG Karlsruhe StV 1997, 69; OLG Koblenz NStZ 1994, 601; OLG Köln NStZ 1996, 150 m. Anm. Schneider; OLG Oldenburg NdsRpfl 1995, 135). Andernfalls müsste nämlich der Anwendung des § 313 Abs. 1 S. 2 eine fiktive Tat und eine fiktive Rechtsfolge zugrunde gelegt werden (OLG Stuttgart NStZ-RR 2001, 84).
Rdn 53
d) Die Berufung des Nebenklägers ist, sofern die StA Freispruch beantragt hatte, ebenso wenig ein Fall der Annahmeberufung, wenn sich der Nebenkläger dem Antrag des Sitzungsvertreters nicht angeschlossen hatte (OLG Brandenburg OLG-NL 2005, 45). Andernfalls würde es bereits an einer Beschwer (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Beschwer, Teil A Rdn 1383) fehlen. Hatte der Nebenkläger dagegen eine Verurteilung in den Grenzen des § 313 Abs. 1 S. 2 gefordert, muss auch seine Berufung angenommen werden.
Rdn 54
e) In der Vorschrift nicht angesprochen sind die Fälle des Absehens von Strafe. Da sich die Anwendung des § 60 StGB nicht auf Fälle geringen Verschuldens beschränkt, sondern auf die schweren Folgen der Tat für den Täter abstellt, die allein die Verhängung einer Strafe entbehrlich machen, indiziert sie nicht das Vorliegen eines Bagatelldelikts (OLG Oldenburg NStZ-RR 1998, 309).
☆ Anwendbar ist § 313 dagegen, wenn das Absehen von Strafe auf persönliche Strafmilderungsgründe wie in den Fällen des § 113 Abs. 4 S. 1 StGB (OLG Stuttgart Justiz 2006, 256), des § 158 Abs. 1 StGB (LG Bad Kreuznach NStZ-RR 2002, 217) oder des § 29 Abs. 5 BtMG (LG Hamburg StraFo 2007, 421) z...