Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Beteiligungsrechte der Eltern an Verfahren gegen ihre Kinder sind in § 67 JGG geregelt.
2. Der Richter kann gem. § 67 Abs. 4 JGG dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Verfahrensrechte entziehen.
3. Rechtsbehelf gegen den Entzug ist eine (einfache) Beschwerde.
 

Rdn 745

 

Literaturhinweise:

Kremer, Der Einfluss des Elternrechts aus Art. 6 Abs. II, III GG auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen des JGG, 1984

Richmann, Die Beteiligung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters am Jugendstrafverfahren, 2002

Schwer, Die Stellung der Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreter im Jugendstrafverfahren, 2004

s.a. die Hinw. bei → JGG-Besonderheiten, Allgemeines, Teil A Rdn 620.

 

Rdn 746

1. In Verfahren gegen Jugendliche haben Eltern und sonstige Erziehungsberechtigte bzw. gesetzliche Vertreter im selben Umfang wie der junge Beschuldigte selbst Anwesenheits-, Anhörungs-, Frage- und Antragsrechte (§ 67 Abs. 1 JGG; sog. "Elternrechte"; Einzelheiten bei Kremer, S. 25 ff.; Richmann, S. 65 ff.; Schwer, S. 66 ff.). Eine Vertretung von Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern bei der Wahrnehmung der gesetzlichen Rechte aus § 67 JGG in der HV ist jedoch unzulässig, weil § 67 JGG gerade auf deren persönliche Mitwirkung abzielt (KG StraFo 2015, 122).

 

☆ Die Vorschrift gilt nur für Jugendliche , nicht für Heranwachsende, und zwar auch nicht, wenn materiell Jugendstrafrecht auf sie angewandt wird, da diese bereits volljährig sind. Maßgeblich ist der jeweilige Zeitpunkt der Ermittlungshandlung bzw. der HV.nur für Jugendliche, nicht für Heranwachsende, und zwar auch nicht, wenn materiell Jugendstrafrecht auf sie angewandt wird, da diese bereits volljährig sind. Maßgeblich ist der jeweilige Zeitpunkt der Ermittlungshandlung bzw. der HV.

 

Rdn 747

2.a) Der Richter kann gem. § 67 Abs. 4 JGG dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Verfahrensrechte entziehen. In diesem Fall ist dem Jugendlichen gem. § 68 Nr. 2 JGG ein Pflichtverteidiger zu bestellen (s. dazu auch Burhoff, HV, Rn 1765).

 

Rdn 748

b) Voraussetzung für den Entzug der Elternrechte ist, dass diese verdächtig sind, an der Verfehlung des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder soweit sie wegen einer Beteiligung verurteilt sind. Nach h.M. soll "Beteiligung" i.S.d. Vorschrift nicht nur Täterschaft und Teilnahme bedeuten (vgl. § 28 Abs. 2 StGB), sondern darüber hinaus auch die Beteiligung nach der Tat, im Sinne eines sog. Anschlussdelikts, d.h. Begünstigung (§ 257 StGB), Strafvereitlung (§ 258 StGB) oder Hehlerei (§ 259 StGB) (Eisenberg, § 67 Rn 17; Brunner/Dölling, § 67 Rn 13; D/S/S-Schatz, § 67 Rn 44; a.A. HK-JGG/Trüg, § 67 Rn 18, Ostendorf, § 67 Rn 15 [nur Täterschaft und Teilnahme]). Liegen die Voraussetzungen der Beteiligung nur bei einem Erziehungsberechtigten oder gesetzlichem Vertreter vor, so kann beiden ihre Rechte entzogen werden, wenn ein Missbrauch zu befürchten ist (§ 67 Abs. 4 S. 2 JGG). Dies ist dann der Fall, wenn die Stellung im Verfahren für das Interesse des anderen Erziehungsberechtigten bzw. gesetzlichen Vertreters, nicht oder milder bestraft zu werden, ausgenutzt wird. Für die Beteiligung müssen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (Anfangsverdacht); eines hinreichenden oder dringenden Tatverdachts bedarf es nicht (D/S/S-Schatz, § 67 Rn 44; Brunner/Dölling, § 67 Rn 13; Eisenberg, § 67 Rn 17).

 

Rdn 749

Der Entzug der Rechte steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dieses sollte zurückhaltend ausgeübt werden (Eisenberg, § 67 Rn 19; Ostendorf, § 67 Rn 16). Die Rechte können vollständig oder – als milderes Mittel – teilweise entzogen werden.

 

Rdn 750

c) Zuständig für den Entzug der Rechts ist vor Anklageerhebung der Jugendermittlungsrichter, nach Anklageerhebung das Jugendgericht, nicht der Vorsitzende (Ostendorf, § 67 Rn 17; Brunner/Dölling, § 67 Rn 15; Eisenberg, § 67 Rn 24). Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, der zu begründen ist (§ 34).

 

Rdn 751

3. Statthafte Rechtsbehelf bei einem Entzug der Rechte ist die (einfache) Beschwerde gem. § 304 (s. allgemein → Beschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 399 ff.)

 

Rdn 752

Anfechtungsberechtigt sind der Erziehungsberechtigte bzw. gesetzliche Vertreter oder der Jugendliche selbst.

 

Rdn 753

Die Beschwerde entfaltet keine aufschiebende Wirkung (§ 307). Es muss also ein Antrag gem. § 307 Abs. 2 gestellt werden.

Siehe auch: → Beschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 399; → Beschwerde, Beschwerdeausschluss, Teil A Rdn 418; → Beschwerde, Beschwerdeeinschränkung, Akteneinsicht, Teil A Rdn 449; → Beschwerde, Entscheidung, Teil A Rdn 498; → JGG-Besonderheiten, Allgemeines, Teil A Rdn 619; → JGG-Besonderheiten, Anfechtungsberechtigung, Teil A Rdn 651; → JGG-Besonderheiten, Entscheidungsbekanntmachung, Teil A Rdn 754; → JGG-Besonderheiten, Revision, Teil A Rdn 952.

[Autor] Schimmel

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