Das Wichtigste in Kürze:

1. Für Verfahren gegen Jugendliche gelten grds. gem. § 2 Abs. 2 JGG die allgemeinen Vorschriften des GVG und der StPO auch über die gerichtlichen Zuständigkeiten.
2. Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden werden vor den Jugendgerichten verhandelt.
3. Für Berufungen ist die Jugendkammer zuständig.
4. Die Vorschriften über die Zuständigkeit der Jugendgerichte gelten gem. § 108 Abs. 1 JGG auch bei Verfehlungen Heranwachsender. Es gilt der Vorrang der Jugendgerichte.
 

Rdn 1038

 

Literaturhinweise:

Breymann, Was müssen Jugendrichter/Innen eigentlich wissen und können? ZJJ 2011, 88

Caspari, Die Besetzungsreduktion bei den großen Straf- und Jugendkammern, DRiZ 2011, 302

Deutscher, Die Zweier-Besetzung in der Hauptverhandlung als dauerhafter Regelfall – Zur Neuregelung der §§ 76 GVG, 33b JGG, StRR 2012, 10

Eisenberg, Referentenentwurf des BMJ "Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG)" 2010, HRRS 2011, 64

Schmidt, Die Besetzung der großen Jugendkammer in Verfahren über Berufungen gegen Urteile des Jugendschöffengerichts (§ 33b JGG), NStZ 1995, 215

s.a. die Hinw. bei → JGG-Besonderheiten, Allgemeines, Teil A Rdn 620.

 

Rdn 1039

1. Für Verfahren gegen Jugendliche gelten grds. gem. § 2 Abs. 2 JGG die allgemeinen Vorschriften des GVG und der StPO auch über die gerichtlichen Zuständigkeiten, allerdings mit einigen Besonderheiten.

 

Rdn 1040

2.a) Bei den Jugendgerichten handelt es sich nicht um einen besonderen Gerichtszweig, sondern lediglich um besondere Spruchkörper, die wie die allgemeinen Strafgerichte bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt sind. Die Jugendgerichte sind gemäß § 33 Abs. 2 JGG beim AG der Strafrichter als Jugendrichter (Einzelrichter) und das Schöffengericht als Jugendschöffengericht (Besetzung gemäß § 33a Abs. 1 S. 1 JGG: ein Jugendrichter und zwei Jugendschöffen), beim LG die Strafkammer als Jugendkammer.

 

☆ Die Zuständigkeit des Jugendgerichts ist immer bereits dann begründet , wenn auch nur ein Teil einer einheitlichen Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahres verwirklicht wurde (BGH StV 2003, 454).begründet, wenn auch nur ein Teil einer einheitlichen Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahres verwirklicht wurde (BGH StV 2003, 454).

 

Rdn 1041

Die Jugendkammer beschließt ihre Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen auch dann, wenn mit dem angefochtenen Urteil auf eine Jugendstrafe von mehr als vier Jahren erkannt wurde (§ 33b Abs. 4 JGG). Die Beschränkung in der Strafgewalt (§ 24 Abs. 2 GVG; nur bis 4 Jahre Freiheitsstrafe) gilt für das Jugendschöffengericht nicht. Die Begrenzung der Strafgewalt ergibt sich allein aus §§ 18 Abs. 1 S. 1, 105 JGG. Das Jugendschöffengericht kann daher bis zu 10 Jahren Jugendstrafe verhängen und die Unterbringung sowohl in einer Entziehungsanstalt als auch in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen (kritisch hierzu Eisenberg, § 40 Rn 7). Insofern ist diese Voraussetzung in der Praxis häufiger gegeben.

 

Rdn 1042

b) Bei den OLG und beim BGH gibt es keine Jugendgerichte – also keine "Jugendsenate" o.ä. Dort sind für Revisionen über Jugendsachen die allgemeinen Strafsenate zuständig.

 

☆ Für die Berufung sind Jugendgerichte zuständig, nicht jedoch für die Revisionen beim OLG oder BGH.Berufung sind Jugendgerichte zuständig, nicht jedoch für die Revisionen beim OLG oder BGH.

 

Rdn 1043

Gem. § 102 JGG werden die Zuständigkeit des BGH und des OLG durch die Vorschriften des JGG nicht berührt. In den zur Zuständigkeit von Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 des GVG) entscheidet der BGH auch über Beschwerden gegen Entscheidungen dieser OLG, durch welche die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung angeordnet oder abgelehnt wird (§ 59 Abs. 1 Abs. 1 JGG; s. auch → JGG-Besonderheiten, Bewährungsfragen, Teil A Rdn 674 ff.).

 

Rdn 1044

c) Die Richter bei den Jugendgerichten sollen gem. § 37 JGG erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein. Es handelt sich jedoch um eine reine Ordnungsvorschrift deren Verletzung mit der Revision nicht Erfolg versprechend gerügt werden kann (BGH MDR 1958, 356).

 

Rdn 1045

3. Die Jugendkammer ist gem. § 41 Abs. 2 S. 1 JGG zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Jugendrichters und des Jugendschöffengerichts. Sie entscheidet auch über Beschwerden gegen Verfügungen des Jugendrichters sowie gegen Entscheidungen des Jugendrichters und der Jugendschöffengerichte (§ 41 Abs. 2 S. 2 JGG i.V.m. § 73 Abs. 1 GVG). Für die Verhandlung und Entscheidung über die allein vom erwachsenen Mitangeklagten eingelegte Berufung gegen das Urteil eines Jugendschöffengerichts ist jedoch die ordentliche Berufungs-Strafkammer nach § 74 Abs. 2 GVG zuständig (BGHSt 13, 157).

 

Rdn 1046

Die Jugendkammer ist mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen (große Jugendkammer) in Verfahren gegen Urteile des Jugendschöffengerichts, in Verfahren über...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?