Das Wichtigste in Kürze:
1. | Die Rechtsbeschwerde ist in Bußgeldverfahren gegen Urteile und urteilsersetzende Beschlüsse nach § 72 OWiG das alleinige Rechtsmittel. |
2. | Die Rechtsbeschwerde ist der in der StPO geregelten Revision (§§ 333 – 358) nachgebildet. |
3. | Voraussetzung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist das Vorliegen einer Beschwer. |
4. | Trotz weitgehender Übereinstimmung von Revision und Rechtsbeschwerde bestehen einige für die Praxis bedeutsame Unterschiede. |
5. | Über die Regelung des § 46 Abs. 1 OWiG finden auch die allgemeinen Vorschriften der StPO zu den Rechtsmitteln, d.h. die §§ 296 – 303 im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechende Anwendung. |
6. | Einzulegen ist die Rechtsbeschwerde gem. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 innerhalb einer Frist von 1 Woche bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird. |
7. | Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 1 zu begründen. |
8. | Die Rechtsbeschwerde kann auf abtrennbare Teile, z.B. den Rechtsfolgenausspruch, beschränkt werden. |
9. | Das Rechtsbeschwerdegericht ist gem. § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) GVG i. GVG i.d.R. das OLG. |
10. | Die Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a) GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8 Buchst. a), 90 ff. BVerfGG) ist gegenüber der Rechtsbeschwerde subsidiär. |
Rdn 1054
Literaturhinweise:
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Burhoff, Rechtsbeschwerde im Ordnungswidrigkeitenverfahren, ZAP F. 21, S. 263
ders., Verteidigung im Revisionsverfahren, ZAP F. 22, S. 237
ders., Verteidigerfehler in der Tatsachen- und Revisionsinstanz, StV 1997, 432
ders. in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, § 5, Verkehrsordnungswidrigkeiten/Ordnungswidrigkeitenverfahren, Rn 441 ff.
Cramer, Die Rechtsprechung zur Rechtsbeschwerde nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, VOR 1972, 102 und 133
Demuth/Schneider, Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG, NJW 1970, 1999
Fromm, Die schier unüberwindbare Hürde der Zulassungsrechtsbeschwerde im Ordnungswidrigkeitenverfahren, zfs 2015, 485
Gieg, Die strafprozessuale Verfahrensrüge in Straßenverkehrssachen Ursachen und Folgen anwaltlicher Preisgabe von Rügeoptionen im Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren, DAR 2012, 624
Gieg/Olbermann, Die anwaltliche Rechtsbeschwerde in Straßenverkehrssachen, DAR 2009, 617
Gribbohm, Das Scheitern der Revision nach § 344 StPO, NStZ 1983, 97
Herdegen, Bemerkungen zur Beweiswürdigung, NStZ 1987, 193
Junker, Die Ausdehnung der eigenen Sachentscheidung in der strafrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 2002
Junker/Veh, Die Verteidigung im Rechtsbeschwerdeverfahren, VRR 2006, 9 (Teil 1) und 50 (Teil 2)
Küper, Zur Auslegung des § 329 I 2 StPO, NJW 1977, 1275
ders., Anm. zu BGH, Beschl. v. 10.8.1977 – 3 StR 240/77, JZ 1978, 205
Meurer, Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde gegen Beschlussentscheidungen in Bußgeldsachen, NStZ 1984, 8
Meyer-Goßner, Zu den "besonderen" Entscheidungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts, Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter, 2002, S. 515
Miebach/Sander, Die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Rechtsprechung des BGH, NStZ-RR 1999, 1 und 2000, 1
Sander, Die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Rechtsprechung des BGH, NStZ-RR 2002, 1, fortlaufend jew. in Heft 1 der NStZ-RR
Schwachheim, Abschied vom Telefax im gerichtlichen Verfahren?, NJW 1999, 621
Weidemann, Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 I OWiG bei divergierender Entscheidung, NStZ 1985, 1
vgl. a. die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2007.
Rdn 1055
1. Die Rechtsbeschwerde ist in Bußgeldverfahren gegen Urteile und urteilsersetzende Beschlüsse nach § 72 OWiG das alleinige Rechtsmittel (vgl. zusammenfassend zur Verteidigung im Rechtsbeschwerdeverfahren Gieg/Olbermann DAR 2009, 617; Junker/Veh VRR 2006, 9 ff. und 50 ff.; Burhoff ZAP F. 21, S. 263; Burhoff/Junker, OWi, Rn 3133 ff.). Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist stark eingeschränkt. Sie hängt maßgeblich von der Höhe der Geldbuße bzw. den Nebenfolgen ab (wegen der Einzelh. s. → Rechtsbeschwerde, Zulässigkeitsvoraussetzungen, Teil A Rdn 1211). Ist die OWi weniger gewichtig, kann die Rechtsbeschwerde auch in Bagatellsachen ausnahmsweise zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts zugelassen werden (§§ 79 Abs. 1 S. 2, 80; s. hierzu → Rechtsbeschwerde, Zulassung, Teil A Rdn 1249). Die Zulässigkeitsbeschränkung dient der Entlastung der Rechtsmittelgerichte in Bagatellsachen.
Rdn 1056
2. Die Rechtsbeschwerde ist der in der StPO geregelten Revision (§§ 333 bis 358) nachgebildet (vgl. → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006). Deshalb ist in § 79 Abs. 3 OWiG vorgesehen, dass die Normen der StPO und des GVG über die Revision auch im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden sind. Im Einzelnen gelten aber folgende (s.a. Rdn 1060)
Rdn 1057
Abweichungen Revision/Rechtsbeschwerde:
▪ | Die §§ 333 bis 335 werden durch die Sonderregelung der §§ 79, 80 und 83 Abs. 2 OWiG verdrängt. |
▪ | § 338 Nr. 5 gilt nur, wenn die HV g... |
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