Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Rdn 1397
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1289, m.w.N.
Rdn 1398
1. § 300 enthält den allgemeinen Rechtsgrundsatz (BGHSt 50, 180; KG, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 Ws 678/01), dass eine falsche Bezeichnung unschädlich ist ("falsa demonstratio non nocet").
Rdn 1399
Anwendbar ist die Vorschrift allerdings erst dann, wenn feststeht, dass die Erklärung ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf darstellen soll, der Erklärende also in ihr irgendwie kundtut, dass er gegen eine ergangene gerichtliche Entscheidung vorgehen will. Der Erklärende muss also Anfechtungswillen haben (KG, Beschl. v. 14.8.2007 – 1 Ws 107/07), was i.d.R. der Begriffswahl Anfechtung, Beschwerde, Einspruch, Widerspruch oder dem Wunsch nach "Überprüfung" der Entscheidung zu entnehmen sein wird.
☆ Der Grundsatz gilt zwar nicht nur für den juristischen Laien, sondern auch für Verteidiger und StA (BGHSt 50, 180; OLG Hamm NStZ 2010, 105; OLG Jena NStZ 2010, 217). Gleichwohl sollte der Verteidiger in keinem Fall sein Rechtsmittel/seinen Rechtsbehelf vorschnell konkret bezeichnen, da er sich dadurch den Weg zu einer ggf. erforderlich werdenden Umdeutung (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Auslegung/Umdeutung , Teil A Rdn 1312 ff.) verstellen kann.auch für Verteidiger und StA (BGHSt 50, 180; OLG Hamm NStZ 2010, 105; OLG Jena NStZ 2010, 217). Gleichwohl sollte der Verteidiger in keinem Fall sein Rechtsmittel/seinen Rechtsbehelf vorschnell konkret bezeichnen, da er sich dadurch den Weg zu einer ggf. erforderlich werdenden Umdeutung (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Auslegung/Umdeutung, Teil A Rdn 1312 ff.) verstellen kann.
Rdn 1400
Die Vorschrift dient der Durchsetzung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Ihr Rechtsgedanke ist über den Wortlaut der Vorschrift hinaus entsprechend anwendbar auf andere Rechtsbehelfe und Anträge (ausführlich SK-Frisch, § 300 Rn 22).
Rdn 1401
2. Sind mehrere Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung zulässig, ist das beabsichtigte Rechtsmittel durch Auslegung zu ermitteln (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Auslegung/Umdeutung, Teil A Rdn 1318 ff.). Ist das Rechtsmittel/der Rechtsbehelf nur falsch bezeichnet, kann in das/den statthaften und zielführenden Rechtsmittel/Rechtsbehelf umgedeutet werden (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Auslegung/Umdeutung, Teil A Rdn 1321 ff.).
Siehe auch: → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1289, m.w.N.