Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Ein Anspruch auf Erbringung von Dolmetschleistungen besteht für jeden, der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist. |
2. |
Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der Beschuldigte mit seinem Verteidiger und dieser mit seinem Mandanten in einer verständlichen Sprache kommunizieren können muss. |
3. |
In das Verfahrensstadium "Ermittlungsverfahren" fallen vor allem die Vernehmungen des Beschuldigten und ggf. seine Inhaftierung. Für die HV besteht nach §§ 184 f. GVG die Pflicht zur Zuziehung eines Dolmetschers. |
4. |
Der Angeklagte ist über die Möglichkeit, gegen die ihn belastende Entscheidung Rechtsmittel einlegen zu können, zu belehren. |
Rdn 1696
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Sprachunkundigkeit, Allgemeines, Teil A Rdn 1680.
Rdn 1697
1. Ein Anspruch auf Erbringung von Dolmetschleistungen besteht für jeden, der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist (vgl. dazu a. EuGH NJW 2016, 303). Nach derzeit geltender Rechtslage (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Sprachunkundigkeit, Übersetzungsleistungen, Teil A Rdn 1708; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Sprachunkundigkeit, Allgemeines, Teil A Rdn 1679 ff.) lässt sich der Umfang dieses Anspruchs im Einzelnen wie folgt darstellen:
Rdn 1698
2.a) Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der Beschuldigte mit seinem Verteidiger und dieser mit seinem Mandanten in einer verständlichen Sprache kommunizieren können muss (Burhoff, EV, Rn 4498 ff.).
Rdn 1699
I.d.R. geht es dabei um die Erbringung mündlicher Dolmetschleistungen (zur Übersetzung von weiteren schriftlichen Unterlagen s. (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Sprachunkundigkeit, Übersetzungsleistungen, Teil A Rdn 1708). Hierzu schaltet der Verteidiger einen Dolmetscher ein, beauftragt ihn also. Diese Möglichkeit besteht für das gesamte Verfahren, also bereits für das Anbahnungsgespräch (dazu Schmitz NJW 2009, 40) bis hin zum Abschlussgespräch (OLG München StraFo 2008, 88).
☆ Der Staat kann zwar die Erforderlichkeit der für die Mandantengespräche geltend gemachten Dolmetscherkosten überprüfen, ein Ermessen oder ein Beurteilungsspielraum kommen dem Gericht nicht zu, und zwar weder vor noch nach der Inanspruchnahme eines Dolmetschers. Das von den Fachgerichten z.T. aufgestellte Erfordernis eines förmlichen Antragsverfahrens vor Inanspruchnahme eines Dolmetschers durch den Wahlverteidiger ist mit den Grundsätzen fairen Verfahrens und dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG nicht vereinbar (BVerfG NJW 2004, 50; vgl. dazu a. OLG Celle NStZ 2011, 718).Beurteilungsspielraum kommen dem Gericht nicht zu, und zwar weder vor noch nach der Inanspruchnahme eines Dolmetschers. Das von den Fachgerichten z.T. aufgestellte Erfordernis eines förmlichen Antragsverfahrens vor Inanspruchnahme eines Dolmetschers durch den Wahlverteidiger ist mit den Grundsätzen fairen Verfahrens und dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG nicht vereinbar (BVerfG NJW 2004, 50; vgl. dazu a. OLG Celle NStZ 2011, 718).
Auf das vom BVerfG im Ergebnis für verfassungswidrig befundene Antragsverfahren kann auch der Pflichtverteidiger verzichten (OLG Düsseldorf NStZ 2011, 719). Wer gleichwohl – zur "Sicherheit" – einen entsprechenden Antrag an das Gericht stellen will, findet ein Antragsmuster bei Burhoff, EV Rn 4514.
Rdn 1700
b) Der Beschuldigte hat Anspruch auf unentgeltliche Dolmetschleistung. Der Verteidiger haftet als Auftraggeber zunächst für diese, kann sie sich aber als notwendige Auslagen (§ 464a Abs. 2 Nr. 2) erstatten lassen, es sei denn, die Erstattung wäre unter den Voraussetzungen des § 464c ausgeschlossen, was das Gericht aber in der im Urteil ergehenden Grundentscheidung ausdrücklich feststellen muss (eingehend zu den Dolmetscherkosten Burhoff/Volpert, RVG, Teil A: Dolmetscherkosten, Erstattung, Rn 637 ff.).
☆ Der Verteidiger braucht jedoch nicht bis zum Abschluss des Verfahrens zuzuwarten, sondern kann bereits während des Verfahrens den Dolmetscher ermächtigen , seine Kosten direkt mit der Staatskasse abzurechnen (OLG Düsseldorf NStZ 2011, 719). Eine solche Ermächtigung wird man auch darin sehen können, dass der Verteidiger die Kostenrechnung des Dolmetschers an StA oder Gericht zur Erstattung einreicht. Dolmetscher ermächtigen, seine Kosten direkt mit der Staatskasse abzurechnen (OLG Düsseldorf NStZ 2011, 719). Eine solche Ermächtigung wird man auch darin sehen können, dass der Verteidiger die Kostenrechnung des Dolmetschers an StA oder Gericht zur Erstattung einreicht.
Rdn 1701
3.a) In das Verfahrensstadium "Ermittlungsverfahren" fallen vor allem die Vernehmungen des Beschuldigten und ggf. seine Inhaftierung (vgl. auch Burhoff, EV, Rn 4502 ff.). Zu erbringen sind i.d.R. mündliche Dolmetschleistungen (Vernehmung, Eröffnung des Haftbefehls), aber auch die Übersetzung von Aktenbestandteilen, wie z.B. die Anklageschrift (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn 3660).
Rdn 1702
b)aa) Für die HV besteht nach §§ 184 f. GVG die Pflicht zur Zuziehung eines Dolmetschers (wegen Einzelh. s....