Das Wichtigste in Kürze:

1. Der sprachunkundige Beschuldigte hat Anspruch darauf, dass ihm sämtliche schriftlichen Unterlagen, die zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich sind, übersetzt werden.
2. Im Ermittlungsverfahren sind auf jeden Fall ein Haftbefehl und die Anklageschrift zu übersetzen.
3. Der Angeklagte hat auch Anspruch auf die Übersetzung des nicht rechtskräftigen – schriftlichen – Urteils (§ 187 Abs. 2 S. 1 GVG). Allerdings ist hier ein abgestuftes System vorgesehen.
 

Rdn 1709

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Sprachunkundigkeit, Allgemeines, Teil A Rdn 1680.

 

Rdn 1710

1. Der sprachunkundige Beschuldigte hat Anspruch darauf, dass ihm sämtliche schriftlichen Unterlagen, die zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich sind, übersetzt werden (§ 187 Abs. 2 S. 1 GVG; vgl. a. Burhoff, EV, Rn 3660 ff.). Im Rahmen von Strafverfahren müssen Dolmetschleistungen gem. Art. 2 Abs. 1 RL unverzüglich zur Verfügung gestellt werden, und zwar während der Strafverfahren bei Ermittlungs- und Justizbehörden, einschließlich während polizeilicher Vernehmungen, sämtlicher Gerichtsverhandlungen sowie aller erforderlicher Zwischenverhandlungen (zur Zuziehung eines Dolmetschers Burhoff, EV, Rn 4498 ff.).

 

☆ Nach der (Verwaltungs-)Vorschrift der Nr. 181 Abs. 2 RiStBV , die Gerichte nicht bindet, sind i.Ü. Ladungen, Haftbefehle, Strafbefehle, Anklageschriften und sonstige gerichtliche Sachentscheidungen dem Ausländer (sic!), der die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, mit einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache bekannt zu geben . Das gilt sinngemäß auch für Einwanderer deutscher Abstammung gilt, wenn sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind.Nr. 181 Abs. 2 RiStBV, die Gerichte nicht bindet, sind i.Ü. "Ladungen, Haftbefehle, Strafbefehle, Anklageschriften und sonstige gerichtliche Sachentscheidungen dem Ausländer (sic!), der die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, mit einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache bekannt zu geben". Das gilt sinngemäß auch für Einwanderer deutscher Abstammung gilt, wenn sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind.

 

Rdn 1711

Wird festgestellt, dass der Beschuldigte der deutschen Sprache nicht (hinreichend) mächtig ist, muss er auch darüber belehrt werden, dass er

Anspruch auf Dolmetschleistungen hat und
diese – auch im Fall seiner Verurteilung – für ihn keine Kosten verursachen (§ 187 Abs. 1 S. 2 GVG).

Nur auf diese Weise kann vermieden werden, dass der Beschuldigte aus Angst vor solchen Kosten auf sein Recht, sich umfänglich zu verteidigen, verzichtet (SK-StPO/Paeffgen, Art. 6 EMRK Rn 169).

 

Rdn 1712

2. Im Ermittlungsverfahren betreffen diese Vorgaben (s. Rdn 1710 f.; vgl. a. Burhoff, EV, Rn 3660 ff., 4498 ff.)

jedenfalls einen erlassenen Haftbefehl (§ 114a Abs. 1) sowie die dazu erforderliche Belehrung (§ 114b Abs. 2 S. 2). Als Hilfestellung bietet hierzu das BMJ eine Belehrung in vielen – teilweise auch exotischen – Sprachen an, die fortgeschrieben wird (http://www.bmj.de/cln_155/DE/Service/StatistikenFachinfaormationenPublikationen/Fachinformationen/Belehrungsformulare/_node.html),
die Anklageschrift; die wird zwar von der StA verfasst, da sie nach Eingang bei Gericht von diesem zugestellt werden muss, wobei der Angeschuldigte zur Erklärung aufgefordert wird, ob er Beweiserhebungen beantragen will (§ 201 S. 1), ist die Übersetzung vom Gericht zu veranlassen (BGH NStZ 2014, 725); Bei der Zustellung der Anklage ist – zweckentsprechend – auch die Belehrung über die Möglichkeit zu Beweiserhebungen in einer für den Angeschuldigten verständlichen Sprache beizufügen,
den Eröffnungsbeschluss; der ist für den Angeklagten zwar nicht anfechtbar (vgl. auch Burhoff, EV, Rn 1983), die Notwendigkeit einer Übersetzung als "wesentliche" Verfahrensunterlage ergibt sich aber jedenfalls dann, wenn die Eröffnung des Hauptverfahrens in Abweichung, insbesondere in Erweiterung der Anklagevorwürfe ergeht,
die Ladung zur HV, die ggf. unter der Warnung vor den Folgen des unentschuldigten Ausbleibens ergeht (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines, Teil A Rdn 1598 f.), sodass eine derartige Warnung auch sie in einer für den Angeklagten verständlichen Sprache beizufügen ist.
 

Rdn 1713

3. Der Angeklagte hat auch Anspruch auf die Übersetzung des nicht rechtskräftigen – schriftlichen – Urteils (§ 187 Abs. 2 S. 1 GVG). Hier hat der deutsche Gesetzgeber allerdings ein abgestuftes System vorgesehen, mit dessen Hilfe die bislang hierzu vorliegende Rspr. (vgl. OLG Hamburg StV 2014, 534; OLG Hamm StV 2014, 534; Beschl. v. 26.1.2016 – 1 Ws 8/16; OLG Nürnberg NStZ-RR 2014, 183 m. Anm. Hillenbrand StRR 2014, 343; OLG Stuttgart StV 2014, 536) gearbeitet hat, und zwar gilt:

Eine auszugsweise Übersetzung ist zulässig, wenn dadurch die strafprosessualen Rechte des Beschuldigten gewahrt werden (§ 187 Abs. 2 S. 2).
Unter der gleichen Bedingung kann an die Stelle der auszugsweisen Übersetzung ...

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