Das Wichtigste in Kürze:

1. Jedermann kann sich des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen.
2. Der Auftrag, als Verteidiger tätig zu werden, enthält zugleich als Innenvollmacht stets die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts, den Mandanten zu vertreten.
3. Neben der allgemeinen Verteidigervollmacht kann im Einzelfall auch eine Spezialvollmacht/Bevollmächtigung erforderlich sein.
4. In besonderen Konstellationen benötigt der Verteidiger weitere Vollmachten.
5. Nicht ganz ausgeräumt ist die Streitfrage, ob es die Wirksamkeit einer Abtretungserklärung (§ 43 S. 1 RVG) von Ansprüchen des Mandanten tangiert, wenn diese in der Vollmachtsurkunde enthalten ist.
 

Rdn 1769

 

Literaturhinweise:

Büttner, Zustellungsbevollmächtigte – Zeitbomben im Strafverfahren?, DRiZ 2007, 188

Hohmann in: FA Strafrecht, Teil 2 Kap. 1 Rn 12 ff.

Kuhli, Die Anforderungen an die Ermächtigung zu Rechtsmittelrücknahme oder -verzicht gemäß § 302 Abs. 2 StPO HRRS 2009, 290

Meyer-Lohkamp/Venn, Vom (Un)Sinn der schriftlichen Strafprozessvollmacht, StraFo 2009, 265

Samini, Die Rechtsarchitektur der anwaltlichen Vollmacht in der Praxis, zfs 2006, 308

s. auch die Hinw. bei Burhoff, EV, Rn 4227, und bei Burhoff, HV, Rn 3351.

 

Rdn 1770

1. Jedermann kann sich des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen. Dies gilt selbstverständlich auch für die von einem Strafverfahren Betroffenen (§ 137 Abs. 1). Mit der Annahme des vom Mandanten erteilten Verteidigungsauftrags durch den Rechtsanwalt kommt nach h.M. (BGH NJW 1998, 3486) ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) mit Dienstvertragscharakter zustande, der die Leistung höherer Dienste (§ 627 BGB) zum Gegenstand hat (vgl. Burhoff, EV, Rn 3642 ff.).

 

Rdn 1771

2.a) Der Auftrag, als Verteidiger tätig zu werden, enthält zugleich als Innenvollmacht stets die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts (§ 167 Abs. 1 BGB), den Mandanten in dem Umfang zu vertreten (§ 166 Abs. 2 BGB), wie dies zur Erfüllung des erteilten Auftrags erforderlich ist (BGH NJW 2010, 1203).

 

Rdn 1772

b) Will der Vollmachtgeber das Vertretungsverhältnis nach außen ("gegenüber dem Geschäftsgegner") kundtun, kann er es entweder selbst anzeigen, das Auftreten seines Auftragnehmers als Bevollmächtigter dulden oder diesen hierzu durch Ausstellung einer entsprechenden Urkunde (§ 172 Abs. 1 BGB) legitimieren.

 

Rdn 1773

 

Beispiel:

Der Angeklagte zeigt die Bevollmächtigung etwa dadurch selbst an, dass er sie in der HV zu Protokoll erklärt.

 

Rdn 1774

c) Die Vollmacht bedarf grds. keiner bestimmten Form (Palandt/Ellenberger, § 167 BGB Rn 2). Dies gilt auch für die (allgemeine) Verteidigervollmacht (vgl. z.B. OLG Hamm Rpfleger 1998, 440; OLG Koblenz StraFo 1997, 256; OLG München StV 2008, 127; LG Hagen StV 1983, 145; s.a. BGH NStZ-RR 1998, 18; Meyer-Lohkamp/Venn StraFo 2009, 265, 267; s.a. Burhoff, EV, Rn 4230 und bei Burhoff, HV, Rn 3350 ff.). Wie in allen Rechtsgebieten bestehen hiervon allerdings auch im Strafverfahren Ausnahmen (vgl. dazu Rdn 1780 ff.).

 

Rdn 1775

 

Beispiel:

Angeklagter A und Verteidiger V erscheinen zusammen in der HV. Solange der Angeklagte einer Prozesshandlung des Verteidigers nicht entgegentritt, ist zumindest von einer Duldungsvollmacht auszugehen.

 

Rdn 1776

d) Die Bevollmächtigung umfasst nur die Ermächtigung zum Tätigwerden in dem ihr zugrunde liegende Rechtsverhältnis, dem Strafverfahren.

 

☆ Deshalb benötigt auch der Verteidiger stets außerhalb der Verteidigervollmacht eine gesonderte Ermächtigung , wenn er in Bereichen tätig werden soll, die nicht (mehr) zum Strafverfahren gerechnet werden (z.B. Antrag auf Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG, Kostenfestsetzungsverfahren, Empfang von Geld, Geltendmachung von Ansprüchen nach § 10 StrEG usw.; vgl. Rdn  1780  ff.).gesonderte Ermächtigung, wenn er in Bereichen tätig werden soll, die nicht (mehr) zum Strafverfahren gerechnet werden (z.B. Antrag auf Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG, Kostenfestsetzungsverfahren, Empfang von Geld, Geltendmachung von Ansprüchen nach § 10 StrEG usw.; vgl. Rdn 1780 ff.).

 

Rdn 1777

e)aa) Die Bevollmächtigung endet

zusammen mit dem sie auslösenden Auftragsverhältnis, spätestens also mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens, in dem die Beauftragung erfolgt ist (§ 168 S. 1 BGB).

Vor diesem Zeitpunkt kann sie z.B. infolge

Kündigung durch den Auftraggeber (§ 627 Abs. 1 BGB),
Niederlegung des Mandats durch den Rechtsanwalt (beachte: § 627 Abs. 2) oder
dessen Ausschließung (§ 138a Abs. 4 S. 1) enden.
 

☆ Soll der Verteidiger nach Erlöschen seiner Bevollmächtigung wieder für den Mandanten tätig werden, bedarf er deshalb einer neuen Bevollmächtigung.wieder für den Mandanten tätig werden, bedarf er deshalb einer neuen Bevollmächtigung.

Ob sie über den Tod des Vollmachtgebers hinaus besteht, ist äußerst str. (vgl. Palandt/Ellenberger, § 168 BGB Rn 4); für das Strafverfahren ist mit der überwiegenden Meinung in Rspr. und Lit. vom Fortbestehen der Bevollmächtigung auszugehen (BGHSt 45, 108; OLG Celle NJW 2002, 3720; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2...

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