Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Rdn 2079
Literaturhinweise:
Herdegen, Die Beruhensfrage im strafprozessualen Revisionsrecht, NStZ 1990, 513
Niemöller, Beruhensprüfung bei Verfahrensfehlern, NStZ 2015, 489
Radtke, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 10.7.2013 (2 StR 195/12, NStZ 2013, 667) – Zur Rechtsprechung zur Protokollrüge, NStZ 2013, 669
s. auch die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006.
Rdn 2080
1.a) Gem. § 337 ist die Revision nur dann begründet, wenn das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Das ist immer dann der Fall, wenn das Urteil ohne die verfahrens- oder sachlich-rechtliche Gesetzesverletzung möglicherweise anders ausgefallen wäre (st. Rspr., s.u.a. BGHSt 22, 278, 280; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, § 337 Rn 37 m.w.N.).
☆ Es genügt also die Möglichkeit einer Kausalität zwischen dem Rechtsfehler und dem Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch (vgl. auch R. Hamm , Revision, Rn 517). Das Beruhen i.S.d. § 337 liegt dementsprechend nur dann nicht vor, wenn die Möglichkeit, dass das Urteil durch den Rechtsfehler beeinflusst sein könnte, ausgeschlossen werden kann oder rein theoretisch ist (BGHSt 14, 265, 268; 18, 290, 295; 36, 119, 123; BGH NJW 1988, 1223, 1224 m.w.N.).Möglichkeit einer Kausalität zwischen dem Rechtsfehler und dem Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch (vgl. auch R. Hamm, Revision, Rn 517). Das Beruhen i.S.d. § 337 liegt dementsprechend nur dann nicht vor, wenn die Möglichkeit, dass das Urteil durch den Rechtsfehler beeinflusst sein könnte, ausgeschlossen werden kann oder rein theoretisch ist (BGHSt 14, 265, 268; 18, 290, 295; 36, 119, 123; BGH NJW 1988, 1223, 1224 m.w.N.).
Rdn 2081
b) In den Fällen der absoluten Revisionsgründe gem. § 338 Nr. 1 bis 7 wird das Beruhen des Urteils auf dem jeweiligen Verfahrensverstoß dem Gesetzeswortlaut zufolge unwiderlegbar vermutet ("stets auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen"). Diese vermeintliche unwiderlegbare Vermutung hat die Rechtsprechung in einzelnen Fällen jedoch auch schon durchbrochen (vgl. BGH NStZ 2006, 713; 2007, 352; StV 2011, 211 m. Anm. Kudlich; NStZ-RR 2003, 5; BGHR § 338 Beruhen 1). Zudem ist zu beachten, dass der "absolute Revisionsgrund" des § 338 Nr. 8 nicht in die Vorschrift passt, da er darauf abstellt, dass "die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt" unzulässig beschränkt worden sein muss. Diese Formulierung hat zur Folge, dass das "Beruhen", d.h. die Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Urteilsspruch eben doch nachgewiesen werden muss und entgegen dem sonstigen Wortlaut des § 338 gerade nicht unwiderlegbar vermutet wird.
Rdn 2082
c) Liegt kein absoluter, sondern nur ein relativer Revisionsgrund gem. § 337 vor, wird das Beruhen nicht vermutet, sondern muss von Amts wegen geprüft werden (s. Herdegen, NStZ 1990, 513, 517; zur Beruhensprüfung bei Verfahrensfehlern s. Niemöller NStZ 2015, 489). Hierbei hat das Revisionsgericht die Frage zu beantworten, ob überzeugende Gründe für die Annahme bestehen, dass das rechtsfehlerhaft zustande gekommene Urteil auch bei rechtsfehlerfreiem Verlauf des Verfahrens bzw. bei rechtsfehlerfreier sachlich-rechtlicher Begründung genauso ausgefallen wäre (vgl. BGH StV 2010, 193; Hamm, Revision, Rn 522). Der von der Revision gerügte Rechtsfehler darf sich also im konkreten Fall in keiner nur denkbaren Weise ausgewirkt haben können.
Rdn 2083
Rechtsprechungsbeispiele:
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Wird ein aussageverweigerungsberechtigter Zeuge nicht oder nicht zutreffend nach § 52 belehrt, beruht das Urteil nicht auf diesem Rechtsfehler, wenn davon auszugehen ist, dass der Zeuge auch bei ordnungsgemäßer Belehrung in gleicher Weise ausgesagt hätte (BGH StV 2002, 3). |
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Wird die unterbrochene HV unter Verstoß gegen § 229 Abs. 1 und Abs. 4 (3-Wochen-Frist) nicht ordnungsgemäß fortgesetzt, beruht das angefochtene Urteil regelmäßig auf diesem Verfahrensfehler (BGHSt 23, 224, 225; BGH NStZ 1992, 550, 551; 2008, 28; StV 1995, 623, 624; 1996, 3019, 3020). |
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Verstößt das Gericht gegen die Mitteilungspflichten gem. § 243 Abs. 4 zu Erörterungsgesprächen (§§ 202a, 212) mit dem Ziel der Verständigung (§ 257c), liegt zwar kein absoluter Revisionsgrund gem. § 338 Nr. 6 vor (BGH NStZ 2013, 724; 2014, 221, 222), allerdings wird ein Beruhen des Urteils auf einem solchen Verstoß der Mitteilungs- und Dokumentationspflichten nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig anzunehmen sein (BVerfG NJW 2013, 1058, 1067 Rn 98). Das Beruhen kann nur ausnahmsweise entfallen, wenn sicher auszuschließen ist, dass das Aussageverhalten des Angeklagten durch die nicht ordnungsgemäße Mitteilung beeinflusst worden sein könnte (zur Beruhensprüfung in den Fällen u.a. auch BGH NJW 2015, 645; NStZ 2014, 416 m. Anm. Deutscher StRR 2015, 142; NStZ 2015, 232 m. Anm. Burhoff StRR 2015, 140; 2015, 353 m. Anm. Feldmann; Beschl. v. 16.9.2015 – 5 StR 364/15). |
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Auf der fehlerhaften Bescheidung eines Beweisantrags beruht das Urteil regelmäßig, denn diesem Bescheid kommt eine wichtige Informationsfunktion zu, die sicherstellen soll, dass sich der A... |