Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Aufhebung des Urteils kann den Schuldspruch und/oder den Rechtsfolgenausspruch erfassen.
2. Wird das tatrichterliche Urt. v. Revisionsgericht aufgehoben, stellt sich die Frage, ob es die Sache zu neuer Entscheidung zurückverweisen muss oder in der Sache selbst entscheiden kann.
3. Ausnahmsweise kann das Revisionsgericht auch in der Sache selbst entscheiden.
 

Rdn 2269

 

Literaturhinweise:

Berenbrink, Tatrichter oder Revisionsgericht – Wer bestimmt die Strafe?, GA 2008, 625

Paster/Sättele, Zu den Möglichkeiten einer eigenen Sachentscheidung des Revisionsgerichts nach der Entscheidung des BVerfG zu § 354a 1 StPO, NStZ 2007, 609

Peglau, Die Begründungs- und Prüfungspflicht des Revisionsgericht nach der verfassungskonformen Auslegung des § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO durch das Bundesverfassungsgericht, JR 2008, 80

s. auch die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006, und bei → Revision, Verfahrensablauf, Teil A Rdn 2282.

 

Rdn 2270

1.a)aa) Ziel der Revision ist es, die Aufhebung des tatrichterlichen Urteils zu erreichen. Die Aufhebung kann den Schuldspruch und/oder den Rechtsfolgenausspruch erfassen. Sie kann sich auch lediglich auf einen abtrennbaren der tatrichterlichen Entscheidung beziehen (§ 353 Abs. 1). Die Aufhebung des Schuldspruchs zieht grds. auch die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich, es sei denn, der Schuldspruch wird lediglich berichtigt oder es wird eine tateinheitliche Verurteilung aufgehoben, auf der die verhängte Rechtsfolge nicht beruht. Wird ein Urteil nur teilweise aufgehoben, erwächst der bestehen bleibende Teil in Rechtskraft und kann in einem neuen Verfahren durch den Tatrichter nicht mehr nachgeprüft und verhandelt werden (BGHSt 54, 135, 137; KK-Gericke, § 353 Rn 31). Gem. § 353 Abs. 2 sind gleichzeitig auch die dem Urteil zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, die zur Aufhebung des Urteils führt. Dies gilt unabhängig von einem entsprechenden Antrag des Revisionsführers.

 

☆ Es genügt deshalb, wenn der Revisionsführer sich auf folgende Antragsformulierung beschränkt:genügt deshalb, wenn der Revisionsführer sich auf folgende Antragsformulierung beschränkt:

"Es wird beantragt, das Urteil des Landgerichts … vom … Az.: … aufzuheben."

 

Rdn 2271

 

bb) Rechtsprechungsübersicht: Urteilsaufhebung:

Wird ein Prozesshindernis übersehen oder zu Unrecht angenommen, hängt die Aufhebung der Tatsachenfeststellungen davon ab, ob ein Befassungs- oder ein Bestrafungsverbot vorliegt (s. eingehend Meyer-Goßner/Schmitt, § 353 Rn 13 und Einl. Rn 143; vgl. auch BGHSt 51, 202, 205; OLG Hamm NStZ-RR 2008, 383; OLG München NJW 2008, 3151, 3153). Bei reinen Bestrafungsverboten, z.B. aufgrund fehlenden Strafantrags oder Verjährungseintritts, können die Feststellungen ggf. bestehen bleiben (vgl. BGHSt 4, 287, 289). Liegt hingegen ein Befassungsverbot vor, z.B. aufgrund fehlender Anklage, fehlender örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit oder Strafklageverbrauchs, ist das angefochtene Urteil mitsamt seinen Feststellungen aufzuheben (vgl. BGHSt 41, 308).
Das Vorliegen eines Verfahrensfehlers zwingt regelmäßig auch zur Aufhebung der dem Urteil zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen (KK-Gericke, § 353 Rn 28; vgl. auch BGH NStZ 2003, 218), es sei denn, die Auswirkungen der fehlerhaften Verfahrenshandlung für das Urteil lassen sich isolieren (vgl. BGHSt 32, 84).
Liegt der Aufhebung ein sachlich-rechtlicher Mangel zugrunde, können die Feststellungen insoweit aufrechterhalten werden, wie sie von der Gesetzesverletzung nicht betroffen sind (vgl. BGHSt 14, 30, 35). Ist z.B. nur die Frage der Schuldfähigkeit von der Aufhebung betroffen, können die Feststellungen zum Tathergang bestehen bleiben (BGH NStZ 154, 155). Das Gleiche gilt, wenn ein eindeutiger Sachverhalt vom Tatgericht lediglich rechtlich unzutreffend gewürdigt wurde (Dahs, RV, Rn 621).
Wird das Urteil aufgehoben, weil es Darstellungsmängel aufweist, lässt sich regelmäßig nicht ausschließen, dass der neue Tatrichter ergänzende Feststellungen treffen kann. Zur Ermöglichung einer widerspruchsfreien neuen Sachprüfung sind deshalb in einem solche Fall die Feststellungen regelmäßig mit aufzuheben.
Das Gleiche gilt bei insgesamt dürftigen Feststellungen, die ihre Grundlage in einer Verständigung gem. § 257c haben. Auch hier kann die Aufhebung der Sachverhaltsfeststellungen geboten sein, um dem neuen Tatrichter eine umfassende neue Tatsachenermittlung zu ermöglichen (vgl. BVerfG NJW 2013, 1058, 1059; BGHSt 59, 21; BGH StV 2012, 703; s.a. Burhoff, HV, Rn 186 m.w.N.).
Die Aufhebung eines den Angeklagten freisprechenden Urteils muss regelmäßig auch die Aufhebung der Feststellungen nach sich ziehen, denn der Angeklagte konnte diese mangels Beschwer in der Revision nicht angreifen. Er muss deshalb in einer neuen Verhandlung die Möglichkeit haben, sich wieder umfassend gegen die ihn erhobenen Vorwürfe zu verteidigen, was nur durch eine Gesamtaufhebung des Urtei...

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