Dr. Hendrik Thies, Meike Kapp-Schwoerer
Zusammenfassung
Bei nur teilweiser Ablehnung eines Angebots bleiben die Teile des Angebots, denen nicht explizit widersprochen worden ist, gültig. Die Parteien sollten sich nicht darauf verlassen, dass Gerichtsstands- und Rechtswahlklauseln automatisch von einer teilweisen Ablehnung erfasst sind.
Hintergrund
Die in Hamburg ansässige Klägerin schickte der Beklagten, mit Sitz auf Zypern, ein Angebot. Das Angebot enthielt die Gerichtsstandsklausel Hamburg. Die Beklagte widersprach dem Angebot nur teilweise, ohne dabei der Gerichtsstandsklausel ausdrücklich entgegenzutreten. Die Beklagte wandte sich lediglich in Teilen gegen den Leistungsumfang im Angebot der Klägerin.
Unter Berufung auf die Gerichtsstandsklausel, erhob die Klägerin in Hamburg Klage und begehrt von der Beklagten Kaufpreiszahlung. Die Beklagte rügt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.
Der BGH hat die Zuständigkeit bejaht. Die Beklagte habe zwar in Teilen dem Angebot widersprochen. Dies berühre die Gerichtsstandsvereinbarung aber nicht, solange sie dieser nicht explizit entgegengetreten sei. Die Klägerin als Angebotsstellerin dürfe davon ausgehen, dass ihr Angebot Bestand habe, soweit diesem nicht widersprochen werde. Im Zweifel sei ein Gegenangebot, wenn es nur einzelne Änderungen enthalte, dahin auszulegen, dass der Erklärende alle Bedingungen des ursprünglichen Angebots, zu dem er keine abweichenden Vorschläge macht, in sein Gegenangebot aufnehme. Dementsprechend gelten die Bedingungen des ursprünglichen Angebots insoweit fort.
Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der BGH von Art. 19 Abs. 1 CISG ab, wonach die Annahme eines Angebots unter wesentlichen Änderungen ein neues Angebot darstellt. Nach dem BGH bleiben auch bei einer Teilablehnung nicht explizit abgelehnte Bestandteile des Angebots weiterhin bestehen. Dies betrifft insbesondere Gerichtsstandsklauseln, anwendbares Recht etc. Angebotsempfänger (Käufer, Besteller etc.) sollten daher genau überprüfen, ob sie dem Angebot nur partiell widersprechen oder dieses vollständig ablehnen möchten. Im letzteren Fall ist eine explizite, umfassende Angebotsablehnung erforderlich. Andernfalls gelten die Bestimmungen des Angebots, denen nicht widerpochen wurde, fort. Die Entscheidung des BGH zum CISG hätte in vergleichbarer Form auch zur deutschen Regelung in § 150 Abs. 2 BGB ergehen können. Das betont der BGH sogar ausdrücklich in seiner Entscheidung. Allerdings ist für die Vertragsgestaltung zu beachten, dass das CISG in anderen Regelungsbereichen deutlich vom BGB abweichende Regelungen trifft.
Ein in der Praxis verbreiteter vorschneller Ausschluss des CISG ist deshalb nicht in allen Fällen ratsam. Je nach Konstellation, kann das CISG gegenüber dem deutschen Kaufrecht auch Vorteile bieten. Nach dem CISG schuldet etwa jede Vertragspartei für Vertragsverletzungen unabhängig von ihrem Verschulden Schadensersatz. Dabei wird allerdings nur der Schaden berücksichtigt, der zum Zeitpunkt des Vertragsschluss vorhersehbar war. Zu diesen Themen sollte ein Vertrag nach dem CISG daher unbedingt Regelungen treffen.
Insbesondere bei internationalen Kaufverträgen ist den Parteien zu raten, dass anwendbare Recht und den Gerichtsstand, bspw. in einem Rahmenvertrag festzulegen. Auf diese Weise werden wichtige vertragliche Eckpunkte eindeutig geregelt und unklare, auslegungsbedürftige Erklärungen der Parteien zu einzelnen Vertragskonditionen vermieden.