Daniel Amelung, Lars Bachler
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die in §§ 23 ff. EGGVG vorgesehenen Hauptsacheantragsarten orientieren sich in Konzeption und Inhalt an denen, die die §§ 42 ff. VwGO im Bereich öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten vorsehen (Anfechtungs-, Verpflichtungs-, Untätigkeitsklage). |
2. |
Die Möglichkeit eines allgemeinen Leistungsantrags oder Feststellungsantrags ist in den §§ 23 ff. EGGVG nicht vorgesehen und wird daher von der h.M. abgelehnt. |
3. |
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist im Fall des Anfechtungsbegehrens die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, im Fall des Verpflichtungsantrags die zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das OLG zugrunde zu legen. |
Rdn 367
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 324.
Rdn 368
1. Die in §§ 23 ff. EGVG vorgesehenen Hauptsacheantragsarten orientieren sich in Konzeption und Inhalt an den Klagearten, die die §§ 42 ff. VwGO im Bereich öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten vorsehen. Sie bleiben indessen in der Vielfalt hinter diesen zurück. Regelmäßig wird daher unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG eine Erweiterung möglicher Rechtsschutzziele diskutiert.
Rdn 369
a) Die klassischste Antragsart stellt die Anfechtung dar (§ 23 Abs. 1 EGGVG). Sie ist darauf gerichtet, dass der Justizverwaltungsakt aufgehoben wird, weil der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist (§ 28 Abs. 1 S. 1 EGGVG). Ist die Maßnahme bereits vollzogen worden, kommt ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht (§ 28 Abs. 1 S. 2 und 3 EGGVG). Liegt keine unmittelbare Rechtsbetroffenheit beim Antragsteller mehr vor, sieht § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG die Möglichkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags vor (→ Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Erledigung, Teil B Rdn 388).
Rdn 370
b) Mit dem Verpflichtungsantrag (§ 23 Abs. 2 EGGVG) wird der Erlass eines beantragten und von der Behörde abgelehnten Justizverwaltungsaktes begehrt. Ist bei der zuständigen Behörde noch gar kein Antrag auf Erlass einer konkreten Maßnahme gestellt, ist ein Verpflichtungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (BayObLG, Beschl. v. 24.10.2019 – 1 VAs 92/19, NZI 2020, 44; KG, Beschl. v. 20.12.1967 – 2 VAs 67/67, NJW 1968, 609). Handelt es sich um eine Maßnahme, deren Erlass in das Ermessen der Justizbehörde gestellt ist, kann ein Verpflichtungsantrag regelmäßig nur dann vollumfänglichen Erfolg haben, wenn er mit dem Ziel, die Behörde zu verpflichten, über den Antrag des Antragstellers neu zu bescheiden, gestellt ist (§ 28 Abs. 2 S. 2 EGGVG). Nur im Fall von Spruchreife (also einer Ermessensreduzierung auf Null) kann das Gericht die Behörde zur Vornahme der begehrten Maßnahme verpflichten (§ 28 Abs. 2 S. 1 EGGVG).
☆ Zwar führt nach h.M. bei einem unbeschränkt gestellten Verpflichtungsantrag die teilweise Zurückweisung aufgrund fehlender Spruchreife nicht zu einer (Teil-)Kostentragungspflicht (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.11.2009 – 1 VAs 2/09, wistra 2010, 118, 120; LR- Gerson , § 30 EGGVG Rn 3). Diese Auffassung ist aber nicht zwingend. Der Verteidiger ist daher gut beraten, das Ziel des Verpflichtungsantrages deutlich herauszuarbeiten .Gerson, § 30 EGGVG Rn 3). Diese Auffassung ist aber nicht zwingend. Der Verteidiger ist daher gut beraten, das Ziel des Verpflichtungsantrages deutlich herauszuarbeiten.
Rdn 371
c) Einen Sonderfall stellt der Untätigkeitsantrag nach § 27 EGGVG dar. Mit dieser kann der Antragsteller gegen behördliches Untätigsein, regelmäßig nach Ablauf von drei Monaten (§ 27 Abs. 1 S. 2 EGGVG), vorgehen und die Vornahme einer bestimmten Maßnahme oder die Entscheidung über einen förmlichen Rechtsbehelf erzwingen. Ein verfrüht gestellter Antrag führt zu dessen Unzulässigkeit (OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 27.6.2023 – 3 VAs 3/23; Kissel/Mayer, § 27 EGGVG Rn 2). Ist die Dreimonatsfrist indessen zu dem für die Entscheidung des OLG maßgeblichen Zeitpunkt abgelaufen, liefe die Verwerfung für einen verfrüht gestellten Antrag als unzulässig auf reine Rechtsförmlichkeit hinaus. Maßgeblich ist daher der Zeitpunkt der Entscheidung des OLG (LR-Gerson, § 27 EGGVG, Rn 6; MüKo-StPO/Ellbogen, § 27 EGGVG Rn 6). Wird nach Stellung des Untätigkeitsantrags die begehrte Maßnahme durch die Behörde erlassen, ist die Hauptsache erledigt (KK/Mayer, § 27 EGGVG Rn 11; → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Erledigung, Teil B Rdn 388). Entscheidet die Behörde während des gerichtlichen Untätigkeitsverfahrens in der Sache abschlägig, kommt eine Umstellung des Untätigkeitsantrags auf einen Antrag gegen die Sachentscheidung in Betracht (MüKo-StPO/Ellbogen, § 27 EGGVG Rn 11), wenn nicht zuvor ein Vorverfahren nach § 24 Abs. 2 EGGVG durchzuführen wäre (OLG Frankfurt am Main a.a.O.; OLG Hamm, Beschl. v. 14.12.1989 – 1 VAs 61/89, MDR 1990, 465; differenzierend LR-Gerson, § 27 EGGVG Rn 11). Zur Untätigkeitsbeschwerde auch → Beschwerde, Untätigkeitsbeschwerde, Teil A Rdn 559).
Rdn 372
d) Bislang von der überwiegende...