Daniel Amelung, Lars Bachler
Rdn 412
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 324, und bei Burhoff/Kotz/Schmidt-Clarner, Nachsorge, Teil C Rn 180.
Rdn 413
1. Vollzugsbehörden stehen den Justizbehörden nach § 23 Abs. 1 S. 2 EGGVG gleich, soweit sie Maßnahmen im Rahmen des Vollzugs der Untersuchungshaft oder von Freiheitsstrafe oder Maßregeln der Besserung und Sicherung, die außerhalb des Justizvollzugs stattfinden, anordnen.
Rdn 414
2.a) Schon nach dem Wortlaut sind demnach Maßnahmen innerhalb des Strafvollzugs nicht nach §§ 23 ff. EGGVG anfechtbar. Hier eröffnen §§ 109 ff. StVollzG den Rechtsweg zum LG (eingehend Burhoff/Kotz/Schmidt-Clarner, Nachsorge, Teil C Rn 179 ff.).
☆ Dies gilt auch für den Fall, wenn der Gefangene inzwischen entlassen worden ist (KG, Beschl. v. 24.5.2007 – 1 VAs 10/07, NStZ 2008, 226; OVG Koblenz, Urt. v. 29.1.1986 – 2 A 111/84, NStZ 1986, 333).Gefangene inzwischen entlassen worden ist (KG, Beschl. v. 24.5.2007 – 1 VAs 10/07, NStZ 2008, 226; OVG Koblenz, Urt. v. 29.1.1986 – 2 A 111/84, NStZ 1986, 333).
§§ 23 ff. EGGVG finden hingegen Anwendung bei Vollzug von Freiheitsstrafen außerhalb des Justizvollzugs, etwa bei Soldaten nach Art. 5 Abs. 2 EGWStG.
Rdn 415
b) Einen Sonderfall stellt das Begehren eines Strafgefangenen auf Verlegung in ein anderes Bundesland dar. Nach wohl h.M. muss die ablehnende Entscheidung der JVA, in der sich der Gefangene befindet, nach §§ 109 ff. StVollzG angefochten werden. Dabei umfasst die gerichtliche Prüfung aber nicht die Kontrolle, ob das Aufnahmeland seine Aufnahmewilligkeit zu Recht abgelehnt hat. Hierfür muss der Antragsteller über §§ 23 ff. EGGVG stattdessen ein weiteres Verfahren gegen die Justizbehörde des Aufnahmelandes anstrengen (KG, Beschl. v. 10.1.2007 – 4 VAs 47/06, NStZ-RR 2007, 124, 125; OLG Bamberg, Beschl. v. 18.2.2010 – 1 Ws 45/10, R&P 2010, 232 [Ls.]; OLG Celle, Beschl. v. 24.10.2014 – 1 Ws 439/14 (StrVollz), StV 2016, 303; OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 25.8.2022 – 3 VAs 10/22; OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2018 – 1 VAs 3/18, NStZ 2019, 55; OLG Jena, Beschl. v. 24.7.2008 – 1 VAs 2/08, NStZ-RR 2009, 156; OLG Koblenz, Beschl. v. 14.12.2015 – 2 VAs 16/15; OLG Naumburg, Beschl. v. 19.10.2011 – 2 Ws 228/11, NStZ 2012, 395; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.9.1996 – 4 Ws 111/96, NStZ 1997, 103, 104; Feest/Lesting/Lindemann/Spaniol, § 111 StVollzG Rn 3; tendenziell auch BGH, Beschl. v. 18.4.2001 – 2 ARs 71/01, NStZ-RR 2002, 26). Hiervon abweichend wird z.T. vertreten, dass die Entscheidung des Aufnahmelandes inzidenter im Verfahren gegen die JVA nach §§ 109 ff. StVollzG überprüft wird (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.1.1983 – 1 Vollz (Ws) 37/82, ZfStrVo 1983, 248, 249; Arloth/Krä, § 8 StVollzG, Rn 11). Nach einer weiteren Auffassung soll auch die ablehnende Entscheidung der JVA einer Kontrolle nach §§ 23 ff. EGGVG (statt §§ 109 ff. StVollzG) zugänglich sein (OLG Schleswig, Beschl. v. 20.6.2007 – 2 VAs 8/07, NStZ-RR 2008, 126). Insgesamt erscheint die h.M. dogmatisch am saubersten, ist aber wegen des doppelt (jedoch nicht notwendig nacheinander, OLG Naumburg, Beschl. v. 27.9.2012 – 1 VAs 436/12, StV 2013, 448 [Ls.]) zu bestreitenden Rechtswegs dennoch unbefriedigend.
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3. Maßnahmen, die im Rahmen des Maßregelvollzugs in psychiatrischen Krankenhäusern oder Entziehungsanstalten erfolgen, sind nur nach §§ 138 Abs. 3, 109 ff. StVollzG anfechtbar (§ 23 Abs. 3 EGGVG).
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4. Rechtsschutz gegen Maßnahmen im Vollzug von Jugendstrafe und -arrest richtet sich nach § 92 Abs. 1 S. 2 JGG, der auf §§ 109 ff. StVollzG verweist. Zu beachten ist ein ggf. durchzuführendes Schlichtungsverfahren (§ 92 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. JGG, z.B. nach § 87 Abs. 4 SaarlJStVollzG; zu allem a. Burhoff/Kotz/Schimmel, Nachsorge, Teil C Rn 531).
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5. Für die in § 23 Abs. 1 S. 2 EGGVG ausdrücklich erwähnten Maßnahmen der Behörden in Untersuchungshaftvollzugssachen ist der Anwendungsbereich der §§ 23 ff. EGGVG aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 23 Abs. 3 EGGVG durch die vorgehende Regelung des § 119a erheblich eingeschränkt (OLG Naumburg Beschl. v. 17.8.2010 – 2 ARs 7/10). Regelmäßig zuständig ist demnach für Einwendungen gegen solche Maßnahmen der Haftrichter (OLG Jena, Beschl. v. 23.8.2010 – 1 Ws 296/10, StV 2011, 35, 36). Dies gilt auch für Verpflichtungsbegehren (BGH, Beschl. v. 21.7.2014 – 2 BGs 255/14, StraFo 2014, 382; a.A. Grube StV 2013, 534, 537).
☆ Entgegen der Auffassung von Teilen der Rspr. und der Lit. (OLG Hamm, Beschl. v. 4.10.2011 – 1 VAs 42/11, NStZ-RR 2012, 62; Meyer-Goßner/Schmitt , § 119a Rn 4; MüKo-StPO/ Ellbogen , § 23 EGGVG Rn 35) finden §§ 23 ff. EGGVG auch dann keine Anwendung , wenn nicht eine konkrete Einzelmaßnahme , sondern eine allgemeine Regelung im Streit steht, die wegen ihres generellen Organisationscharakters über den individuellen Interessenbereich einzelner Gefangener hinausgeht und die Gesamtverhältnisse in der JVA zur Gestaltung der Untersuchungshaft betrifft. Auch insoweit geht § 119a vor (OLG Ha...