Daniel Amelung, Lars Bachler
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Kann die HV zumindest vorübergehend nicht zeitnah durchgeführt werden, insbesondere weil der Angeklagte nicht erschienen ist, kann nach § 408a in das Strafbefehlsverfahren übergeleitet werden. |
2. |
Der Wechsel vom Haupt- ins Strafbefehlsverfahren setzt einen entsprechenden Antrag der StA voraus. |
3. |
Korrespondierend mit dem Wechsel der Verfahrensart ist auch ein Wechsel in der Bewertung des Verfahrensgegenstands durch die StA erforderlich. |
4. |
Es genügt, wenn die HV auf absehbare Zeit nicht durchgeführt werden kann, eine dauerhafte Unmöglichkeit ist nicht erforderlich. |
5. |
Neben der Überleitung in das Strafbefehlsverfahren setzt auch der Strafbefehl nach § 408a selbst einen Antrag der StA voraus. |
6. |
Der Strafrichter hat dem Antrag der StA zu entsprechen, wenn die Voraussetzungen des § 408 Abs. 3 S. 1 vorliegen. Andernfalls lehnt er den Antrag ab und setzt das Hauptverfahren fort. |
7. |
Für das weitere Verfahren nach Erlass des Strafbefehls gelten die §§ 409–412. |
Rdn 786
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Strafbefehl, Allgemeines, Teil B Rdn 730.
Rdn 787
1.a) Kann die HV zumindest vorübergehend nicht zeitnah durchgeführt werden, insbesondere weil der ordnungsgemäß geladene Angeklagte nicht erschienen ist, kann nach § 408a in das Strafbefehlsverfahren übergeleitet werden. Die Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung.
☆ § 408a kann nicht angewendet im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff.), denn dieses Verfahren wäre vom Gericht bereits abgelehnt worden (§ 419 Abs. 3 Hs. 1) und in Verfahren nach Überleitung eines Bußgeldverfahrens (§ 81 OWiG).nicht angewendet im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff.), denn dieses Verfahren wäre vom Gericht bereits abgelehnt worden (§ 419 Abs. 3 Hs. 1) und in Verfahren nach Überleitung eines Bußgeldverfahrens (§ 81 OWiG).
Rdn 788
b) Der Angeklagte kann den Übergang in das Strafbefehlsverfahren nicht verhindern; ebenso wenig der Nebenkläger. Von dem sich gegen den Verfahrenswechsel sträubenden Angeklagten dürfte jedoch die Einlegung eines Einspruchs zu erwarten sein, weshalb sich regelmäßig die Frage stellen wird, ob sich mit einer solchen Vorgehensweise tatsächlich eine Verfahrensbeschleunigung erreichen lässt (KMR-Metzger, § 408a Rn 12).
Rdn 789
2. Der Wechsel vom Haupt- ins Strafbefehlsverfahren setzt einen entsprechenden Antrag der StA voraus (Teil B Rdn 796 ff.). Dieser muss den Anforderungen des § 409 entsprechen (→ Strafbefehl, Inhalt, Teil B Rdn 803 ff.).
☆ Deshalb darf im Verfahren nach Erlass eines Strafbefehls gem. § 408a Abs. 3 S. 1 der Einspruch jedenfalls dann nicht nach §§ 412 S. 1, 329 Abs. 1 verworfen werden, wenn der Strafbefehl weder Tatbezeichnung noch Tatort oder Tatzeit enthält (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.4.2012 – III-1 RVs 6/12) oder die zugestellte Ausfertigung des Strafbefehls keinen Strafausspruch enthält (KG, Beschl. v. 12.7.2002 – [5] 1 Ss 136/02 [22/02]).keinen Strafausspruch enthält (KG, Beschl. v. 12.7.2002 – [5] 1 Ss 136/02 [22/02]).
Rdn 790
3. Korrespondierend mit dem Wechsel der Verfahrensart ist auch ein Wechsel in der Bewertung des Verfahrensgegenstands durch die StA erforderlich, da sie zunächst von der Durchführung eines Strafbefehlsverfahren abgesehen und durch die stattdessen erfolgte Anklageerhebung zum Ausdruck gebracht hatte, dass sich der Fall aus ihrer Sicht für eine Aburteilung im Strafbefehlswege nicht eignet (Nr. 175 Abs. 3 RiStBV).
☆ Hatte das Gericht zunächst Bedenken gegen den Erlass des beantragten Strafbefehls und deshalb nach § 408 Abs. 3 S. 2 Termin zur HV anberaumt, soll dies dem Erlass eines Strafbefehls nach § 408a aufgrund eines neuen, modifizierten Antrags der StA nicht entgegen stehen (AG Landstuhl, Beschl. v. 27.5.2022 – 2 Cs 4231 Js 9469/21, NStZ-RR 2022, 216; Janssen , StV 2022, 464). Diesem durchaus pragmatischen Ansatz steht allerdings im Wege, dass es in diesen Fallkonstellationen an einem Eröffnungsbeschluss fehlt; ein solcher ist aber Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 408a ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 408a, Rn 3; SSW-StPO/ Momsen , § 408a Rn 4; KK/ Maur , § 408a Rn 7).Bedenken gegen den Erlass des beantragten Strafbefehls und deshalb nach § 408 Abs. 3 S. 2 Termin zur HV anberaumt, soll dies dem Erlass eines Strafbefehls nach § 408a aufgrund eines neuen, modifizierten Antrags der StA nicht entgegen stehen (AG Landstuhl, Beschl. v. 27.5.2022 – 2 Cs 4231 Js 9469/21, NStZ-RR 2022, 216; Janssen, StV 2022, 464). Diesem durchaus pragmatischen Ansatz steht allerdings im Wege, dass es in diesen Fallkonstellationen an einem Eröffnungsbeschluss fehlt; ein solcher ist aber Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 408a (Meyer-Goßner/Schmitt, § 408a, Rn 3; SSW-StPO/Momsen, § 408a Rn 4; KK/Maur, § 408a Rn 7).
Rdn 791
4.a) Es genügt, wenn die HV auf absehbare Zeit (KMR-Metzger, § 408a Rn 13: mehrere Monate) nicht durchgeführt werden kann, eine dauerhafte Unmöglichkeit ist dagegen nicht erforderlich.
Rdn 792
b) Anwendungsvoraussetzung des § 408a ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der ein ...