Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Antragsteller hat Anspruch auf sachliche Überprüfung und Bescheidung seiner Gegenvorstellung.
2. Ist die Gegenvorstellung unzulässig/unbegründet, genügt eine formlose Mitteilung des Gerichts. Ist die Gegenvorstellung dagegen erfolgreich, ist die neue Entscheidung in derselben Form zu erlassen und in gleicher Weise anfechtbar wie die Ursprungsentscheidung.
3. Im Gegenvorstellungsverfahren gilt das Verbot der Schlechterstellung.
 

Rdn 286

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Gegenvorstellung, Allgemeines, Teil B Rdn 274.

 

Rdn 287

1.a) Der Antragsteller hat grds. einen Anspruch darauf, dass die Gegenvorstellung überprüft und über sie sachlich entschieden wird, da ansonsten das Petitionsrecht leer laufen würde, wenn der Betroffene zwar die Gegenvorstellung anbringen könnte, diese aber keiner Sachprüfung unterzogen werden müsste (vgl. BVerwG NJW 1976, 637, 638; Burhoff, EV, Rn 2089; Hohmann JR 1991, 10, 13; Holzinger StRR 2008, 208, 212; LR-Jesse, vor § 296 Rn 85; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 26; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 12; Woesner NJW 1960, 2129, 2131; Wölfl StraFo 2003, 222, 226; a.A. KK-Paul, vor § 296 Rn 4 [nur "nobile officium"]; KMR-Plöd, Vor § 296 Rn 4; SSW-StPO/Hoch, vor § 296 Rn 46 und Werner NJW 1991, 19, 20 [jew. gegen Entscheidungspflicht]).

 

Rdn 288

b) Ausnahmen von der Prüfungs- und Entscheidungspflicht ergeben sich allerdings dann, wenn die Gegenvorstellung inhaltlich nicht ein Mindestmaß an Sachlichkeit erfüllt, was etwa in den äußerst eng begrenzten Fällen des erkennbaren Missbrauchs oder bei beleidigenden wie offensichtlich querulatorischen Eingaben der Fall ist (HK-Rautenberg, § 296 Rn 7; Woesner NJW 1960, 2129, 2132). Gleiches gilt auch für sich inhaltlich wiederholende Eingaben. Denn aus dem Petitionsrecht nach Art. 17 GG folgt ebenfalls kein Anspruch auf erneute Sachentscheidung, wenn eine bereits sachlich beschiedene Eingabe lediglich wiederholt wird, ohne dass neue entscheidungserhebliche Tatsachen vorgetragen werden (so HK-Rautenberg, a.a.O. [unter Hinw. auf BVerfG NJW 1953, 817 und BGH NStZ 2007, 283]).

 

Rdn 289

2. In welcher Form und mit welchem Inhalt der Antragsteller zu bescheiden ist, hängt wiederum maßgeblich vom Ergebnis und den damit verbundenen Wirkungen der Entscheidung über die Gegenvorstellung ab. Insoweit gilt:

 

Rdn 290

 

Gegenvorstellung nicht statthaft

Ist die Gegenvorstellung nicht statthaft (→ Gegenvorstellung, Statthaftigkeit, Teil B Rdn 293) oder gibt sie keinen Anlass zur Abänderung bzw. Aufhebung der gerügten Entscheidung bedarf es keiner förmlichen Entscheidung. Es genügt vielmehr eine kurze, formlose Mitteilung des Gerichts oder gar nur des Vorsitzenden, in welchem dem Antragsteller lediglich mitgeteilt wird, warum es bei der angefochtenen Entscheidung sein Bewenden hat (LR-Jesse, vor § 296 Rn 86; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 12; ähnlich Woesner NJW 1960, 2129, 2132 und Wölfl StraFo 2003, 222; s. aber Hohmann JR 1991, 10, 13 [insoweit weitere Differenzierung zwischen unzulässigen und unbegründeten Gegenvorstellungen]). Eine (weiter gehende bzw. eingehende) Begründung ist hingegen nicht erforderlich (LR-Jesse, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 26). Dies gilt auch dann, wenn im Gegenvorstellungsverfahren neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht wurden (a.A. Matt MDR 1992, 820, 826 [in diesem Fall immer "förmliche" Entscheidung, die als Beschluss nach den §§ 304 ff. anfechtbar ist]).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, selbst wenn sie – unnötigerweise – als förmlicher Gerichtsbeschluss ergeht; ein zusätzlicher Beschwerderechtszug ist insofern nicht eröffnet (LR-Jesse, a.a.O.; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 13).
Auch ein Befangenheitsantrag gegen die Richter innerhalb des Gegenvorstellungsverfahrens ist unzulässig (Radtke/Hohmann/Radtke, a.a.O., m.w.N.).
 

Rdn 291

 

Gegenvorstellung erfolgreich

Hat die Gegenvorstellung indes Erfolg, führt sie zur Aufhebung bzw. Abänderung der beanstandeten Entscheidung. Diese modifizierende Entscheidung muss in derselben gesetzlichen Form, etwa Beschlussform, und mit derselben Begründungstiefe ergehen, wie die ursprüngliche Entscheidung (HK-Rautenberg, § 296 Rn 5; Hohmann JR 1991, 10, 13; LR-Jesse, vor § 296 Rn 87; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 12; s. aber KMR-Plöd, vor § 296 Rn 4 und Wölfl StraFo 2003, 222, 227 [jew. nur für Formgleichheit]).
Es ist insbesondere erneut rechtliches Gehör zu gewähren sowie die Bekanntmachung der Entscheidung gegenüber allen Verfahrensbeteiligten zu veranlassen (Hohmann, a.a.O.; LR-Jesse, a.a.O.; Radtke/Hohmann/Radtke, a.a.O.). Da dies in der Sache – vergleichbar mit dem Abhilfeverfahren nach § 306 Abs. 2 – eine von Amts wegen neue Entscheidung über den ursprünglich gestellten Antrag darstellt, ist sie auch im gleichen Maße wie die vorherige Entscheidung mit den ordentlichen Rechtsmitteln anfechtbar (überw. Meinung; vgl. HK-Rautenberg, a.a.O.; Hohmann, a.a.O.; KMR-Plöd, a.a.O.; LR-Jesse, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 26; Radt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?