Daniel Amelung, Lars Bachler
Das Wichtigste in Kürze:
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Die Gegenvorstellung kann formlos erhoben werden und ist grds. an keine Frist gebunden. |
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Sie sollte aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Klarstellung gleichwohl in Schriftform eingelegt werden. |
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Die Gegenvorstellung kann von jedem am Prozess Beteiligten erhoben werden. |
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Sie muss sich allerdings an den zuständigen Entscheidungsträger richten. |
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Schließlich wird ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis zu verlangen sein. |
Rdn 302
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Gegenvorstellung, Allgemeines, Teil B Rdn 274.
Rdn 303
1.a) Die Gegenvorstellung kann formlos erhoben werden (a.A. Wölfl StraFo 2003, 222, 225 ["schriftlich" unter Hinw. auf die Formulierung in Art. 17 GG]). Sie ist zudem – im Gegensatz zum Zivilverfahren (vgl. nur BGH NJW 2002, 1577; OLG Bremen MDR 2009, 889 OLG Dresden NJW 2006, 851; OLG Koblenz MDR 2008, 644; OLG Rostock MDR 2009, 49; [jew. zweiwöchige Notfrist gem. § 321a ZPO analog]) – grds. an keine Frist gebunden (ebenso für Form- und Fristlosigkeit statt vieler OLG Karlsruhe NStZ 1993, 88; Burhoff, EV, Rn 2084; HK-Rautenberg, § 296 Rn 3; Hohmann JR 1991, 10, 11; KK-Paul, vor § 296 Rn 4; LR-Jesse, vor § 296 Rn 78; Matt MDR 1992, 820, 824; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 23; Nöcker AO-StB 2011, 55, 57; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 7; Werner NJW 1991, 19, 20; Woesner NJW 1960, 2129, 2130).
Rdn 304
b) Letzteres gilt allerdings nicht ausnahmslos: Zunächst können unbefristete Rechtsbehelfe infolge Verwirkung unzulässig werden, wenn der Berechtigte längere Zeit hindurch untätig bleibt, obwohl er die Rechtslage kannte oder in zumutbarer Weise hätte kennen müssen (HK-Rautenberg, § 296 Rn 6; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 6 m.w.N.; s.a. BVerfG NStZ 2009, 166; vgl. ferner Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 11). So sind in der Rspr. bislang Gegenvorstellungen, die mit mehr als einjähriger (OLG Koblenz MDR 1985, 344) bzw. fünfzehnmonatiger (OLG Stuttgart NStZ 2002, 448 [Ls.]) Verspätung erhoben wurden, als verwirkt angesehen worden (krit. insoweit Wölfl StraFo 2003, 222, 226). Überdies wird in der höchstrichterlichen Rspr. bei Gegenvorstellungen gegen revisionsgerichtliche Entscheidungen nach § 349 Abs. 2 (i.V.m. § 349 Abs. 4) – sofern die Anhörungsrüge nach § 356a nicht greift – eine entsprechende Anwendbarkeit der einwöchigen Fristenschranke des § 356a S. 2 in Erwägung gezogen (BGH wistra 2006, 271; BGH, Beschl. v. 7.2.2006 – 5 StR 481/05; vgl. hierzu Beukelmann NJW-Spezial 2008, 344).
☆ Angesichts dessen kann dem Verteidiger im Zweifel nur angeraten werden, die Gegenvorstellung möglichst zeitnah und ggf. parallel zu anderen Rechtsbehelfen einzulegen.möglichst zeitnah und ggf. parallel zu anderen Rechtsbehelfen einzulegen.
Rdn 305
2. Hinweis für den Verteidiger!
Obwohl die Gegenvorstellung keiner Form bedarf, sollte sie trotzdem schriftlich erhoben werden, um so sicherzustellen, dass der Vorgang auch aktenkundig gemacht wird. Zum anderen sollte die Gegenvorstellung auch ausdrücklich als solche bezeichnet werden, um insbesondere in den Fällen, in denen die gerügte Entscheidung auch mittels einfacher Beschwerde gem. § 304 (→ Beschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 400) angefochten werden kann, zu verdeutlichen, dass eine abändernde Entscheidung des iudex a quo und gerade nicht eine (kostenpflichtige) Beschwerdeentscheidung der übergeordneten Instanz begehrt wird (Hohmann JR 1991, 10, 12; Holzinger StRR 2008, 208, 209 f.). Andernfalls besteht die Gefahr der Umdeutung nach § 300 (Burhoff, EV, Rn 2091).
Rdn 306
3. Die Gegenvorstellung kann, anders als bei Rechtsmitteln, wie z.B. der Beschwerde (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Beschwer, Teil A Rdn 1383), auch ohne den konkreten Nachweis einer persönlichen Beschwer bzw. Nachteils und daher von jedem am Strafprozess Beteiligten erhoben werden (OLG Schleswig NJW 1978, 1016 [Gegenvorstellung des Verteidigers nach Tod des Beschuldigten]; Burhoff, EV, Rn 2084; HK-Rautenberg, § 296 Rn 5; Holzinger StRR 2008, 208, 210; LR-Jesse, vor § 296 Rn 78; Matt MDR 1992, 820, 824; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 23; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 8; Werner NJW 1991, 19, 20; Wölfl StraFo 2003, 222, 226). Diese Befugnis steht also auch dem Verletzten zu (Matt, a.a.O.; s.a. Hohmann JR 1991, 10, 12 f. [für Fälle des § 172 Abs. 2 S. 3]; zum Begriff des Verletzten s. → Klageerzwingungsverfahren, Begriff des Verletzten, Teil B Rdn 541). Da die Gegenvorstellung Ausfluss des Petitionsrechts nach Art. 17 GG ist und sich in ihrem Anwendungsbereich originär auf die Verteidigung des Beschuldigten bzw. Angeklagten im Strafverfahren beschränkt, ist die StA – sofern man ihr mangels eigener Grundrechtsfähigkeit überhaupt das Recht zur Gegenvorstellung einräumen will – jedenfalls nicht befugt, diesen Rechtsbehelf zuungunsten anderer Verfahrensbeteiligten einzulegen (Matt, a.a.O.; Wölfl, a.a.O.; dagegen ohne Einschränkung Woesner NJW 1960, 2129, 2130).
☆ Da die Gegenvorstellung eine persönliche Beschwer nicht voraussetzt, hat sie gegenüber allen anderen...