Daniel Amelung, Lars Bachler
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Der Begriff des Justizverwaltungsaktes ist weiter als der des Verwaltungsaktes gem. § 35 VwVfG. |
2. |
Als Justizbehörde werden alle Behörden angesehen, die kraft Gesetzes Aufgaben wahrnehmen, die unmittelbar der Strafrechtspflege dienen. |
3. |
Zu den nach §§ 23 ff. EGGVG anfechtbaren Maßnahmen zählen auch schlichtes Verwaltungshandeln oder Realakte mit Außenwirkung, soweit diese geeignet sind, Rechte des Betroffenen zu verletzen. |
4. |
Hingegen sind Prozesshandlungen der Gerichte und der StA dem Anwendungsbereich der §§ 23 ff. EGGVG entzogen. |
5. |
Maßnahmen im Zusammenhang mit Auslieferungsersuchen anderer Staaten sind nicht erfasst. |
Rdn 318
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 310.
Rdn 319
1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist gem. § 23 Abs. 1 EGGVG eröffnet, wenn es um die Überprüfung einer von einer Justizbehörde (vgl. Rdn 320) (nicht) erlassenen Maßnahme, die zur Regelung einzelner Angelegenheiten (vgl. Rdn 322) auf dem Gebiet der Strafrechtspflege (vgl. Rdn 327) getroffen wird, geht.
Rdn 320
a) Der Begriff der Justizbehörde ist nach h.M. in einem funktionalen Sinn zu verstehen. Demnach werden als solche alle Behörden angesehen, die kraft Gesetzes Aufgaben wahrnehmen, die unmittelbar der Strafrechtspflege dienen (BVerwG NJW 1984, 2233, 2234; Meyer-Goßner/Schmitt, § 23 EGGVG Rn 2 m.w.N.). Dies bedeutet, dass Justizbehörden auch solche sind, die zwar ressortmäßig anderen Geschäftsbereichen angehören, aber kraft ausdrücklicher Bestimmung Aufgaben zu erfüllen haben, wie sie auch Justizbehörden im organisationsrechtlichen Sinn obliegen (LR-Böttcher, § 23 EGGVG Rn 2). Eine nur mittelbare Einflussnahme auf die Strafrechtspflege genügt hingegen nicht (BGH NJW 1989, 587,588; Kissel/Mayer, § 23 EGGVG Rn 14; Conrad, S. 155). Danach zählen zu den Justizbehörden vor allem:
Rdn 321
Übersicht: Justizbehörden
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die ordentlichen Gerichte, wenn sie in ihrer Eigenschaft als Organe der Justizverwaltung tätig werden. Gerichte stellen in ihrer rechtsprechenden Funktion keine Justizbehörden i.S.d. §§ 23 ff. EGGVG dar (BVerfG NJW 1979, 154, 155). Damit sind nicht nur Urteile oder Beschlüsse, einschließlich deren Wortwahl (VGH München NJW 1995, 2940), sondern auch alle diesen vorausgehenden gerichtlichen Maßnahmen (etwa Terminierung und Ladung) einer Kontrolle außerhalb der hierfür in der StPO vorgesehenen Rechtsbehelfe entzogen. Dies gilt auch für die in Zusammenhang mit der Rspr. erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen, wie Geschäftsverteilung durch das Präsidium (BVerwG NJW 1976, 1224, 1225; LR-Böttcher, § 23 EGGVG Rn 9), Schöffenwahl (OLG Stuttgart NJW 1985, 2343, 2344) und sitzungspolizeiliche Maßnahmen (OLG Hamburg NStZ 1992, 509). § 23 EGGVG schafft hierfür auch keinen Auffangtatbestand, falls das Strafverfahrensrecht Rechtsbehelfe gegen einzelne gerichtliche Maßnahmen nicht vorsieht. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil Art. 19 Abs. 4 GG keinen Rechtsschutz gegen Gerichte gewährt (LR-Böttcher, vor § 23 EGGVG, Rn 3). ☆ Für das Vorliegen von Akten der Rechtsprechung ist die Person des Handelnden (Richter, Rechtspfleger, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle) ohne Bedeutung (KG NJW-RR 1995, 637, 638; OLG Frankfurt/Main JurBüro 1976, 1701; Kissel/ Mayer , § 23 EGGVG Rn 9; s.a. → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Verweigerung von Akteneinsicht , Teil B Rdn 461 ).Person des Handelnden (Richter, Rechtspfleger, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle) ohne Bedeutung (KG NJW-RR 1995, 637, 638; OLG Frankfurt/Main JurBüro 1976, 1701; Kissel/Mayer, § 23 EGGVG Rn 9; s.a. → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Verweigerung von Akteneinsicht, Teil B Rdn 461). |
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die StA als Strafverfolgungs-, Anklage- und Vollstreckungsbehörde. Hier wird von der Rspr. aber eine wesentliche Einschränkung gemacht, als Maßnahmen, die im Rahmen eines laufenden Strafverfahrens ergehen (z.B. Einleitung des EV, Anklageerhebung, Einstellung), nicht als Justizverwaltungsakte, sondern als Prozesshandlungen angesehen werden, bei denen eine Anfechtbarkeit nach § 23 EGGVG von vornherein nicht in Betracht komme. Sowohl Begründung als auch Ergebnis dieser Auffassung werden im Schrifttum heftig kritisiert (Füßer/Viertel NStZ 1999, 118; Brete/Thomsen wistra 2008, 367; Eisenberg/Conen NJW 1998, 2241). Einigkeit besteht nur insoweit, dass im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG für Maßnahmen der StA bei der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen nach § 36 Abs. 2 und bei Grundrechtseingriffen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens eine Anfechtbarkeit – allerdings nicht notwendigerweise nach §§ 23 ff. EGGVG – gegeben sein muss (LR-Böttcher, § 23 EGGVG Rn 56; s.a. → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Maßnahmen im Ermittlungsverfahren, Teil B Rdn 400;→ Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Maßnahmen im Strafvollstreckungsverfahren, Teil B Rdn 417; → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Ver... |