Daniel Amelung, Lars Bachler
Rdn 476
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 310.
Rdn 477
1. Der Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG kann bei einer Anfechtung von Entscheidungen, die in Zusammenhang mit der Weitergabe und Aufbewahrung von Daten ergangen sind, in folgenden Fällen eröffnet sein:
Rdn 478
2.a) Lehnt das Bundesamt für Justiz als für die Führung des Bundeszentral- und Erziehungsregisters zuständige Stelle (§ 1 BZRG) eine den Betroffenen begünstigende Maßnahme ab, ist dies nach §§ 23 ff. EGGVG anfechtbar (vgl. a. Burhoff/Kotz/Küppers, Nachsorge, Teil E Rn 269 ff.).
Rdn 479
b) Hinsichtlich der Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ist zu unterscheiden:
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Betrifft die Ablehnung die vorzeitige Entfernung einer Eintragung nach §§ 10, 11 BZRG (§ 25 Abs. 1 BZRG), die Nichtaufnahme von Verurteilungen ins Führungszeugnis (§ 39 Abs. 1 BZRG), die Entfernung ausländischer Verurteilungen (§ 55 Abs. 2 BZRG) oder die vorzeitige Entfernung nach § 63 Abs. 3 BZRG bzw. Tilgung nach § 49 Abs. 1 BZRG ist zunächst ein Vorschaltverfahren nach § 24 Abs. 2 EGGVG durchzuführen (§§ 25 Abs. 2, 39 Abs. 3, 49 Abs. 3, 55 Abs. 2 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 BZRG). Dafür gilt:
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Die Beschwerde ist entspr. § 306 Abs. 1 schriftlich beim BZR einzulegen (Götz/Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, 4. Aufl. 2002, § 25 Rn 35) und unterliegt einer zweiwöchigen Frist. |
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Wiedereinsetzung ist nach §§ 44 analog möglich (Götz/Tolzmann, a.a.O., Rn 37). |
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Gem. § 25 Abs. 1 S. 2 EGGVG ist das KG als Gericht am Sitz der Beschwerdebehörde (BMJ) für den Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG zuständig. |
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Zu den Anforderungen an die Substantiierung eines Antrags gegen die Versagung der vorzeitigen Tilgung einer Eintragung im BZR siehe KG StRR 2013, 345. |
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Lehnt die Registerbehörde die Begünstigung in anderen Fällen ab (etwa die Tilgung nach Ablauf der Tilgungszeit oder Anträge nach § 48 BZRG) oder handelt es sich um sonstige belastende Maßnahmen, findet kein Vorverfahren statt (OLG Karlsruhe wistra 2003, 478 (479). Die Zuständigkeit für einen Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG liegt dann beim OLG Hamm, da das Bundesamt für Justiz seinen Sitz in Bonn (§ 1 Abs. 2 BfJG) und NW von der Möglichkeit des § 25 Abs. 2 EGGVG Gebrauch gemacht hat (Art. 1 § 12 JustG NW). |
Rdn 480
3. Die Löschung personenbezogener Daten i.S.d. § 489 (etwa im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister) kann nach §§ 23 ff. EGGVG verfolgt werden (OLG Dresden StV 2004, 68; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2010, 350, 351; OLG Hamburg StV 2009, 234, 235; OLG Zweibrücken NStZ 2007, 55). Werden solche Daten nach § 484 Abs. 4 für Zwecke künftiger Strafverfahren in Dateien der Polizeibehörden gespeichert, ist eine Löschung vor den Verwaltungsgerichten zu verfolgen (OVG Lüneburg Nds.VBl. 2008, 323).
Rdn 481
4. Den Anspruch auf Vernichtung von Kopien beschlagnahmter Schriftstücke kann der Betroffene nach Beendigung des Verfahrens gem. §§ 23 ff. EGGVG geltend machen (OLG Stuttgart NJW 1977, 2276, 2277). Eine Verfolgung des auf Naturalrestitution gerichteten Amtshaftungsanspruchs auf dem Zivilrechtsweg ist daneben ausgeschlossen (OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 30.11.2011 – 1 W 54/11). Vor Abschluss des Strafverfahrens verbleiben dem Betroffenen die allgemeinen Beschwerdemöglichkeiten der StPO. Werden Unterlagen nicht mehr für Zwecke des Strafverfahrens benötigt, aber gleichwohl bei den Polizeibehörden aufbewahrt, muss der Vernichtungsanspruch vor den Verwaltungsgerichten verfolgt werden (BGH NJW 1975, 2075, 2076 zu ED-Unterlagen).
Rdn 482
5.a) Abweichend von der früheren Rspr., die Mitteilungen von Gerichten oder StA an andere Behörden regelmäßig nicht als Justizverwaltungsakte ansah, weil ihnen die Außenwirkung fehle (OLG Karlsruhe NStZ 1988, 184; OLG Hamm NJW 1972, 2145), unterfallen solche nunmehr über § 22 EGGVG den Rechtsbehelfen der §§ 23 ff. EGGVG.
Rdn 483
b) Hierbei sind indessen Besonderheiten zu beachten:
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§ 22 EGGVG kommt nur zur Anwendung, wenn die Mitteilung ihre Rechtsgrundlage nicht im Verfahrensrecht der übermittelnden Stelle hat. |
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Darüber hinaus gehen den Rechtsschutz gegen die Übermittlung regelnde bereichsspezifische Regelungen vor. Dass diese fehlen, stellt indessen praktisch den Normalfall dar (KK-Mayer, § 22 EGGVG Rn 1). |
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Hat der Empfänger der Mitteilung dem Betroffenen aufgrund der übermittelten Daten schon vor Antragstellung eine Entscheidung oder andere Maßnahme bekannt gegeben, entfällt der Rechtsschutz nach §§ 23 ff. EGGVG. Die Rechtswidrigkeit kann dann nur vor dem Gericht, das gegen die Entscheidung oder Maßnahme des Empfängers angerufen werden kann, in der dafür vorgesehenen Verfahrensart überprüft werden (§ 22 Abs. 1 S. 2 EGGVG). |
Rdn 484
c) In der Praxis kommen §§ 22, 23 EGGVG besondere Relevanz bei der Übermittlung einer verkehrsstrafrechtlichen Verurteilung durch die StA an das Kraftfahrt-Bundesamt mit daraus folgender Verwarnung durch die Führerscheinstelle (anschaulich dazu OLG Jena NStZ-RR 2006, 321). Dazu gilt: