Das Wichtigste in Kürze:

1. Für die gerichtliche Überprüfung einer Sperrerklärung ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet.
2. Zur Beseitigung einer Sperrerklärung kommen verschiedene Klagearten in Betracht; wesentliche sachliche Unterschiede ergeben sich hieraus nicht.
3. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht für die Beteiligten des Strafverfahrens nur, wenn die Behörde die Sperrerklärung auf ein Beweisverlangen des Strafgerichts hin erlassen hat.
4. Für den Fall der Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist nach § 42 Abs. 2 VwGO Voraussetzung, dass der Kläger eine Verletzung eigener Rechte geltend machen kann.
5. Darüber hinaus muss der Kläger ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis geltend machen können.
6. Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 68 VwGO bedarf es auch bei Durchführung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage wegen § 68 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht.
 

Rdn 687

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Sperrerklärung, Rechtsmittel, Teil B Rdn 677.

 

Rdn 688

1. Für die gerichtliche Überprüfung einer Sperrerklärung ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, die keinem anderen Gericht durch Gesetz ausdrücklich zugewiesen ist (siehe hierzu, insbesondere zur Abgrenzung zu §§ 23 ff. EGGVG, → Sperrerklärung, Rechtsmittel, Teil B Rdn 684; s.a. noch → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 309, m.w.N).

 

Rdn 689

2.a) Welche Klageart für das verwaltungsgerichtliche Streitverfahren statthaft ist, bestimmt sich nach dem jeweils verfolgten Klageziel. Hier kommen verschiedene Begehren in Betracht: So kann es ausreichen, die Sperrerklärung zu beseitigen, da die Behörde dann die Vorlage der fraglichen Akten oder die Erteilung der gewünschten Auskünfte nicht mehr verweigern kann. Darüber hinaus kann die Aktenvorlage bzw. Auskunftserteilung unmittelbar oder jedenfalls die Verpflichtung der Behörde hierzu erstritten werden. Eine Festlegung auf eine bestimmte Klageart ist in der verwaltungsgerichtlichen Rspr. nicht auszumachen (s. etwa BVerwG NJW 1984, 2233 f. [offen gelassen, ob Vorlage gesperrter Akten mit einer Verpflichtungs- oder sonstigen Leistungsklage zu erreichen sei oder ob ein mit Anfechtungs- oder negativer Feststellungsklage zu verfolgender Abwehranspruch bestehe]; ebenso BVerwG NJW 1987, 202, 203; DVBl 2006, 851, 852 [dem Kläger, der eine Anfechtungsklage vor dem VG erhoben hatte, stehe eine "statthafte Klageart zur Verfügung"]; s. auch VGH Mannheim NJW 1991, 2097 [offen gelassen]; VG Berlin StV 2004, 251, 252 [erhobene Anfechtungsklage zulässig]; VG Dresden, Urt. v. 8.11.2002 – 7 K 1894/02 [Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, zumindest aber … Feststellungs- oder Leistungsklage]; VG Stuttgart NJOZ 2006, 4582 [offen gelassen]; VG Weimar NVwZ-RR 2002, 394, 395 [offen gelassen]).

 

Rdn 690

b) Die Auswirkungen der mit den unterschiedlichen Klagezielen verbundenen Klagearten sind in der Praxis allerdings begrenzt. Denn für keine der in Betracht kommenden Klageformen bestehen bei der Überprüfung einer Sperrerklärung nach § 96 besondere Sachurteilsvoraussetzungen, deren Nichterfüllung zur Unzulässigkeit der Klage führen könnte (vgl. BVerwG NJW 1984, 2233, 2234; VG Weimar NVwZ-RR 2002, 394, 395). Insbesondere ist wegen § 68 Abs. 1 Nr. 1 VwGO kein Vorverfahren erforderlich, da die Sperrerklärung nach § 96 von der obersten Dienstbehörde erlassen wird (BVerwG, a.a.O., s.a. BGHSt 41, 36, 37 f.; → Sperrerklärung, Begründetheit einer Klage, Teil B Rdn 625). Entsprechendes gilt für die Einhaltung einer Klagefrist nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO. Die Frist wird mangels Bekanntgabe der Sperrerklärung an die Beteiligten des Strafprozesses für diese nicht in Gang gesetzt (BVerwG NJW 1984, 2233, 2234). Auch beim einstweiligen Rechtsschutz ergeben sich keine Unterschiede (→ Sperrerklärung, einstweiliger Rechtsschutz, Teil B Rdn 654).

 

☆ Zur Sicherheit sollte für den Fall, dass das Gericht eine andere als die gewählte Klageart für statthaft hält, ein Hinweis erbeten werden.Hinweis erbeten werden.

 

Rdn 691

3. Über die in Betracht kommenden Klageziele und die Klagearten, mit denen das jeweilige Ziel verfolgt werden kann (siehe die Übersichten bei BVerwG NJW 1984, 2233, 2234 und VG Weimar, NVwZ-RR 2002, 394, 395) informiert folgender

 

Rdn 692

 

Überblick:

Wird die Sperrerklärung als Verwaltungsakt angesehen (vgl. LR-Menges, § 96 Rn 72), kann dieser mit der Anfechtungsklage beseitigt werden. Der Behörde steht in diesem Fall die aus § 96 folgende Berechtigung, die Vorlage der begehrten Akten oder die Erteilung der gewünschten Auskünfte zu verweigern, nicht mehr zu.
Wird die Sperrerklärung nicht als Verwaltungsakt, sondern als Verwaltungsinternum qualifiziert (so VGH Kassel NJW 2014, 240), kann ihre Rechtmäßigkeit mit einer Feststellungsklage überprüft werden. Ist die Sperrerklärung rechtswidrig, genügt diese Feststellung, um ein weiteres Weigerungsrecht der Behörd...

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