Dr. Harald Lemke-Küch, Dr. Michael Ch. Jakobs
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Ein Berufsverbot kann aufgeschoben oder ausgesetzt werden. |
2. |
Auf andere Maßregeln ist § 456c StPO nicht entsprechend anwendbar. |
3. |
Im Regelfall wird erst auf Antrag des Verurteilten entschieden. |
4. |
Bei Entscheidungen über den Aufschub oder die Aussetzung eines Berufsverbots können Einwendungen gegen Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde erhoben werden, Gerichtsbeschlüsse sind mit der (sofortigen) Beschwerde anfechtbar. |
Rdn 17
Literaturverzeichnis:
s. die Hinw. bei → Berufsverbot, Allgemeines, Teil B Rdn 2 m.w.N.
Rdn 18
1. Ein Berufsverbot kann aufgeschoben oder ausgesetzt werden (§ 456c StPO; vgl. a. Meyer-Goßner/Schmitt, § 456c Rn 1 ff.). Darüber entscheidet während der Hauptverhandlung – spätestens bis zum Ende der HV, frühestens mit "Erlass des Urteils" (§ 456c Abs. S. 1 StPO) – das erkennende Gericht. Die Entscheidung ergeht gem. §§ 463 Abs. 6 S. 1, 462 Abs. 1 S. 1 StPO durch Beschluss. Nach Rechtskraft des Urteils bzw. der Berufsverbotsanordnung ist die Vollstreckungsbehörde zuständig. Mit Anträgen usw. muss sich der Verteidiger an die StA (§ 456c Abs. 2 StPO) wenden, die die alleinige Befugnis hat, die Vollstreckung auszusetzen oder zu unterbrechen. Zuständig ist nicht ein Rechtspfleger, sondern ein Staatsanwalt (§§ 31 Abs. 1 RPflG, 1 Abs. 1 S. 1 BegrVO der StA; KMR/Stöckel, § 456c Rn 10).
Rdn 19
2. § 456c StPO enthält einen allein auf einen Aufschub oder eine Aussetzung des Berufsverbots beschränkten Regelungsgehalt.
☆ Auf andere Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB oder auf Fahrverbote (§ 44 StGB, § 25 StVG) ist § 456c StPO auch dann nicht entsprechend anwendbar , wenn die mit Rechtskraft der Anordnung verbundenen Rechtsfolgen sich praktisch wie ein Berufsverbot auswirken, wie z.B. bei einem Berufskraftfahrer, der infolge des Fahrverbots seinen Arbeitsplatz verliert (KMR/ Stöckel , § 456c Rn 2; SK-StPO/ Wolter , § 456c Rn 3; sowie zu § 44 StGB: OLG Köln NJW 1987, 80).nicht entsprechend anwendbar, wenn die mit Rechtskraft der Anordnung verbundenen Rechtsfolgen sich praktisch wie ein Berufsverbot auswirken, wie z.B. bei einem Berufskraftfahrer, der infolge des Fahrverbots seinen Arbeitsplatz verliert (KMR/Stöckel, § 456c Rn 2; SK-StPO/Wolter, § 456c Rn 3; sowie zu § 44 StGB: OLG Köln NJW 1987, 80).
Rdn 20
3.a) Auch wenn für § 456c StPO grds. der Amtsermittlungsgrundsatz (Meyer-Goßner/Schmitt, § 456c Rn 2) gilt, wird im Regelfall jedoch erst auf Antrag des Verurteilten bzw. eines/Bevollmächtigten/Verteidigers geprüft, ob eine Aussetzung oder ein Aufschub des Berufsverbot bis zu sechs Monaten (456c Abs. 3 S. 2 StPO) nach Rechtskraft (§ 70 Abs. 4 S. 1 StGB) in Betracht kommen.
Rdn 21
b)aa) Voraussetzung für den Erfolg eines solchen Antrags ist, dass das sofortige Wirksamwerden des Berufsverbots für den Verurteilten oder seine Angehörigen eine erhebliche, außerhalb seines Zweckes liegende, durch späteres Wirksamwerden vermeidbare Härte bedeuten würde (§ 456c Abs. 1 S. 1 StPO).
☆ Vergleichbar den Voraussetzungen des § 456 Abs. 1 StPO bei einem vorübergehenden Strafaufschub ist die Feststellung einer besonderen, mit der sofortigen Vollstreckung des. Berufsverbots verbundenen, Härte für den Verurteilten oder/und seine Angehörigen erforderlich. Begrifflich entspricht die erhebliche Härte des § 456c Abs. 1 StPO im Wesentlichen demjenigen der erheblichen Nachteile i.S.d. § 456 StPO (KK- Appl , § 456c Rn 4; SSW-StPO/ Hanft , § 456c Rn 3)."erhebliche Härte" des § 456c Abs. 1 StPO im Wesentlichen demjenigen der "erheblichen Nachteile" i.S.d. § 456 StPO (KK-Appl, § 456c Rn 4; SSW-StPO/Hanft, § 456c Rn 3).
Rdn 22
cc) Die entstehenden Belastungen persönlicher/wirtschaftlicher Art müssen über die mit dem Berufsverbot ohnehin funktional gewollten Belastungenhinausgehen und sind beschränkt auf die Person des Verurteilten sowie dessen Angehörige. Belastungen sonstiger Dritter (z.B. Arbeitgeber) zählen nicht (KMR/Stöckel, § 456c Rn 5; SK-StPO/Wolter, § 456c Rn 4).
☆ Nur neue , nachRechtskraft entstandene, Umstände dürfen berücksichtigt werden; eine nachträgliche Korrektur der gerichtlichen Entscheidung ist – selbst wenn sie fehlerhaft gewesen sein sollte – unzulässig (allg.M.: vgl. SK-StPO/ Wolter , § 456c Rn 9)., nachRechtskraft entstandene, Umstände dürfen berücksichtigt werden; eine nachträgliche Korrektur der gerichtlichen Entscheidung ist – selbst wenn sie fehlerhaft gewesen sein sollte – unzulässig (allg.M.: vgl. SK-StPO/Wolter, § 456c Rn 9).
Rdn 23
bb) Einen erheblichen, den Aufschub begründenden Nachteil kann z.B. die zwingende Anwesenheit zwecks Suche eines Nachfolgers oder Vertreters oder, bei Selbstständigen, zur geordneten Auflösung des bislang betriebenen Geschäfts (KK-Appl, § 456c Rn 4; s. dazu auch OLG Frankfurt am Main NStZ 1989, 93) darstellen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Nachteile vom Verurteilten selbst herbeigeführt wurden (OLG Schleswig NStZ 1989, 93; SSW-StPO/Hanft, § 456 Rn 3). Ob – wie bei § 456 StPO – auch Krankheiten, bspw. die Erkrankung des Ehepartners bei zu versorg...