Dr. Harald Lemke-Küch, Dr. Michael Ch. Jakobs
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Obwohl ein als Folge strafrechtlicher Sanktion verhängtes Berufsverbot nach §§ 70 ff. StGB grds. für jeden Beruf in Betracht kommen kann, sind bei bestimmten Berufsgruppen die Auswirkungen regelmäßig weiterreichend und gehen über die infolge der strafgerichtlichen Ahnung ohnehin schon eingetretenen Belastungen hinaus. |
2. |
Häufige Folge von Berufsverboten ist die Anordnung verwaltungs- oder disziplinarrechtlicher Maßnahmen sowie die Einleitung berufsgerichtlicher Verfahren. |
3. |
Die Verhängung eines Berufsverbots nach § 70 StGB setzt bei Rechtsanwälten, Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern wie jedem Täter voraus, dass die ihm durch seinen Beruf gegebenen Möglichkeiten planmäßig zur Begehung einer Straftat eingesetzt wurden. |
4. |
Zwischen einem strafrechtlichen Berufsverbot für Ärzte/Apotheker/Tierärzte/Zahnärzte und einem daraus möglicherweise folgenden Approbationswiderruf besteht ein Sachzusammenhang. |
5. |
Besonderheiten gelten für Amtsträger (Beamte/Richter/Soldaten usw.). |
6. |
Ähnliches gilt für Notare (§ 49 BNotO). |
7. |
Bei dem Geschäftsführer einer GmbH oder dem Vorstandsmitglied einer AG ist § 70 Abs. 3 StGB zu beachten. |
8. |
Für Gewerbetreibende hat die Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots (§ 132a Abs. 1 StPO) Bedeutung, da diese Anordnung einem strafgerichtlichen Urteil gleichgestellt ist (§ 35 Abs. 3 S. 3 GewO). |
Rdn 35
Literaturverzeichnis:
s. die Hinw. bei → Berufsverbot, Allgemeines, Teil B Rdn 2 m.w.N. und den Stichwörtern in Teil H: Personen- und Berufsgruppen, Fahrerlaubnisrecht.
Rdn 36
1. Obwohl ein als Folge strafrechtlicher Sanktion verhängtes Berufsverbot nach §§ 70 ff. StGB grds. für jeden Beruf in Betracht kommen kann, sind bei bestimmten Berufsgruppen die Auswirkungen regelmäßig weiterreichend und gehen über die infolge der strafgerichtlichen Ahnung ohnehin schon eingetretenen Belastungen hinaus. Betroffen davon sind insbesondere neben Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern auch Ärzte, Apotheker, Amtsträger sowie z.B. Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstandsmitglieder einer AG.
☆ Die Verteidigung eines Mandanten in einem Strafverfahren, in dem die Verhängung eines Berufsverbots in Betracht kommt, muss frühzeitig die Folgen beachten, die dem Mandanten in einem (nachfolgenden) Disziplinarverfahren oder in einem verwaltungs- bzw. berufsgerichtlichen Verfahren drohen.
Kenntnisse der jeweiligen verwaltungsrechtlichen oder berufsrechtsspezifischen Materie sind daher ebenso notwendig wie verfahrensrechtliche und materiell rechtliche Kenntnisse aus StPO und StGB bei einer Vertretung in Disziplinarverfahren oder in berufsgerichtlichen Verfahren.
Rdn 37
2. Häufige Folge von Berufsverboten ist die Anordnung verwaltungs- oder disziplinarrechtlicher Maßnahmen sowie die Einleitung berufsgerichtlicher Verfahren. Bei einigen Berufsgruppen (z.B. Rechtsanwälten, Steuerberatern, Ärzten, Apothekern) verbleibt zudem ein berufsrechtlicher Überhang, der unabhängig von der strafgerichtlichen Beurteilung bei schwerwiegenden Berufspflichtverletzungen die Verhängung eines (vorläufigen) Berufs-und Vertretungsverbots ermöglicht (vgl. die Ausführungen bei der jeweiligen Berufsgruppe in Teil H). Berufsgerichte wie Verwaltungsbehörden können (daher) nach anderen Vorschriften selbstständig und unabhängig von einer strafgerichtlichen Ahndung gem. § 70 StGB die Berufsausübung untersagen (Fischer, § 70 Rn 17). Dem Strafverfahren gebührt aber im Allgemeinen der Vorrang (vgl. BGHSt 33, 155).
Rdn 38
3.a) Die Verhängung eines Berufsverbots nach § 70 StGB setzt bei Rechtsanwälten, Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern wie jedem Täter voraus, dass die ihm durch seinen Beruf gegebenen Möglichkeiten planmäßig zur Begehung einer Straftat eingesetzt wurden. Ein Missbrauch anwaltlicher, steuerberaterlicher oder vergleichbarer Berufstätigkeit i.S.d. § 70 StGB liegt allerdings nur dann vor, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen. Die ein Berufsverbot auslösende strafbare Handlung muss daher immer einen berufstypischen Zusammenhang erkennen lassen (BGH StV 2008, 80; vgl. a. die Ausführungen bei der jeweiligen Berufsgruppe in Teil H).
Rdn 39
b) Die Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer treffenden Berufspflichten sowie die Voraussetzungen für ihre mögliche Ausschließung aus dem Beruf sind überwiegend parallel geregelt. Sie decken sich weitgehend, einschließlich der Bestimmungen über den Widerruf der Zulassung bzw. der Bestellung, (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO, § 21 Abs. 2 Nr. 2 PAO, § 46 Abs. 2 Nr. 2 StBerG, § 20 Abs. 2 Nr. 2 WPO). Insoweit lassen sich die vom BGH für die Rechtsanwaltschaft entwickelten Maßstäbe auf die übrigen Berufsgruppen übertragen (vgl. auch → Rechtsanwälte, Strafrecht, Allgemeines, Teil H Rdn 948 ff. m.w.N.).
Rdn 40
Strafrechtliches Berufsverbot und berufsgerichtliche Rechtsprechung ve...