Das Wichtigste in Kürze:

1. Anlass für die Verhängung eines Berufsverbots nach § 70 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB besteht, wenn jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt wird.
2. Die Rspr. stellt strenge Anforderungen an den Nachweis eines Missbrauchs.
3. Vergleichbar rigide sind die Voraussetzungen für eine Gefahrenprognose.
 

Rdn 83

 

Literaturverzeichnis:

s. die Hinw. bei → Berufsverbot, Allgemeines, Teil B Rdn 2 m.w.N.

 

Rdn 84

Zum besseren Verständnis der mit Rechtskraft eines Berufsverbots entstehenden Nachsorgeaufgaben werden dessen wesentliche Voraussetzungen im Folgenden kurz erläutert:

 

Rdn 85

1. Anlass für die Verhängung eines Berufsverbots nach § 70 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB besteht, wenn jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt wird.

 

Rdn 86

Hinzukommen muss die Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten, also die Missbrauchsprognose künftigen strafbaren Verhaltens in Beruf oder Gewerbe oder entsprechend strafbarer grober Pflichtverletzungen (§ 70 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB).

 

Rdn 87

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, insbesondere der mit der Verhängung eines Berufsverbots regelmäßig verbundene Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit, setzt dem Tatgericht enge Grenzen bei der Ermessensausübung. Selbst bei Vorliegen der formellen und materiellen Voraussetzungen für die Anordnung eines Berufsverbots unterliegt das erkennende Gericht dem Gebot pflichtgemäßer Ermessensausübung (BGH wistra 1982, 68). Dazu gehört auch die Prüfung, ob die Anordnung der Maßregel erforderlich ist und ob ggf. ein milderes Mittel, eine weniger einschneidende Rechtsfolge ausreichen kann (BGH wistra 2008, 60; MüKo-StGB/Athing/Bockemühl, § 70 Rn 26; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 70 Rn 18).

 

Rdn 88

2. Die Rspr. stellt strenge Anforderungen an den Nachweis eines Missbrauchs. Ein Täter muss unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit dazu ausnutzen, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen (BGH wistra 2003, 423). Dazu genügt ein bloß äußerer Zusammenhang in dem Sinne, dass der Beruf des Täters lediglich die Möglichkeit gibt, Straftaten zu begehen, nicht. Die strafbare Handlung muss vielmehr

Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit sein
und einen berufstypischen Zusammenhang erkennen lassen (BGH a.a.O.); im konkreten Fall hatte der BGH es nicht ausreichen lassen, dass ein Fahrschullehrer von sechs Schülern Bargeldbeträge in Höhe einer insgesamt vierstelligen (DM-)Summe betrügerisch erlangt hatte (vgl. auch BGHSt 22,144).
 

Rdn 89

3. Vergleichbar rigide sind die Voraussetzungen für eine Gefahrenprognose. Bei einem Täter, der erstmalig wegen einer Anlasstat straffällig geworden ist, gelten für die Annahme seiner weiteren Gefährlichkeit besonders strenge Maßstäbe. Insbesondere ist zu prüfen, ob nicht bereits die Verurteilung zu Strafe den Täter von weiteren Taten abhalten wird (z.B. OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003, 113 = NJW 2003, 1753).

 

Rdn 90

Ein Berufsverbot darf somit nur verhängt werden, wenn die Gefahr besteht,

dass der Täter auch in Zukunft den Beruf, dessen Ausübung ihm verboten werden soll,
zur Verübung erheblicher Straftaten missbrauchen wird (OLG Oldenburg NJW-RR 1997, 1287).
Die vom Tatrichter auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung abzustellende Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit muss zu der Überzeugung führen, dass die Gefahr, d.h. die Wahrscheinlichkeit künftiger ähnlicher Rechtsverletzungen gegeben ist (OLG Oldenburg, a.a.O.; OLG Koblenz OLGSt StGB § 70 Nr. 1).

Siehe auch: → Berufsverbot, Allgemeines, Teil B Rdn 1 m.w.N.

[Autor] Lemke-Küch

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