Dr. Harald Lemke-Küch, Dr. Michael Ch. Jakobs
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
§ 35 Abs. 4 BtMG normiert sowohl für den Verurteilten als auch für die behandelnden Personen und Einrichtungen besondere Mitteilungs- und Nachweispflichten. |
2. |
Der Verurteilte ist gem. § 35 Abs. 4 Hs. 1 BtMG verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde nach ihrem Ermessen festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen. |
3. |
Im Gegensatz zu den Mitteilungspflichten des Verurteilten sind die behandelnden Personen oder Einrichtungen gem. § 35 Abs. 4 Hs. 2 BtMG nur verpflichtet, einen Therapieabbruch mitzuteilen, nicht hingegen den Nichtantritt der Therapie. |
Rdn 180
Literaturhinweise:
s. die Hinweise bei → BtM-Verfahren, Zurückstellung, Allgemeines, Teil B Rdn 92.
Rdn 181
1. § 35 Abs. 4 BtMG normiert sowohl für den Verurteilten (vgl. Rdn 182) als auch für die behandelnden Personen und Einrichtungen besondere Mitteilungs- und Nachweispflichten (vgl. Rdn 183 ff.).
Rdn 182
2. Der Verurteilte ist gem. § 35 Abs. 4 Hs. 1 BtMG verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde nach ihrem Ermessen festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen. Die Nachweispflicht soll den ordnungsgemäßen Ablauf der Behandlung gewährleisten und rechtzeitige Interventionen der Vollstreckungsbehörde bei Unregelmäßigkeiten ermöglichen (BT-Drucks 8/4283, S. 8). Die Nachweispflicht besteht nur, wenn die Vollstreckungsbehörde bestimmte Zeitpunkte dafür festgesetzt hat; von sich aus muss der Verurteilte nicht tätig werden (MüKo-StGB/Kornprobst, § 35 BtMG Rn 182). Auch wenn der Nachweis nach dem Gesetzeswortlaut von dem Verurteilten zu erbringen ist, reicht in der Regel eine schriftliche Bestätigung der Therapieeinrichtung aus. Der Inhalt der Nachweispflicht wird in § 35 Abs. 4 Hs. 1 BtMG abschließend beschrieben. Danach sind lediglich die Aufnahme und die Fortführung der Behandlung nachzuweisen. Ein Nachweis über die Fortschritte der Therapie oder sonstige Interna der Behandlung sind nicht vorgeschrieben. Es genügt, wenn die äußere Fortsetzung der Behandlung belegt wird (Weber, § 35 Rn 227).
☆ Davon zu unterscheiden sind aber weitere ggf. angeordnete Auskunfts- und Mitteilungspflichten im Rahmen zulässiger Auflagen und Bedingungen des Zurückstellungsbescheides, die die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Zurückstellung sicherstellen sollen (→ BtM-Verfahren, Zurückstellung , Verfahren, Teil B Rdn 206 ).unterscheiden sind aber weitere ggf. angeordnete Auskunfts- und Mitteilungspflichten im Rahmen zulässiger Auflagen und Bedingungen des Zurückstellungsbescheides, die die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Zurückstellung sicherstellen sollen (→ BtM-Verfahren, Zurückstellung, Verfahren, Teil B Rdn 206).
Erbringt der Verurteilte den Nachweis über die Aufnahme und die Fortführung der Behandlung nicht zu den festgesetzten Zeitpunkten, so kann die Zurückstellung der Vollstreckung gem. § 35 Abs. 5 S. 1 BtMG widerrufen werden (→BtM-Verfahren, Zurückstellung, Widerruf, Teil B Rdn 220).
Rdn 183
3. Im Gegensatz zu den Mitteilungspflichten des Verurteilten sind die behandelnden Personen oder Einrichtungen gem. § 35 Abs. 4 Hs. 2 BtMG nur verpflichtet, einen Therapieabbruch mitzuteilen, nicht hingegen den Nichtantritt der Therapie. Diese Mitteilungspflicht der behandelnden Personen durchbricht ihre berufliche Schweigepflicht gem. § 203 StGB, so dass sie sich durch die Mitteilung nicht strafbar machen (Weber, § 35 Rn 249). Durch die Kollision zwischen betäubungsmittelrechtlicher Meldepflicht und beruflicher Schweigepflicht ergibt sich aber, dass der Umfang der Meldepflicht eng auszulegen ist (Malek, 5. Kap. Rn 64) und der Vollstreckungsbehörde nur die Tatsache, nicht aber die Gründe des Behandlungsabbruchs in der Regel mitzuteilen sind (Malek, 5. Kap. Rn 64). Der Gegenansicht (Körner/Patzak/Volkmer/Patzak, § 35 Rn 424; MüKo-StGB/Kornprobst, § 35 BtMG Rn 195), die vertreten, es sei auch eine Mitteilung der Hintergründe des Abbruchs notwendig, um sachgerecht und differenziert über die Möglichkeiten des Widerrufs und/oder den Erlass eines Vollstreckungshaftbefehls oder eben mildere Maßnahmen entscheiden zu können, ist nicht zu folgen. Weitergehende Mitteilungspflichten zu den Hintergründen des Abbruchs lassen sich schon dem Wortlaut des § 35 Abs. 4 Hs. 2 BtMG, der eben aufgrund der o.g. Kollision mit der Schweigepflicht eng auszulegen ist, nicht entnehmen.
Rdn 184
Mitzuteilen ist zudem auch nur ein endgültiger Abbruch der Therapie, nicht aber jeder Rückfall und jedes kurzfristige Verlassen der Behandlungseinrichtung gegen den Willen der behandelnden Personen. Wann ein solch endgültiger Abbruch vorliegt, ist im Gesetz nicht definiert. Als endgültige Abbruch ist nach allgemeiner Ansicht aber erst ein Verhalten zu verstehen, aus dem der Schluss gezogen werden kann, dass der Proband die Therapie nicht fortsetzen bzw. die Therapieeinrichtung die Behandlung des Patienten nicht fortsetzen will (OLG Kobl...