Dr. Harald Lemke-Küch, Dr. Michael Ch. Jakobs
Rdn 311
Literaturhinweise:
Kamann, Handbuch für die Strafvollstreckung und den Strafvollzug, 2. Aufl. 2008, Rn 254; Röttle/Wagner, Strafvollstreckung, Rn 136 ff.
Volckart/Pollähne/Wagner, Verteidigung in Vollstreckung und Vollzug, 4. Aufl. 2008, Rn 387 ff.
Rdn 312
1. Die – teilweise durchaus komplizierte – Strafzeitberechnung, obliegt dem Rechtspfleger bei der StA, der hierzu ein Computerprogramm nutzt. Für jede selbstständige Strafe ist die Strafzeit getrennt zu berechnen; Grundsätze zur Berechnungsweise finden sich in den §§ 37 StVollstrO (vgl. auch die Berechnungsbeispiele bei Röttle/Wagner, Rn 136 ff.).
Rdn 313
2. Der Rechtspfleger hat bei der Berechnung insbesondere auch darauf zu achten, dass etwaig verbüßte U-Haft und andere freiheitsentziehende Maßnahmen in derselben Sache angerechnet werden. Hierzu gehören etwa
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Unterbringung gem. §§ 81, 126 a StPO, |
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HV-Haft gem. § 230 StPO, |
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Auslieferungshaft, |
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im Ausland vollstreckte Strafe wegen derselben Tat, § 51 Abs. 3 StGB (mit Ausspruch des Anrechnungsmaßstabes im zugrundeliegenden Urteil; ggf. Nachholung gem. § 458 StPO im Beschlusswege möglich), |
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Disziplinararrest gem. § 15 WDO. |
Rdn 314
3. Die Strafzeitberechnung kann während laufender Vollstreckung immer wieder korrekturbedürftig sein, so etwa bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung oder einem Krankenhausaufenthalt des Verurteilten nach Beginn des Vollzuges (§ 461 StPO).
☆ Im Falle eines Krankenhausaufenthaltes ist zu unterscheiden: Anrechenbar ist die Zeit, wenn ein Verurteilter in ein außerhalb des Vollzuges befindliches Krankenhaus verbracht wurde. Keine Anrechnung findet statt, wenn der Klinikaufenthalt nach zuvor gewährter Strafunterbrechung wegen schwerer Erkrankung erfolgte (OLG Hamm, Beschl. v. 26.2.2008 – 3 Ws 65/08).Krankenhausaufenthaltes ist zu unterscheiden: Anrechenbar ist die Zeit, wenn ein Verurteilter in ein außerhalb des Vollzuges befindliches Krankenhaus verbracht wurde. Keine Anrechnung findet statt, wenn der Klinikaufenthalt nach zuvor gewährter Strafunterbrechung wegen schwerer Erkrankung erfolgte (OLG Hamm, Beschl. v. 26.2.2008 – 3 Ws 65/08).
Rdn 315
4. Sind mehrere Freiheitsstrafen bzw. freiheitsentziehende Maßnahmen zu vollstrecken, ist gem. § 43 StVollstrO die Reihenfolge zu bestimmen. Danach gilt, dass kürzere Freiheitsstrafen grundsätzlich vor den längeren, wobei allerdings zunächst Strafen bis zwei Monate und sodann widerrufene Strafreste zu vollstrecken sind. Bei gleichlangen Strafen geht es chronologisch nach Datum der Rechtskraft. Ersatzfreiheitsstrafen werden immer zuletzt vollstreckt, da sich der Verurteilte durch Zahlung befreien kann.
☆ Der Verurteilte kann ein evidentes Interesse an einer Abweichung von der grds. vorgesehenen Vollstreckungsreihenfolge haben, so wenn er z.B. neben einer zweijährigen Freiheitsstrafe, deren Zurückstellung gem. § 35 BtMG er begehrt, noch eine oder mehrere Ersatzfreiheitsstrafen zu verbüßen hat. In einem solchen Fall sollte er einen entsprechenden Antrag an die zuständige Vollstreckungsbehörde stellen, da diese die angeordnete Reihenfolge aus wichtigem Grund ändern kann (§ 43 Abs. 4 StPO).Verurteilte kann ein evidentes Interesse an einer Abweichung von der grds. vorgesehenen Vollstreckungsreihenfolge haben, so wenn er z.B. neben einer zweijährigen Freiheitsstrafe, deren Zurückstellung gem. § 35 BtMG er begehrt, noch eine oder mehrere Ersatzfreiheitsstrafen zu verbüßen hat. In einem solchen Fall sollte er einen entsprechenden Antrag an die zuständige Vollstreckungsbehörde stellen, da diese die angeordnete Reihenfolge aus wichtigem Grund ändern kann (§ 43 Abs. 4 StPO).
Rdn 316
5. I.Ü. hat der Rechtspfleger bei mehreren zu verbüßenden Strafen dafür Sorge zu tragen, dass er nach Maßgabe des § 454b StPO eine jeweilige Unterbrechung zum Halbstrafen- bzw. Zweidritteltermin veranlasst. Hier hat die Vollstreckungsbehörde bereits vorab zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorliegen, der Verurteilte also Erstverbüßer ist. Im Übrigen wird für jede zu vollstreckende Strafe ein Halbstrafen- bzw. Zweidritteltermin berechnet mit der Folge, dass nach Erreichung des Zeitpunktes die erste Strafe unterbrochen und sodann die nächstfolgende Strafe – ebenfalls nur bis zum genannten Termin – verbüßt wird (zu den unterschiedlichen Berechnungsmethoden vgl. Röttle/Wagner, Rn 144 ff.). Ist der gemeinsame Halbstrafen- oder Zweidritteltermin erreicht, erfolgt die Prüfung einer bedingten Entlassung unter den Voraussetzungen des § 57 StGB.
Rdn 317
6. Bei Zweifeln über oder Einwendungen gegen die Strafzeitberechnung entscheidet das Gericht, § 458 StPO.
Siehe auch: → Erwachsene, Freiheitsstrafe ohne Bewährung, Allgemeines, Teil B Rdn 253 m.w.N.; → Erwachsene, Freiheitsstrafe ohne Bewährung, Aussetzung der Reststrafe, Allgemeines, Teil B Rdn 260; → Erwachsene, Freiheitsstrafe ohne Bewährung, Aussetzung der Reststrafe, Halbstrafe, Teil B Rdn 266; → Erwachsene, Freiheitsstrafe ohne Bewährung, Aussetzung der Reststrafe, Zweidrittel, Teil B Rdn 2...