Dr. Harald Lemke-Küch, Dr. Michael Ch. Jakobs
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Das Recht der internationalen Vollstreckung ist von zahlreichen Rechtsquellen aus dem Völkerrecht und nationalem Recht geprägt. |
2. |
Rechtsquellen für die internationale Vollstreckung sind im Wesentlichen bilaterale und multilaterale Verträge. |
3. |
Die Suche nach der einschlägigen Rechtsvorschrift kann sich wegen der zahlreichen Möglichkeiten des internationalen Rechts als mühsam erweisen. |
Rdn 674
Literaturhinweise:
Hass, Die Schengener Abkommen und ihre strafprozessualen Implikationen, 2001
Arnold, Grenzüberschreitende Strafverfolgung in Europa, 2015
Schomburg/Lagodny, Richtlinien für den Strafverteidiger in Strafverfahren mit Auslandsbezug, StV 1992, 239
Rüther, Strafverteidigung von Ausländern, 1999, S. 114 ff.
s.a. die Hinw. bei → Ausländer, Allgemeines, Teil H Rdn 149.
Rdn 675
1. Das Recht der internationalen Vollstreckung hat sich im Rahmen der Rechtshilfe im Völkerrecht entwickelt und ist inzwischen in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen sowie im "Gesetz "über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen v. 27.6.1994 (IRG)“ (BGBl. I S. 1537). Für die strafrechtliche Nachsorge sind zwei Konstellationen von besonderem Interesse, nämlich:
▪ |
einerseits die Vollstreckung eines deutschen Urteils in einem anderen Staat (i.d.R. gegen einen Staatsangehörigen dieses Landes) (→ Internationale Vollstreckung, Vollstreckung im Ausland, Teil B Rdn 702), |
▪ |
andererseits die Vollstreckung eines ausländischen Urteils (Erkenntnis) in Deutschland (→ Internationale Vollstreckung, Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, Teil B Rdn 679). |
☆ Die Vorgehensweise bei der Anwendung dieser Normen unterscheidet sich freilich je nachdem, welche Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem betreffenden Staat bestehen. Besondere Vorschriften gelten daher insbesondere, wenn Rechtshilfe innerhalb der Europäischen Union geleistet werden soll.Vorgehensweise bei der Anwendung dieser Normen unterscheidet sich freilich je nachdem, welche Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem betreffenden Staat bestehen. Besondere Vorschriften gelten daher insbesondere, wenn Rechtshilfe innerhalb der Europäischen Union geleistet werden soll.
Rdn 676
2.a) Rechtsquellen für die internationale Rechtshilfe, die jeweils im Einzelfall geprüft werden müssen, sind:
▪ |
multilaterale Verträge, insbesondere das Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983 (ÜberstÜbk), die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und Art. 67–69 des Durchführungsübereinkommens zum Schengener Abkommen (SDÜ) |
▪ |
bilaterale Verträge, die auch nur der Interpretation und Konkretisierung multilateraler Übereinkommen dienen können (sog. isolierte bilaterale Übereinkommen) |
▪ |
nationale Gesetze zur Umsetzung völkerrechtlicher Bindungen, insbesondere das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) und das Überstellungsausführungsgesetz (ÜAG) |
▪ |
Richtlinien für den Auslandsverkehr in Strafsachen (RiVASt), insbesondere die Nrn. 105 ff. |
Rdn 677
b) Dabei genießen multilaterale Übereinkommen gegenüber bilateralen Verträgen Anwendungsvorrang. Allerdings sind neben den isolierten bilateralen Übereinkommen Ergänzungsverträge, Zusatzprotokolle sowie Vorbehalte oder Erklärungen zu bestimmten Regelungen anzuwenden, die die Geltung des multilateralen Übereinkommens beeinflussen können. Soweit keine internationalen Regelungen getroffen sind, hat das IRG mit seinen nationalen Regelungen Auffangfunktion, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verfahrensregelungen. Dies gilt auch, wenn keine völkerrechtlichen Abkommen zwischen Deutschland und dem betreffenden Staat bestehen.
☆ Die Regelungen des IRGtreten i.Ü. gegenüber internationalen Regelungen zurück , wenn diese – wie z.B. das ÜberstÜbk – unmittelbar anwendbares nationales Recht geworden sind (§ 1 Abs. 3 IRG) (BGH NJW 2014, 2209).Regelungen des IRGtreten i.Ü. gegenüber internationalen Regelungen zurück, wenn diese – wie z.B. das ÜberstÜbk – unmittelbar anwendbares nationales Recht geworden sind (§ 1 Abs. 3 IRG) (BGH NJW 2014, 2209).
Rdn 678
3. Die Suche nach der einschlägigen Rechtsvorschrift kann sich wegen der zahlreichen Möglichkeiten des internationalen Rechts als mühsam erweisen.
☆ Übersichten und Tabellen für die einzelnen Länder sind im Fundstellennachweis B des Bundesgesetzblatt II, Anhang 2 (Länderteil) oder den RiVASt zu finden.
Sehr hilfreich sind auch die folgenden Aufstellungen im Internet:
▪ |
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz http://www.links-fuer-juristen.de/ |
▪ |
Max-Planck-Institut https://www.mpicc.de/de/organisation/wissenschaft/referat/sachreferate/europarecht.html |
▪ |
Bundesamt für Justiz https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Gerichte_Behoerden/IRS/Rechtshilfe_node.html |
Siehe auch: → Erwachsene, Vollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 426 m.w.N.; → Internationale Rechtshilfe, Vollstreckung ausländischer UrteileTeil B Rdn 679; → Internationale Rechtshilfe, Vollstreckung im Ausland, Teil B Rdn 702; → Ausländer, A...