Dr. Harald Lemke-Küch, Dr. Michael Ch. Jakobs
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Nach § 463 Abs. 1 StPO gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung die Vorschriften über die Strafvollstreckung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist. |
2. |
Aus den Zuständigkeitsvorschriften des anwendbaren § 462a StPO ergibt sich: Entscheidungen sind von der StVK zu treffen, in deren Bezirk die Maßregelvollzugseinrichtung sich befindet, in die der Untergebrachte aufgenommen ist. |
3. |
Abweichungen zu den §§ 450 ff StPO können sich aus dem Verfahrensrecht aber auch aus dem materiellen Recht ergeben. |
4. |
Für die Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) kann grds. unter den Voraussetzungen des § 455 StPO Aufschub und Unterbrechung gewährt werden. |
5. |
Für ein nachträgliche Entscheidung über die Änderung der Reihenfolge der Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Maßregel und einer in demselben Verfahren verhängten Freiheitsstrafe nach § 67 Abs. 3 StGB ist grds. das Gericht der ersten Rechtszugs zuständig. |
6. |
Neben den Vorschriften über die Anrechnung von U-Haft (und der Organisationshaft) besteht mit § 67 Abs. 4 StGB eine besondere Vorschrift über die Anrechnung des Maßregelvollzugs auf eine daneben verhängte Freiheitsstrafe. |
Rdn 1180
Literaturhinweise:
S. die Hinweise bei → Maßregeln, Erwachsene, Allgemeines, Teil B Rdn 959 m.w.N.
Rdn 1181
1.a) Nach § 463 Abs. 1 StPO gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung die Vorschriften über die Strafvollstreckung (→ Erwachsene, Strafvollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 426) sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Rdn 1182
Somit gelten insbesondere folgende Vorschriften:
Rdn 1183
b) Hieraus ergibt sich: Mit Eintritt der formellen Rechtskraft sind Urteile, mit denen eine Maßregel verhängt worden ist, zu vollstrecken, soweit der Vollstreckung keine Vollstreckungshindernisse entgegenstehen (§ 449 StPO). Vollstreckungsbehörde ist die StA, bei der für die Maßregelvollstreckung besonders geschulte Rechtspfleger zuständig sein können.
Rdn 1184
Sollten Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Entscheidung bestehen, steht dies zwar grds. einer Vollstreckung nicht entgegen, indes ist dann zu prüfen, ob Entscheidungen nach §§ 67, 67a, 67d StGB (z.B. Änderung der Vollstreckungsreihenfolge, Überweisung in eine andere Maßregel, Aussetzung zur Bewährung oder Erledigterklärung) herbeizuführen sind (→ Maßregeln, Erwachsene, Erledigterklärung, Teil B Rdn 1047; → Maßregeln, Erwachsene, Überweisung, Teil B Rdn 1135; → Maßregeln, Erwachsene, Vorwegvollzug, Teil B Rdn 1140). I.Ü. wären auch die übrigen strafprozessualen Maßnahmen zur Korrektur unrichtiger Entscheidungen (z.B. die Wiederaufnahme, § 359 Nr. 5 StPO) zu prüfen (vgl. dazu Burhoff/Kotz/Amelung/Werning, Teil B: Rn 1285 ff.).
Rdn 1185
2. Aus den Zuständigkeitsvorschriften des anwendbaren § 462a StPO ergibt sich: Entscheidungen sind von der StVK zu treffen, in deren Bezirk die Maßregelvollzugseinrichtung sich befindet, in die der Untergebrachte aufgenommen ist. Zuständig ist die StVK dann auch bei Unterbrechung oder bedingten Entlassung und sie bleibt auch fortwirkend zuständig nach vollständiger Verbüßung (§ 462a Abs. 1 S. 2 StPO). Die Zuständigkeit einer mit einer konkreten Entscheidung befassten StVK bleibt auch bei Aufnahme des Verurteilten in eine Anstalt im Bezirk einer anderen StVK bis zur endgültigen Entscheidung erhalten (BGH NStZ 1993, 100).
Rdn 1186
3. Abweichungen zu den §§ 450 ff StPO können sich aus dem Verfahrensrecht aber auch aus dem materiellen Recht ergeben.
Rdn 1187
a) Für die Anwendung der §§ 453, 454 StPO gilt Folgendes:
Rdn 1188
aa) Wurde eine Unterbringung gem. § 67b StGB zur Bewährung ausgesetzt, entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges über einen Bewährungswiderruf nach § 67g StGB. Hiervon abweichend kann auch die StVK zuständig sein, wenn die verurteilte Person sich bereits in einer freiheitsentziehenden Maßnahme befindet (§ 462a Abs. 1 S. 1 StPO). Wurde die (weitere) Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt, entscheidet die StVK über einen Bewährungswiderruf nach § 67g StGB (§ 462a Abs. 1 S. 2 StPO); die StVK führt auch die Bewährungsaufsicht.
Rdn 1189
bb) Die nach § 453 StPO zu treffenden Entscheidungen ergehen durch Beschluss, der zu begründen ist (OLG Hamm NStZ-RR 2009, 260: Enthält der Beschluss keinerlei Begründung, ist der Beschluss aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen).
Rdn 1190
Nach § 453 Abs. 2 S. 2 StPO sind die StA und der Verurte...