Daniel Hagmann, Monika Oerder
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
PKH wird erst nach der Zustellung der Menschenrechtsbeschwerde an die gegnerische Partei für das sich dann anschließende Verfahren bewilligt. |
2. |
Die Bewilligung setzt die Notwendigkeit der Vertretung sowie die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers voraus. |
3. |
Die bewilligte PKH wirkt grds. im Verfahren vor der Großen Kammer fort und kann bei Änderungen der zugrunde liegenden Verhältnisse jederzeit abgeändert werden. |
4. |
Die Pauschsätze der PKH stellen einen Beitrag zu den Kosten der Prozessvertretung dar und schließen darüber hinausgehende weitere Ansprüche nicht aus. |
Rdn 234
Literaturhinweise:
→ Menschenrechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 2, m.w.N.
Rdn 235
1. Im Verfahren vor dem EGMR kann auf Antrag oder von Amts wegen PKH gewährt werden (Art. 105 bis 110 VerfO-EGMR). Der Kammerpräsident kann einem Beschwerdeführer PKH bewilligen, nachdem der belangte Vertragsstaat zur Zulässigkeit der Beschwerde hatte Stellung nehmen können (Art. 105 Abs. 1 VerfO-EGMR). Daher genügt es, einen beabsichtigten Antrag auf Bewilligung von PKH erst zu diesem Zeitpunkt zu stellen.
☆ Für die Einlegung der Menschenrechtsbeschwerde und das Verfahren vor Zustellung der Beschwerdeschrift an die gegnerische Partei wird PKH nicht gewährt.vor Zustellung der Beschwerdeschrift an die gegnerische Partei wird PKH nicht gewährt.
Rdn 236
2.a) Die Bewilligung von PKH setzt voraus, dass sie für die ordnungsgemäße Prüfung der Rechtssache vor der Kammer notwendig ist und der Beschwerdeführer über nicht genügend eigene finanzielle Mittel verfügt, um die anfallenden Kosten ganz oder teilweise zu begleichen, Art. 106 VerfO-EGMR.
Rdn 237
b) Die Notwendigkeit zur ordnungsgemäßen Prüfung setzt gewisse Schwierigkeiten der Sach- oder der Rechtslage voraus. Vom Vorliegen hinreichender Schwierigkeiten kann nach Zustellung der Menschenrechtsbeschwerde an die gegnerische Partei im Verfahren vor der Kammer ausgegangen werden, da Art. 36 Abs. 2 VerfO-EGMR die Vertretung des Beschwerdeführers durch einen Rechtsbeistand ab diesem Zeitpunkt als Normalfall annimmt (→ Menschenrechtsbeschwerde, Verfahrensablauf, Verfahren vor der Kammer, Teil C Rdn 385).
☆ Bei einer positiven Bescheidung der Menschenrechtsbeschwerde durch das Komitee auf der Basis gesicherter Rechtsprechung gem. Art. 28 Abs. 1 Buchst. b) EMRK (→ Menschenrechtsbeschwerde, Verfahrensablauf nach Beschwerdeeingang , Teil C Rdn 358 ) ist die Notwendigkeit der Vertretung des Beschwerdeführers grds. nicht gegeben. In diesen Verfahren wird PKH daher nicht gewährt (Karpenstein/Mayer/ Schäfer , Art. 34 EMRK Rn 12).positiven Bescheidung der Menschenrechtsbeschwerde durch das Komitee auf der Basis gesicherter Rechtsprechung gem. Art. 28 Abs. 1 Buchst. b) EMRK (→ Menschenrechtsbeschwerde, Verfahrensablauf nach Beschwerdeeingang, Teil C Rdn 358) ist die Notwendigkeit der Vertretung des Beschwerdeführers grds. nicht gegeben. In diesen Verfahren wird PKH daher nicht gewährt (Karpenstein/Mayer/Schäfer, Art. 34 EMRK Rn 12).
Rdn 238
c) Die Überprüfung der finanziellen Situation des Beschwerdeführers dahin gehend, ob dessen unzureichende Vermögensverhältnisse die Bewilligung von PKH zulassen, erfolgt auf Grundlage eines Erklärungsformulars, in dem der Beschwerdeführer Angaben zu seinem Einkommen, seinem Kapitalvermögen und seinen finanziellen Verpflichtungen machen muss (Art. 107 Abs. 1 S. 1 VerfO-EGMR). Entsprechende Unterlagen mit weiteren Erläuterungen erhält der Beschwerdeführer auf seinen Antrag auf PKH zugesandt.
Rdn 239
Obwohl die Verfahrensordnung vorsieht, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von einer nationalen Stelle bestätigt wird, ist dies i.d.R. nicht erforderlich (Grote/Marauhn/Schorkopf, Kap. 30 Rn 87). Es steht dem Gerichtshof offen, dem belangten Vertragsstaat auch hinsichtlich der Bewilligung der PKH Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Art. 107 Abs. 2 VerfO-EGMR). I.Ü. entscheidet der Kammerpräsident nach Erhalt der Unterlagen und unterrichtet die Parteien über seine Entscheidung, Art. 107 Abs. 3 VerfO-EGMR.
Rdn 240
3. Die bewilligte PKH wirkt grds. im Verfahren vor der Großen Kammer fort (Art. 105 Abs. 2 VerfO-EGMR). Liegen die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr vor, kann der Kammerpräsident die Bewilligung der PKH jederzeit zurücknehmen oder abändern (Art. 110 VerfO-EGMR).
Rdn 241
4. Die PKH umfasst die Vergütung des Rechtsbeistands und kann darüber hinaus auch Fahrt- und Aufenthaltskosten sowie andere notwendige Auslagen des Beschwerdeführers oder seines bestellten Vertreters wie etwa Übersetzungskosten umfassen (Art. 108 Abs. 2 VerfO-EGMR). Vergütungen werden allerdings nur an Rechtsbeistände oder sonst gem. Art. 36 Abs. 4a VerfO-EGMR als Rechtsvertreter zugelassene Person ausgezahlt. Die Höhe der Auszahlung – hinsichtlich des Honorars "entsprechend der geltenden Tarife" – bestimmt sodann der Kanzler (Art. 109 VerfO-EGMR). Derzeit beträgt die Vergütung im Rahmen der PKH für das schriftliche Verfahren 850,00 EUR.