Dr. Andreas Geipel, Daniel Hagmann
Rdn 298
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Menschenrechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 1
→ Menschenrechtsbeschwerde, EGMR – Verfahrensgrundsätze, Teil C Rdn 126.
Rdn 299
1. Die Streichung aus der Liste seiner laufenden Fälle kann der Gerichtshof gemäß Art. 37 EMRK unter bestimmten Umständen jederzeit während des Verfahrens beschließen. Einzelheiten zum Verfahren regelt Art. 43 VerfO-EGMR.
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2. Eine Streichung aus der Liste steht dem Gerichtshof offen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht weiter zu verfolgen beabsichtigt (Art. 37 Abs. 1 Buchst. a) EMRK). Auf dieser Grundlage nimmt der EGMR z.B. Streichungen im Register vor, wenn der Beschwerdeführer Anfragen des Gerichtshofs nicht beantwortet (EGMR, Entsch. v. 30.9.2010 – 35524/06 [Artemi und Gregory/22 EU-Staaten]; vgl. a. Ziff. 8b der Verfahrensanordnung zum Beschwerdeverfahren). Ein solcher Verzicht muss eindeutig feststehen (EGMR [GK], Entsch. v. 4.10.2006 – 76642/01 [Association SOS Attands/Frankreich Nr. 30], NJOZ 2007, 5200 m.w.N.). Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Beschwerdeführer die Beschwerde ausdrücklich zurücknimmt (EGMR, Urt. v. 13.7.2010 – 6909/08 u.a. [Alipour u.a./Türkei Nr. 46 f.]).
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3. Der Gerichtshof streicht eine Beschwerde außerdem dann aus dem Register, wenn die Umstände Grund zur Annahme geben, dass die Streitigkeit einer Lösung zugeführt worden ist (Art. 37 Abs. 1b EMRK). Dies ist der Fall, wenn die tatsächlichen Umstände, die Anlass zu der Beschwerde gegeben haben, nicht mehr vorliegen und die Folgen einer auf diesen Umständen beruhenden Konventionsverletzung beseitigt worden sind (EGMR [GK], Entsch. v. 4.10.2006 – 76642/01 [Association SOS Attentats u.a./Frankreich Nr. 32], NJOZ 2007, 5200 m.w.N.). Das ist regelmäßig der Fall in folgenden
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wenn ein Aufenthaltsstatut legalisiert werden kann (EGMR [GK], Urt. v. 15.1.2007 – 60654/00 [Sisojeva u.a./Lettland Nr. 98 ff.], NVwZ 2008, 979 m.w.N.; Entsch. v. 6.3.2012 – 42293/06 [Hasan Atmaca/Deutschland]) |
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oder wenn infolge eines Piloturteils eine Regelung gefunden wurde, die das zugrunde liegende Problem löst (Karpenstein/Mayer/Wenzel, Art. 37 EMRK Rn 6 m.w.N., → Menschenrechtsbeschwerde, Urteil, Rechtswirkungen, Teil C Rdn 347). |
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wenn zwischen den Parteien eine gütliche Einigung herbeigeführt wurde; die Streichung aus der Liste erfolgt sodann gemäß Art. 39 Abs. 3 EMRK (→ Menschenrechtsbeschwerde, Einigungsverfahren, Teil C Rdn 143). |
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4. Schließlich eröffnet Art. Art. 37 Abs. 1c EMRK die Möglichkeit der Streichung einer Beschwerde, wenn der EGMR Grund zur Annahme hat, dass die weitere Prüfung der Beschwerde aus anderen von ihm festgestellten Gründen nicht gerechtfertigt ist. Dies kann etwa der Fall sein (s. im Einzelnen die Rechtsprechungsübersicht in EGMR [GK], Entsch. v. 4.10.2006 – 76642/01 [Association SOS Attands/Frankreich Nr. 37], NJOZ 2007, 5200), wenn der Beschwerdeführer verstorben ist und kein naher Verwandter das Verfahren weiter betreiben will, dem Gerichtshof dies nicht oder verspätet mitgeteilt wird oder bei einer Erledigung des Vorgangs aufgrund einseitiger Erklärung des belangten Vertragsstaats (→ Menschenrechtsbeschwerde, Einigungsverfahren, Teil C Rdn 146).
☆ Auch das Verfahren eines Beschwerdeführers, der entgegen den Vorgaben der Verfahrensordnung (s. dort Art. 36) keinen Anwalt bestellt hat, hat der Gerichtshof bereits auf dieser Grundlage eingestellt (EGMR, Entsch. v. 7.2.2006 – 69364/01 [ Grimaylo /Ukraine]).keinen Anwalt bestellt hat, hat der Gerichtshof bereits auf dieser Grundlage eingestellt (EGMR, Entsch. v. 7.2.2006 – 69364/01 [Grimaylo/Ukraine]).
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5.a) In der Möglichkeit der Streichung oder der Wiederaufnahme eines Falles aus dem bzw. in das Register ist der EGMR flexibel: Art. 37 Abs. 1 S. 2 EMRK erlaubt ihm, die Prüfung einer Sache fortzusetzen, wenn dies – soweit durch die EMRK geschützt – die Achtung der Menschenrechte erfordert. Dies kann über den reinen Individualschutz etwa bei schwersten Menschenrechtsverletzungen hinaus dann der Fall sein, wenn Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden und allgemeine Standards für den Menschenrechtsschutz zu entwickeln sind (EGMR, Urt. v. 7.1.2010 – 25965/04 [Rantsev/Zypern und Russland Nr. 194 bis 197], NJW 2010, 3003 – zum Menschenhandel; Meyer-Ladewig, Art. 37 EMRK Rn 9). Nach Art. 37 Abs. 2 EMRK kann der Gerichtshof die Wiedereintragung einer Beschwerde im Register anordnen, wenn er dies den Umständen nach für gerechtfertigt hält.
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b) Die Streichung aus der Liste einer bereits für zulässig erklärten Beschwerde die nicht im Rahmen einer gütlichen Einigung vorgenommen wird, erfolgt aufgrund ihrer Bedeutung (→ Menschenrechtsbeschwerde, Urteil/Entscheidung, Teil C Rdn 323) in Form eines Urteils, anderenfalls erfolgt sie als Entscheidung vorgenommen (Art. 43 Abs. 3 VerfO-EGMR). Mit der Streichung aus der Liste entscheidet der EGMR über die Kosten nach seinem Ermessen (Art. 43 Abs. 4 VerfO-EGMR). Bei ein...