Das Wichtigste in Kürze:

1. Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder der Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann Rechtsmittel zum EuGH eingelegt werden.
2. Das Rechtsmittel ist auf Rechtsfragen beschränkt.
3. Neue Anträge können im Rechtsmittelverfahren nicht gestellt werden.
4. Rechtsmittel können die Parteien, Streithelfer sowie Mitgliedstaaten und Unionsorgane einlegen.
5. Die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels beträgt zwei Monate ab Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
6. Das Rechtsmittel wird durch Einreichung eines entsprechenden Schriftsatzes bei der Kanzlei des EuGH oder des Gerichts eingelegt.
7. Das Rechtsmittel kann zunächst fristwahrend per Fax oder E-Mail eingelegt werden.
8. Auch die Rechtsmittelbeantwortung unterliegt formellen Vorgaben.
9. Das Rechtsmittelverfahren besteht wie das erstinstanzliche Verfahren aus einem schriftlichen und einem mündlichen Verfahren (Art. 59 S. 1 Satzg-EuGH).
10. Ist das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder unbegründet, kann der EuGH das Rechtsmittel jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise zurückweisen.
11. Das Rechtsmittel hat grds. keine aufschiebende Wirkung.
12. Neben dem Rechtsmittelverfahren stehen den Betroffenen und den Parteien als Rechtsbehelfe die Drittwiderspruchsklage bzw. das Wiederaufnahmeverfahren zur Verfügung.
 

Rdn 631

 

Literaturhinweise:

Wägenbauer, Die Prüfungskompetenz des EuGH im Rechtsmittelverfahren, EuZW 1995, 199

s.a. die Hinw. bei → Nichtigkeitsklage, Allgemeines, Teil C Rdn 458.

 

Rdn 632

1.a) Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder der Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann Rechtsmittel zum EuGH eingelegt werden (Art. 56 Abs. 1 Satzg-EuGH). Insoweit ist unerheblich, ob die Entscheidung als Urteil oder als Beschluss ergangen ist; rechtsmittelfähig sind auch die verfahrensbeendenden Entscheidungen des EuG nach Klagerücknahme, Erledigung der Hauptsache, Urteilsauslegung (→ Nichtigkeitsklage, Urteil, Teil C Rdn 693), Wiederaufnahme des Verfahrens (Rdn 668 ff.) oder nach Drittwiderspruchsklage (Rdn 666 f.) (Pechstein, Rn 236). Ein Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung oder die Kostenfestsetzung ist nicht zulässig (→ Nichtigkeitsklage, Kosten, Teil C Rdn 590, 597).

 

Rdn 633

b) Statistisch gesehen werden etwa 30 % der anfechtbaren Entscheidungen des EuG durch Rechtsmittel angefochten (Jahresbericht 2011, S. 215). Rund 80 % der Rechtsmittel aus dem Jahr 2011 waren dabei erfolglos (Jahresbericht 2011, S. 217).

 

Rdn 634

2. Das Rechtsmittel ist auf Rechtsfragen beschränkt (Art. 256 Abs. 1 Unter Abs. 2 AEUV). Es kann nur auf die Unzuständigkeit des Gerichts, einen Verfahrensfehler, durch den die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden und auf die Verletzung des Unionsrechts durch das Gericht gestützt werden (Art. 58 Abs. 1 S. 2 Satzg-EuGH).

 

Rdn 635

Auch die im ersten Rechtszug geprüften Rechtsfragen können im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn der Rechtsmittelführer die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet; könnte eine Partei ihr Rechtsmittel nicht auf vor dem Gericht bereits geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (EuGH, Urt. v. 21.9.2010 – C-514/07 P u.a. [Schweden u.a./API und Kommission Nr. 116], Slg. 2010 I, 8533).

 

☆ Neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel können nur vorgebracht werden, wenn sie auf tatsächliche oder rechtliche Umstände gestützt werden, die erst im Lauf des Verfahrens zutage getreten sind, Art. 127 Abs. 1, 190 Abs. 1 VerfO-EuGH). Dann kann dies auch außerhalb der regulären Schriftsatzfristen erfolgen. oder Verteidigungsmittel können nur vorgebracht werden, wenn sie auf tatsächliche oder rechtliche Umstände gestützt werden, die erst im Lauf des Verfahrens zutage getreten sind, Art. 127 Abs. 1, 190 Abs. 1 VerfO-EuGH). Dann kann dies auch außerhalb der regulären Schriftsatzfristen erfolgen.

 

Rdn 636

3. Die Rechtsmittelanträge können allein die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts oder die vollständige oder teilweise Aufrechterhaltung der im ersten Rechtszug gestellten Anträge zum Gegenstand haben (Art. 169 Abs. 1 VerfO-EuGH; s. etwa EuGH, Urt. v. 15.11.2012 – C-539/10 P u.a. [Stichting Al Aqsa/Rat u.a. Nr. 44: bloße Änderung der Urteilsbegründung], EuGRZ 2013, 41). Neue Anträge können im Rechtsmittelverfahren nicht gestellt werden Insbesondere kann das Rechtsmittel nicht den Streitgegenstand, wie er vor Gericht anhängig war, verändern (Art. 170 Abs. 1 S. 2 VerfO-EuGH). Dementsprechend dürfen die Anträge der Rechtsmittelbeantwortung allein die vollständige oder teilweise Zur...

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