Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Fortdauer von Unterbringungen nach § 63 StGB wird mindestens jährlich, die einer Unterbringung nach § 64 StGB mindestens halbjährlich überprüft.
2. Zuständig ist bei einem Erwachsenen die große StVK, in deren Bezirk die Anstalt liegt, in welcher der Verurteilte untergebracht ist.
3. Der Verurteilte ist im Überprüfungsverfahren mündlich anzuhören (§§ 463 Abs. 3 S. 1, 454 Abs. 1 S. 3 StPO.
4. Der Verteidiger muss auf Einhaltung der gesetzlichen Überprüfungsfristen achten.
5. Das Ergebnis der Überprüfung muss vor Ablauf der Frist des § 67e Abs. 2 StGB feststehen und dem Untergebrachten auch mitgeteilt werden.
6. Um immer wiederkehrenden – querulatorischen – Anträgen auf Überprüfung zuvorzukommen, kann die StVK gem. § 67e Abs. 3 S. 2 innerhalb der Höchstfristen des § 67e Abs. 2 StGB Fristen bestimmen, vor deren Ablauf ein erneuter Antrag auf Überprüfung der Maßregel unzulässig.
7. Ob im Falle eines Entweichens aus der Unterbringung die Dauer des Entweichens den Fristlauf hemmt, ist umstritten.
8. Das Verfahren zur Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung ist in §§ 463 Abs. 3 i.V.m. 454 StPO geregelt.
9. Gegen den ablehnenden Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 454 Abs. 3 StPO) zulässig.
 

Rdn 40

 

Literaturhinweise:

S. die Hinweise bei → Maßregelvollzug, Allgemeines, Teil C Rdn 2.

 

Rdn 41

1.a) Das Gesetz sieht Mindest-Prüffristen vor: In den Fällen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) prüft das Gericht mindestens jährlich, in den Fällen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) mindestens halbjährlich die Frage, ob die Maßregel fortdauern oder ausgesetzt bzw. für erledigt erklärt werden soll (§ 67e Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StGB). Die Unterbringung nach § 64 StGB muss spätestens nach zwei Jahren enden (§ 67d Abs. 1 StGB; zur (str.) Verlängerungsmöglichkeit S. → Maßregelvollzug, Allgemeines, Teil C Rdn 1), die Unterbringung gem. § 63 StGB ist unbefristet (zur Reform der Fristen s. Walter ZRP 2014, 103, 106 mit konkreten Vorschlägen).

 

Rdn 42

b) Das Gericht kann aber selbstverständlich – insbesondere auf Antrag des Verteidigers – zu jedem beliebigen Zeitpunkt ("jederzeit"; § 67e Abs. 1 StGB) die Fortdauer der Maßregel prüfen bzw. die gesetzlichen Fristen kürzen (§ 67e Abs. 3 S. 1 StGB; → Maßregeln, Erwachsene, Überprüfung, Teil B Rdn 1116).

 

Rdn 43

c) Aktuelle Reformvorschläge gehen dahin, auch die Prüffristen in den Fällen der Unterbringung nach § 63 StGB auf sechs Monate zu verkürzen (vgl. Walter ZRP 2014, 103, 106, da keine sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung mit den nach § 64 StGB Untergebrachten erkennbar sei) und den Zeitraum zur Einholung eines Sachverständigengutachtens von derzeit fünf (vgl. § 463 Abs. 4 StPO) auf zwei Jahre zu verkürzen (vgl. Walter ZRP 2014, 103, 106 unter Verweis auf http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/20130715_Eckpunkte_Reformvorschlaege_Unterbringungsrecht.pdf).

 

Rdn 44

2. Zuständig ist bei einem Erwachsenen die große StVK, in deren Bezirk die Anstalt liegt, in welcher der Verurteilte untergebracht ist (§§ 463 Abs. 3, 454, 462a Abs. 1 StPO), bei Jugendlichen der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter (→ Maßregeln, Jugendliche, Teil B Rdn 1215; vgl. zu allem a. Fischer, § 67d Rn 26).

 

Rdn 45

3. Einzig die fortbestehende Gefährdung der Allgemeinheit rechtfertigt die Unterbringung im Maßregelvollzug, nicht aber eine ungünstige Krankheitsprognose. Denn längst nicht jeder psychisch kranke Mensch ist gefährlich. Ob die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung oder ihre Erledigterklärung erfolgt, hängt bei der unbefristeten Unterbringung gem. § 63 StGB im Wesentlichen von der Legalprognose (zur Terminologie Barton/Pollähne, 2006) ab (s.a. → Maßregeln, Erwachsene, Bewährung, Teil B Rdn 1002; → Maßregeln, Erwachsene, Erledigterklärung, Teil B Rdn 1047; → Maßregelvollzug, Bewährungsaussetzung, Teil C Rdn 17; → Maßregelvollzug, Erledigung der Maßregel, Teil C Rdn 30). Die Legalprognose ist die prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit (zu den Einzelheiten → Maßregelvollzug, Prognosegutachten, Teil C Rdn 133).

 

Rdn 46

4.a) Der Verurteilte ist im Überprüfungsverfahren mündlich anzuhören (§§ 463 Abs. 3 S. 1, 454 Abs. 1 S. 3 StPO (OLG Frankfurt NStZ-RR 2010, 188; vgl. a. u. Rdn 66 ff.).

 

Rdn 47

b) Anhörungstermine zu Fortdauerentscheidungen verlaufen, wenn keine besonderem Umstände vorliegen, meist wie folgt: Der Verteidiger und der zuständige Berichterstatter der StVK bzw. der gesamte Spruchkörper (vgl. dazu unten Rdn 48), der behandelnde Arzt und der Verurteilte sitzen zur Anhörung zusammen, in deren Rahmen eine häufig max. 15-minütige Besprechung über den aktuellen Sachstand beim Verurteilten stattfindet, in der insbesondere die gesundheitliche Entwicklung, die Therapiefortschritte und die Zukunftsaussichten und -pläne des Untergebrachten besprochen werden. Die Entscheidung durch Beschluss ergeht meist im Bürowege, etwa ein bis zwei Wochen später erhalten der Verteidiger und der Untergebrach...

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