Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Rechtsweg nach §§ 109 ff. StVollzG ist eröffnet, wenn es um die Überprüfung einer Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiete des Strafvollzugs geht (§ 109 Abs. 1 StVollzG).
2. Zu den Maßnahmen i.S. des § 109 StVollzG zählen auch mündliche Anweisungen.
3. Mangels Regelung nicht anfechtbar sind hingegen bloße Meinungsäußerungen, Mitteilungen, Merkblätter, Belehrungen, Ermahnungen und Auskünfte. Der Vollzugsplan als solcher ist grds. auch nicht anfechtbar.
4. Ein Einzelfall liegt auch bei einer sogenannten Allgemeinverfügung, die einen konkreten Sachverhalt für einen größeren Personenkreis regelt, vor. Der Inhalt einer Hausordnung ist aber nur anfechtbar, wenn sich die beanstandete Regelung unmittelbar auf die Rechtsstellung des Antragstellers auswirkt.
5. Die Maßnahme muss auf dem Gebiet des Strafvollzugs oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung erfolgen.
 

Rdn 200

 

Literaturhinweise:

Bung, Informationelle Selbstbestimmung im Strafvollzug: Anspruch des Gefangenen auf Einsichtnahme in seine Krankenakte, HRRS 2010, 251

Linkhorst, Das Akteneinsichtsrecht des Strafgefangenen nach § 185 StVollzG, 2005

Weichert, Akteneinsicht im Strafvollzug, ZfStrVo 2000, 88

s.a. die Hinw. bei → Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil C Rdn 180.

 

Rdn 201

1. Der Rechtsweg nach §§ 109 ff. StVollzG ist eröffnet, wenn es um die Überprüfung einer Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiete des Strafvollzugs geht (§ 109 Abs. 1 StVollzG). Auch wenn die Formulierung der des § 35 VwVfG für Verwaltungsakte ähnelt, geht der Anwendungsbereich der Norm deutlich darüber hinaus. § 109 StVollzG ist als Generalklausel für den Rechtsschutz auf dem Gebiet des Strafvollzugs aufzufassen und umfasst jedes Handeln einer Vollzugsbehörde, welches im Einzelfall auf eine Gestaltung von Lebensverhältnissen mit zumindest auch rechtlicher Wirkung gerichtet ist (OLG Karlsruhe ZfStrVo 2003, 251).

 

☆ Ein anderer Rechtsweg – etwa nach § 40 VwGO zu den Verwaltungsgerichten – ist auch dann nichteröffnet , wenn es in einer Angelegenheit des Strafvollzuges an einer der weiteren Voraussetzungen des § 109 StVollzG fehlt (OVG Hamburg NJW 1993, 1153, 1154; Zwiehoff , S. 35).anderer Rechtsweg – etwa nach § 40 VwGO zu den Verwaltungsgerichten – ist auch dann nichteröffnet, wenn es in einer Angelegenheit des Strafvollzuges an einer der weiteren Voraussetzungen des § 109 StVollzG fehlt (OVG Hamburg NJW 1993, 1153, 1154; Zwiehoff, S. 35).

Verweist das VG die Sache zuständigkeitshalber an die StVK, ist diese nur hinsichtlich des Rechtswegs an die Verweisung gebunden. Die weitergehende Auffassung des OLG Karlsruhe (ZfStrVo 2002, 189) würde dazu führen, dass nach §§ 109 ff. StVollzG grds. unanfechtbare Streitgegenstände durch Klageeinreichung beim Verwaltungsgericht und anschließender Verweisung gem. § 17a GVG doch zur Überprüfung gestellt werden könnten.

 

Rdn 202

2.a) Zu den Maßnahmen i.S. des § 109 StVollzG zählen auch mündliche Anweisungen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2007 – 2 Ws 404/06) sowie schlichtes hoheitliches Handeln, soweit diesem eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen zukommt (OLG Celle NStZ 2009, 577). Aus der umfangreichen Kasuistik ist hinzuweisen auf folgende

 

Rdn 203

 

Rechtsprechungsbeispiele:

Abmahnung (LG Kleve, Beschl. v. 18.10.2013 – 161 StVK 33/13),
Ärztliche Behandlungsmaßnahmen (BVerfG StV 2013, 578, 579; OLG Celle NStZ 2011, 704; einschränkend OLG Rostock, Beschl. v. 20.10.2014 – 20 Ws 257/14),
Akteneinsicht (KG NStZ-RR 2002, 283, 284; OLG Dresden ZfStrVo 2000, 124; vgl. Rdn 204).
Anklopfen an die Haftraumtür (OLG Celle ZfStrVo 1994, 174; OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 1994, 302; OLG Saarbrücken NStZ 1993, 207; siehe hierzu auch BVerfG NStZ 1996, 511),
Anrede des Strafgefangenen (OLG Hamm MDR 1969, 600),
Aufrechnung wegen Ansprüchen der Vollzugsbehörde (wegen der Einzelh. Rdn 207),
Auskünfte, auf die Anspruch nach vollzuglichen Grundlagen besteht (OLG Hamm NStZ 2013, 366; OLG Saarbrücken StV 2015, 578),
Auszahlung/Überweisung von Geld an Gläubiger des Strafgefangenen aufgrund von Pfändungsmaßnahmen, soweit das Geld/der Betrag nicht von der Pfändung erfasst ist (OLG Celle ZfStrVo 1980, 253, 254; OLG Jena ZfStrVo 2005, 185; erfasst die Pfändung das ausgezahlte bzw. überwiesene Geld ist nur der Zivilrechtsweg eröffnet, → Teil C: Strafvollzug (Erwachsene), Gerichtliche Entscheidung, Antrag, Antragsgegenstand Rdn 224),
Durchsuchung des Haftraums (OLG Celle NStZ 1981, 249 (Fr); OLG Nürnberg ZfStrVo 1998, 53, 54),
Einkaufsgestaltung (OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 1979, 57),
Entfernung von Gegenständen aus dem Haftraum (OLG Zweibrücken NStZ 1990, 512),
Essensausgabe (OLG München FS 2015, 65; LG Hamburg ZfStrVo, SH 1978, 22, 23),
Fernsehempfangsgestaltung (OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2004, 127; OLG Koblenz NStZ 1988, 199, 200),
Fesselung (OLG Hamm NStZ 2015, 112),
Haftraumbelegung (OLG Celle NStZ...

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