Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens sind gem. § 111 StVollzG der Antragsteller und die Vollzugsbehörde, die die angefochtene Maßnahme angeordnet oder die beantragte abgelehnt oder unterlassen hat. |
2. |
Antragsteller ist im Regelfall ein Strafgefangener. Allerdings kann auch jede andere natürliche oder juristische Person das gerichtliche Verfahren betreiben, soweit sie die Geltendmachung der Verletzung eigener Rechte behauptet. Prozessfähigkeit ist für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG nicht erforderlich. |
3. |
Antragsgegner ist die Behörde, deren Entscheidung angefochten wird, also regelmäßig die JVA, die durch den Anstaltsleiter vertreten wird. |
4. |
Dritte sind keine Verfahrensbeteiligte. |
5. |
Die StA ist am gerichtlichen Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG nicht beteiligt. |
Rdn 288
Literaturhinweise:
S. die Hinweise bei → Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil C Rdn 180.
Rdn 289
1. Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens sind gem. § 111 StVollzG der Antragsteller und die Vollzugsbehörde, die die angefochtene Maßnahme angeordnet oder die beantragte abgelehnt oder unterlassen hat.
Rdn 290
2.a) Antragsteller (§ 111 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG) ist im Regelfall ein Strafgefangener. Allerdings kann auch jede andere natürliche oder juristische Person das gerichtliche Verfahren betreiben, soweit sie die Geltendmachung der Verletzung eigener Rechte behauptet (→ Strafvollzug, Erwachsene, Gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil C Rdn 184).
Rdn 291
b) So ist ein Außenstehender durch die Weigerung, ihm Besuche in der JVA zu gestatten, unmittelbar betroffen (BGHSt 27, 284, 285 [Journalist]; KG ZfStrVo 1982, 125; OLG Hamm ZfStrVo SH 1977, 49, 50). Das gilt auch für den Absender von Schriftstücken oder Paketen, deren Weiterleitung oder Aushändigung von Seiten der JVA abgelehnt wird (OLG Frankfurt am Main NStZ 1982, 221; OLG Koblenz ZfStrVo 1980, 252; OLG Nürnberg ZfStrVo 1982, 248).
Rdn 292
c) Werden einem Verteidiger etwa die bestehenden Besuchsprivilegien oder sein Akteneinsichtsrecht (→ Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Antrag, Antragsgegenstand, Teil C Rdn 202) verwehrt, kann auch er als Antragsteller ein gerichtliches Verfahren anstrengen (OLG Celle NStZ 2011, 598, 599; OLG Dresden ZfStrVo 2000, 124 (125).
Rdn 293
c) Zu den möglichen Antragstellern gehören daneben
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der Anstaltsbeirat (OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 1978, 121), |
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Bewerber für den Anstaltsbeirat (OLG Stuttgart NStZ 1986, 382, 383), |
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die Gefangenenvertretung (OLG Hamm NStZ 1981, 118; a.A. OLG Frankfurt am Main, NStZ 1981, 79, 80) bzw. auch einzelne Mitglieder, (OLG Hamburg ZfStrVo 2002, 181, 182, aber nur hinsichtlich ihrer Statusrechte und -pflichten (OLG Rostock FS 2015, 65), nicht als Mitbestimmungsorgan der Strafgefangenen im Rechtssinne (OLG Rostock NStZ 2015, 485). |
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Gefangenenvereine, soweit ihre satzungsmäßige Tätigkeit betroffen ist (KG NStZ 1982, 222), nicht aber, wenn Rechte der Strafgefangenen geltend gemacht werden sollen (OLG Hamburg NStZ 1981, 249), |
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ein Ortsverband einer Partei am Sitz der JVA, der aus Strafgefangenen dieser JVA besteht (OLG Nürnberg ZfStrVo 1986, 286, 287), |
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ehrenamtliche Vollzugshelfer (KG StV 1986, 349), |
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Bewerber um ein solches Ehrenamt (OLG Frankfurt ZfStrVo 1984, 191). |
Rdn 294
d) Prozessfähigkeit ist für die Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht erforderlich (KG NStZ 2001, 448; OLG Celle, Beschl. v. 29.8.2013 – 1 Ws 319/13 [MVollz]; OLG Koblenz ZfStrVo 1987, 107, 108; LNNV/Bachmann, Abschn. P, Rn 35). Es kommt allein auf einen genügenden Reifegrad und die Freiheit der Willensentscheidung an.
Rdn 295
Die scheinbar dem entgegenstehende Auffassung des BVerfG in seinem Beschl. v. 21.8.2011 (2 BvR 282/00; StV 2001, 697, 698), in welchem es heißt, dass die Möglichkeit zur Bestellung eines Pflegers bestehe, wenn der Antragsteller "möglicherweise nicht mehr prozessfähig ist", stellt keine diese Entscheidung tragende Erwägung dar. Angesichts der insoweit einhelligen Meinung in Rspr. und Literatur, dass es auf die Prozessfähigkeit bei einem Verfahren nach den §§ 109 f. StVollzG nicht ankommt, wäre auch zu erwarten gewesen, dass sich das BVerfG mit diesen Auffassungen inhaltlich auseinandersetzt, wenn es diese für unzutreffend erachten würde (OLG Celle, Beschl. v. 29.8.2013 – 1 Ws 319/13 [MVollz]).
Rdn 296
3.a) Antragsgegner ist die Behörde, deren Entscheidung angefochten wird, also regelmäßig die JVA, die durch den Anstaltsleiter vertreten wird. Benennt der Antragsteller in seinem Antrag als Antragsgegnerin die falsche Behörde, hat dies auf die Zulässigkeit des Antrags keine Auswirkung. Denn die Beteiligung auf der Passivseite gem. § 111 Abs. 1 Nr. 2 StVollzG wird allein durch den Streitgegenstand bestimmt, nämlich dadurch, welche Vollzugsbehörde die angefochtene Maßnahme angeordnet oder die beantragte abgelehnt oder unterlassen hat (OLG Celle, Beschl. v. 7.4.2011 – 1 Ws 115/11). Im Fall einer dauerha...