Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. Vorläufiger Rechtsschutz kann durch einen Antrag nach § 114 StVollzG erreicht werden.
2. Für die Stellung eines zulässigen Antrags nach § 114 Abs. 2 StVollzG muss der Betroffene entsprechend § 109 Abs. 2 StVollzG vortragen, dass ihm ohne die begehrte Entscheidung ein Rechtsverlust bzw. ein unzumutbarer NachTeil droht.
3. Der Antrag kann auch schon vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens gestellt werden.
4. Die Entscheidung über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist grundsätzlich unanfechtbar.
5. Kommt die Behörde ihrer durch einstweilige Anordnung auferlegten Pflicht nicht nach, kann die StVK ggf. ein Zwangsgeld bis zu 10.000,00 EUR androhen.
 

Rdn 301

 

Literaturhinweise:

Ullenbruch, Vollzugsbehörde contra Strafvollstreckungskammer, NStZ 1993, 517

s.a. die Hinweise bei → Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil C Rdn 180.

 

Rdn 302

1.a) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 114 Abs. 1 StVollzG). Als Ausprägung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes (BVerfG, ZfStrVo 1996, 46) sieht § 114 Abs. 2 StVollzG die Möglichkeit vor, Rechtspositionen des Betroffenen vor einer abschließenden Entscheidung durch die StVK zu sichern.

 

Rdn 303

b) Gem. § 114 Abs. 2 S. 1 StVollzG kann das Gericht die Vollziehung der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder erschwert wird und ein höheres Interesse am sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Dabei kann auf das Ergebnis einer summarischen Prüfung des Hauptsacheverfahrens abzustellen sein (BVerfG StV 2013, 449, 450).

 

☆ Insbesondere bei Disziplinarverfügungen ist das Ermessen der StVK dabei eingeschränkt, weil aufgrund der regelmäßig unmittelbar im Anschluss erfolgenden Vollstreckung ansonsten nur nachträglicher Rechtsschutz über § 115 Abs. 3 StVollzG möglich wäre ( Lübbe-Wolff/Lindemann NStZ 2007, 450, 456).Disziplinarverfügungen ist das Ermessen der StVK dabei eingeschränkt, weil aufgrund der regelmäßig unmittelbar im Anschluss erfolgenden Vollstreckung ansonsten nur nachträglicher Rechtsschutz über § 115 Abs. 3 StVollzG möglich wäre (Lübbe-Wolff/Lindemann NStZ 2007, 450, 456).

 

Rdn 304

c) Darüber hinaus kann die Kammer, insbesondere bei begünstigenden Maßnahmen, auch eine einstweilige Anordnung entsprechend § 123 VwGO erlassen (§ 114 Abs. 2 S. 2 StVollzG). Hierzu muss zu besorgen sein, dass entweder durch eine Veränderung des bisherigen Zustandes die Verwirklichung des Rechts zumindest erschwert wird oder ein Zustand dringend der vorläufigen Regelung bedarf (OLG Karlsruhe ZfStrVo SH 1978, 58, 59; Arloth, § 114 Rn 4).

 

Rdn 305

2.a) Für die Stellung eines zulässigen Antrags nach § 114 Abs. 2 StVollzG muss der Betroffene entsprechend § 109 Abs. 2 StVollzG vortragen, dass ihm ohne die begehrte Entscheidung ein Rechtsverlust bzw. ein unzumutbarer NachTeil droht (BVerfG ZfStrVo 1996, 46, 47). Hierfür muss er die Maßnahme nach Zeitpunkt, Inhalt und Begründung vollständig bezeichnen (LG Hamburg NStZ 1985, 355 [Fr]), weil andernfalls keine Interessenabwägung möglich ist (OLG Frankfurt am Main NStZ 1985, 355 [Fr]). Der Antrag muss schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Gerichts gestellt werden (§ 112 Abs. 1 StVollzG analog).

 

Rdn 306

b) Die einstweilige Anordnung darf nicht dazu führen, dass die Hauptsache vorweggenommen wird, es sei denn, schwere und unzumutbare Nachteile können durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden (BVerfG NStZ 2000, 166).

 

Rdn 307

Der Begriff der Vorwegnahme der Hauptsache wird in der Rspr. regelmäßig verkannt (vgl. etwa BVerfG NStZ 1999, 532). Ausschließlich verfolgt der Grundsatz den Sinn, die Vorläufigkeit des vorläufigen Rechtschutzes zu sichern. In einer vorläufigen Aussetzung einer belastenden Maßnahme liegt daher keineswegs per se eine Vorwegnahme der Hauptsache (Lübbe-Wolff/Lindemann NStZ 2007, 450, 455). Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt nur dann vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch keine vorläufige wäre, sondern einer endgültigen gleichkäme (LNNV/Bachmann, Abschn. P, Rn 62). Dies ist nicht der Fall, wenn die einstweilige Aussetzung einer Maßnahme begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder in Geltung gesetzt werden kann. Die bloße Tatsache, dass die vorübergehende Aussetzung als solche nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, macht die vorläufige Regelung nicht zu einer faktisch endgültigen (BVerfG, Beschl. v. 21.1.2015 – 2 BvR 1856/13).

 

Rdn 308

3. Der Antrag kann auch schon vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens gestellt werden (§ 114 Abs. 3 StVollzG). Allerdings beliebt er ohne Erfolg, wenn der Hauptsacheantrag bereits verfristet wäre (OLG München ZfStrVo SH 1979, 103).

 

Rdn 309

4. Die Entscheidung der StVK – ob positiv oder negativ – ist nicht anfechtbar (§ 114 Abs. 2 S. 3, 1. Halbs. StVollzG). Sie kann aberjederzeit ...

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