Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Medizinische Daten werden im Strafverfahren regelmäßig von Täter und Opfer erhoben. |
2. |
Daneben ist die Erhebung medizinischer Daten von Verurteilten und Untergebrachten im Rahmen der Strafvollstreckung von Bedeutung. |
3. |
Während medizinische Daten im engeren Sinne üblicherweise nicht über das Strafverfahren hinaus aufbewahrt werden, gilt dies nicht für äußere Merkmale des Täters, die regelmäßig zu präventiv-polizeilichen Zwecken für künftige Strafverfahren verarbeitet werden. |
Rdn 14
Literaturhinweise:
Geppert, Zur Belehrungspflicht über die Freiwilligkeit der Mitwirkung an Atemalkoholmessung und zu den Folgen ihrer Verletzung, NStZ 2014, 481
Jäger, Pusten auf eigene Gefahr, JA 2015, 314.
Ringwald, Nochmals: Epidemiologische Forschung und Datenschutz, NJW 1982, 2593
s.a. die Hinweise bei → Daten, Datengewinnung, Einwilligung, Teil D Rdn 53, und bei → Daten, Datengewinnung, repressive, medizinische Daten, Teil D Rdn 81.
Rdn 15
1. Medizinische Daten spielen im Strafverfahren als Unterfall der personenbezogenen Daten von Täter und Opfer in vielfältiger Weise eine Rolle. So sind medizinische Daten des Täters z.B. bei der Frage der Beurteilung der (eingeschränkten) Schuldfähigkeit von Bedeutung. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine psychische Krankheit oder Suchterkrankung vorliegt. Außerdem können medizinische Daten bei der Beurteilung der Frage der Gefährlichkeitsprognose des Täters Bedeutung erlangen, also wenn es um die Prüfung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entzugsklinik gem. §§ 63, 64 StGB geht. Nach § 81 StPO ist zur Erhebung entsprechender medizinischer Daten zur Vorbereitung eines psychologischen Gutachtens sogar die Unterbringung zur Beobachtung in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus zulässig (Burhoff, EV, Rn 1859). Auch die Verhängung von Sicherungsverwahrung gem. § 66 StGB ist ohne die vorherige Erhebung medizinischer Daten nicht möglich. Beim Opfer ist die Erhebung medizinischer Daten ebenfalls insbesondere zur Feststellung von durch die Tat herbeigeführten Verletzungen unabdingbar.
☆ Gerade bei der Erhebung medizinischer Daten ist die Frage der Freiwilligkeit der Mitwirkung der Betroffenen oftmals von Bedeutung (vgl. etwa Ringwald , NJW 1982, 2593, 2594; → Daten , Datengewinnung, Einwilligung , Teil D Rdn 53 ff.), wie z.B. bei der Atemalkoholmessung ( Jäger , JA 2015, 314 f.; Geppert , NStZ 2014, 481 ff.)Freiwilligkeit der Mitwirkung der Betroffenen oftmals von Bedeutung (vgl. etwa Ringwald, NJW 1982, 2593, 2594; → Daten, Datengewinnung, Einwilligung, Teil D Rdn 53 ff.), wie z.B. bei der Atemalkoholmessung (Jäger, JA 2015, 314 f.; Geppert, NStZ 2014, 481 ff.)
Rdn 16
2. Anders als bei genetischen Daten besteht für die im EV gewonnenen medizinischen Daten keine große Gefahr der dauerhaften Speicherung oder Weitergabe über das Strafverfahren hinaus. Dafür ist allerdings im Strafvollstreckungsverfahren die Erhebung medizinischer Daten im Strafvollzug oder der Unterbringung von großer Relevanz, wenn es etwa um Prognoseentscheidungen im Rahmen der Strafrestaussetzung oder Beendigung von Maßregeln geht. Ebenso ist die Erhebung medizinischer Daten wie z.B. bei Drogenscreenings im Rahmen der Vollzugsplanung von Bedeutung (vgl. hierzu → Daten, Daten, Datengewinnung, Strafvollzug, Bundesrecht, Teil D Rdn 111 ff.).
Rdn 17
3. Auch wenn es sich hierbei streng genommen weniger um medizinische Informationen, sondern vielmehr um körperliche Merkmale handelt, können im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung gem. § 81b StPO gewonnene Informationen über körperlichen Merkmalen (wie z.B. Narben und Tätowierungen; hierzu → Daten, Datengewinnung, repressive, medizinische Daten, Teil D Rdn 80 ff.) oder Fingerabdrücke zu den medizinischen Daten im weiteren Sinne gezählt werden, also solche Merkmale, die durch einfache äußere Besichtigung des Körpers erkennbar sind (vgl. MüKo-StPO/Trück, § 81a Rn 8). Diese medizinischen Daten im weiteren Sinne werden regelmäßig auch über das Strafverfahren hinaus in präventiv polizeilichen Datenbanken gespeichert und verwendet (vgl. hierzu → Daten, Datenumwidmung, personenbezogene Daten, Teil D Rdn 270 ff.).
Siehe auch: → Daten, Allgemeines, Begriff, Teil D Rdn 1; → Daten, Datengewinnung, repressive, medizinische Daten, Teil D Rdn 73; → Daten, Datengewinnung, Strafvollzug, Bundesrecht, Teil D Rdn 111; → Daten, Datenumwidmung, personenbezogene Daten, Teil D Rdn 270.