Das Wichtigste in Kürze:

1. Ohne Ermächtigungsgrundlage ist die Datengewinnung grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig. Liegt weder eine Ermächtigungsgrundlage noch eine Einwilligung vor, ist die rechtswidrige Datengewinnung ordnungswidrig oder sogar strafbewährt gem. der §§ 43, 44 BDSG.
2. Weder das nachträgliche Einverständnis noch die mutmaßliche Einwilligung können die Datengewinnung ohne Ermächtigungsgrundlage rechtfertigen.
3. Die Einwilligung muss schriftlich erfolgen und darf nicht pauschal gehalten sein.
4. Eine nur mündliche erteilte Einwilligung rechtfertigt trotz des Schriftformerfordernisses aus § 4a BDSG einen Verstoß gem. § 44 BDSG.
 

Rdn 54

 

Literaturhinweise:

Amelung, Probleme der Einwilligung in strafprozessuale Grundrechtsbeeinträchtigungen, StV 1985, 257

Bergemann/Hornung, Die DNA-Analyse nach den Änderungen der Strafprozessordnung – Speicherung bis auf Widerruf?, StV 2007, 164

Geppert, Zur Belehrungspflicht über die Freiwilligkeit der Mitwirkung an einer Atemalkoholmessung und zu den Folgen ihrer Verletzung, NStZ 2014, 481

Graalmann-Scheerer, DNA-Massentest de lege lata und de lege ferenda, NStZ 2004, 297

Jandt/Roßnagel/Wilke, Outsourcing der Verarbeitung von Patientendaten – Fragen des Daten- und Geheimnisschutzes, NZWS 2011, 641

Krehl/Kolz, Genetischer Fingerabdruck und Verfassung, StV 2004, 447

Kretschmer, Das Verhältnis verweigerter Reihenuntersuchung zur Untersuchung nach §§ 81c, 81e StPO, HRRS 2012, 185

Masing, Herausforderungen des Datenschutzes, NJW 2012, 2305

Ringwald, Nochmals: Epidemologische Forschung und Datenschutz, NJW 1982, 2593

Spindler, Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte im Internet – Der Rahmen für Forschungsaufgaben und Reformbedarf, GRUR-Beilage 2014, 101.

 

Rdn 55

1. Nach § 4 BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, sofern eine Rechtsvorschrift hierzu ermächtigt (Masing NJW 2012, 2305, 2306; Ringwald NJW 1982, 2593, 2594; Spindler GRUR-Beilage 2014, 101, 102 f) oder der Betroffene eingewilligt hat. Damit liegt ein strikter Erlaubnisvorbehalt für den Umgang mit personenbezogenen Daten vor. Neben den Erlaubnistatbeständen des BDSG, die nur subsidiär greifen, sofern keine spezialgesetzliche Regelung vorliegt, kommen Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes und der Länder sowie Satzungen von Kommunen und öffentlichen Körperschaften als Ermächtigungsgrundlage i.S.v. § 4 Abs. 1 BDSG für die Gewinnung personenbezogener Daten in Betracht (vgl. auch Jandt/Roßnagel/Wilke NZS 2011, 641, 643). Wird gegen den Erlaubnisvorbehalt verstoßen und existiert auch keine Ermächtigungsgrundlage für die Datengewinnung handeln die Verantwortlichen der datenerhebenden Stelle ordnungswidrig gem. § 43 BDSG oder machen sich im Falle des vorsätzlichen Verstoßes sogar strafbar gem. § 44 BDSG. Zugleich liegt oftmals ein Verstoß gegen § 203 StGB vor (im Zusammenhang mit der Weitergabe von Patientendaten Jandt/Roßnagel/Wilke NZS 2011, 641, 645).

 

§ 44 BDSG ist ein absolutes Antragsdelikt! Soll Strafantrag gestellt werden, ist daher zwingend auf Einhaltung der Antragsfrist gem. § 77b StGB zu achten.absolutes Antragsdelikt! Soll Strafantrag gestellt werden, ist daher zwingend auf Einhaltung der Antragsfrist gem. § 77b StGB zu achten.

 

Rdn 56

2. Da für die Zwecke der Strafverfolgung jedenfalls personenbezogene soziale Daten regelmäßig ohne Wissen und damit auch ohne Einwilligung des Betroffenen erhoben werden, bedarf es hierzu stets einer Ermächtigungsgrundlage (→ Daten, Datengewinnung, repressive, soziale Daten, Teil D Rdn 85 ff.). Das nachträgliche Einverständnis in die Datengewinnung stellt ebenso wenig wie die mutmaßliche Einwilligung eine wirksame Einwilligung dar (vgl. Erbs/Kohlhaas/Ambs, BDSG, § 4 Rn 5; im Hinblick auf Patientendaten Jandt/Roßnagel/Wilke NZS 2011, 641, 644 f.).

 

Rdn 57

3.a) Willigt der Beschuldigte im EV in die Datengewinnung ein, ist stets besonders darauf zu achten, ob die Einwilligung tatsächlich freiwillig erfolgte. So befindet sich der Betroffene, der in die Unterbringung zur Beobachtung zum Zwecke der Vorbereitung der psychiatrischen Begutachtung einwilligt, möglicherweise in einer Zwangslage, bei der er nicht in der Lage ist, die Konsequenzen seiner Einwilligung abzusehen (hierzu Amelung StV 1985, 257, 261 f.; Bergemann/Hornung StV 2007, 164, 167; in Bezug auf DNA-Massengentests ähnlich Graalmann-Scheerer NStZ 297, 298). Wird die Einwilligung nicht gänzlich freiwillig erteilt, sondern etwa als Kompromiss, um andere Eingriffe in Grundrechte des Betroffenen zu vermeiden, wird man gleichwohl von einer wirksamen Einwilligung ausgehen dürfen. Zu denken ist hier etwa an die Einwilligung in eine Blutentnahme, um zu vermeiden, für längere Zeit in Polizeigewahrsam bleiben zu müssen, bis der Richter über die Frage der Anordnung der Blutentnahme entschieden hat. Solche eingriffsmildernden Einwilligungen sind als wirksam anzusehen, solange die Maßnahme in die eingewilligt wird, mit den Zielen der gesetzlichen Eingriffsermächtigu...

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