Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Das FABS dient der zuverlässigen Erfassung von Verkehrsteilnehmern, die wiederholt die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden. |
2. |
Weitere Regelungen zur Überprüfung der Kraftfahreignung, insbesondere die Vorschriften zur Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a StVG), bleiben neben § 4 StVG anwendbar. |
3. |
Die für den Vollzug der gesetzlichen Regelungen zuständigen Behörden werden durch Landesrecht bestimmt. |
4. |
Im Rahmen des FABS, das ausschließlich auf Inhaber von Fahrerlaubnissen anzuwenden ist, werden bestimmte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mit Punkten bewertet. Die Eintragung von Punkten ist, sobald der entsprechende Tatbestand erfüllt ist und die Entscheidung hierüber rechtskräftig wird, zwingend. |
5. |
Die jeweils vorgesehene Punktezahl entsteht ausnahmslos mit Rechtskraft der Ahndung. |
6. |
Wird eine Fahrerlaubnis neu erteilt, so sind Punkte, die im Zusammenhang mit Entscheidungen eingetragen wurden, die vor der Neuerteilung rechtskräftig geworden sind, nicht zu berücksichtigen und zu löschen (§ 4 Abs. 3 S. 1, 2 StVG). |
7. |
Der gestufte Maßnahmenkatalog des FABS besteht aus der Vormerkung, der Ermahnung, der Verwarnung und der Entziehung der Fahrerlaubnis. |
8. |
Nach Entziehung der Fahrerlaubnis darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens 6 Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden (gesetzliche Sperrfrist). |
9. |
Bei der Frage, ob und inwieweit das FABS, welches letztlich in seinem Anwendungsbereich eine laufende Überwachung der Fahreignung beinhaltet, auch auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar ist, ist zu differenzieren. |
10. |
Im Rahmen der Übergangsvorschriften wurden, mit Wirkung zum 1.5.2014, diejenigen Eintragungen nach altem Recht, die nach dem neuen System nicht mehr mit Punkten bewertet werden, aus dem FAER gelöscht. Ferner wurden nach der Übergangsvorschrift in § 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG die Punkte in das neue 3-Punkte-System umgerechnet. |
Rdn 350
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Fahreignungsregister, Allgemeines, Teil E Rdn 324.
Rdn 351
1. Das in § 4 StVG normierte Fahreignungs-Bewertungssystem(FABS) verfolgt das Ziel, Verkehrsteilnehmer, die wegen ihres Verhaltens als potenziell verkehrsgefährdend identifiziert wurden (insbesondere Mehrfachtäter), zu überwachen und dadurch Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs abzuwehren. Im Zuge der zum 1.5.2014 in Kraft getretenen "Punktereform“ wurden einige Verstöße, die nach dem alten VZR mit Punkten geahndet wurden, aber nach Auffassung des Gesetzgebers keine die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Wirkungen haben, aus dem neuen Bewertungssystem herausgenommen. Neu aufgenommen wurden Verstöße gegen Vorschriften des Gefahrgüterbeförderungsrechts."
Rdn 352
Das FABS enthält mehrere Stufen von Sanktionen und Warnungen, es sieht einerseits die Verhängung von Bußgeldern, die Eintragung von Punkten sowie Ermahnungen und Verwarnungen vor, andererseits gibt es den betroffenen Verkehrsteilnehmern die Möglichkeit, sich durch freiwillige Maßnahmen zur Verbesserung des Verkehrsverhaltens – u.a. durch die Teilnahme an Fahreignungsseminaren (§ 4a StVG) – dauerhaft zu bewähren. Tritt trotz der Warnfunktion des FABSs keine Verhaltensverbesserung ein, erfolgen bei Erreichen einer bestimmten Punktzahl der Entzug der Fahrerlaubnis und der Ausschluss des Betroffenen vom (fahrerlaubnispflichtigen) motorisierten Straßenverkehr.
☆ Die Ausgestaltung des FABS als abgestuftes Sanktionssystem schließt es aus, dass es in seinem Anwendungsbereich zu einer unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis kommt.abgestuftes Sanktionssystem schließt es aus, dass es in seinem Anwendungsbereich zu einer unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis kommt.
Rdn 353
2.a) Weitere Regelungen zur Überprüfung der Kraftfahreignung, insbesondere die Vorschriften zur Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a StVG), bleiben neben § 4 StVG anwendbar. Für die verwaltungsrechtliche Prüfung der Fahreignung (§§ 11 – 14 FeV) gilt dies mit der Maßgabe, dass eine vom FABS unabhängige (charakterliche) Überprüfung der Eignung von Fahrerlaubnisinhabern auf Grundlage von Sachverhalten, für die das FABS Anwendung findet, wegen des hinter § 4 StVG stehenden gesetzgeberischen Willens im Regelfall ausscheidet.
Rdn 354
Beispiel:
Kraftfahrzeugführer A begeht einen Abstandsverstoß. Es ergeht ein Bußgeldbescheid, der zusätzlich die Eintragung eines Punktes im Fahreignungsregister nach sich zieht. Die Fahrerlaubnisbehörde darf diesen Vorfall trotz des Wortlautes von § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV nicht zum Anlass nehmen, den A wegen eines erheblichen Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften und diesbezüglichen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen medizinisch-psychologisch begutachten zu lassen. Das FABS ist lex specialis (vgl. OVG Münster NJW 2011, 1242).
Rdn 355
b) Die Anordnung medizinisch-psychologischer Begutachtungen kommt im Anwendungsbereich des § 4 StVG nur in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen, die den Schluss darauf zulassen, dass der betroffene Fahr...