Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Im Asylverfahren wird geprüft, ob politisches Asyl gewährt, die Flüchtlingseigenschaft oder sonstiger internationaler Schutz zuerkannt oder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote festgestellt werden. |
2. |
In der strafrechtlichen Nachsorge kann sich die Frage ergeben, ob zur Verhinderung einer Aufenthaltsbeendigung ein Asylantrag in Betracht kommt. |
Rdn 168
Literaturhinweise:
Bergmann, Das Dublin-Asylsystem, ZAR 2015, 81
Bethäuser, Asylrecht, in: Redeker/Uechtritz, Anwaltshandbuch Verwaltungsverfahren, 2. Aufl. 2012
Teil 7B S. 1466 ff.
Doring, Auf dem Weg in ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem, NVwZ 2014, 106
Fuerst, Rechtsschutz gegen offensichtlich unbegründete Asylanträge, NVwZ 2012, 213
s.a. die Hinweise bei → Ausländer, Allgemeines, Teil H Rdn 149.
Rdn 169
1.a) Das Asylverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dient der Feststellung, ob politisches Asyl, internationaler Schutz oder Abschiebungsverbote zuerkannt werden. Es beginnt mit dem Asylantrag gem. § 14 AsylVfG. Hat der Betroffene bereits ein Asylverfahren durchlaufen, werden alle weiteren Anträge als Folgeanträge gem. § 71 AsylVfG betrachtet. Diese führt nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG zum einem neuen Verfahren, also insbesondere bei einer veränderten Sach- und Rechtslage.
Rdn 170
b) Asylbewerber erhalten gem. § 55 AsylVfG eine sog. Aufenthaltsgestattung, die zwar keinen Aufenthaltstitel darstellt, aber bescheinigt, dass der Aufenthalt während des Asylverfahrens nicht illegal ist. Bei einem Asylerstantrag gilt allerdings damit auch die sog. Residenzpflicht, die Verpflichtung, in einem bestimmten Bereich, zumeist einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Außerdem können Beschränkungen des Aufenthaltsbereiches gelten.
Rdn 171
c) Während der Bearbeitung eines Folgeantrages besteht wegen des verfahrensrechtlichen Abschiebungshindernisses aus § 71 Abs. 5 S. 2 AsylVfG Anspruch auf Erteilung einer Duldung gem. § 60a Abs. 2 AufenthG. Gem. § 71 Abs. 6 AsylVfG bestehen räumliche Beschränkungen und Wohnsitzauflagen fort.
Rdn 172
☆ Ein offensichtlich erfolgloser Asylfolgeantrag kann vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge innerhalb von Tagen abgelehnt werden, womit kein Anlass mehr für eine Duldung besteht. Dieser führt damit auch nicht zu einem nennenswerten Zeitgewinn.offensichtlich erfolgloser Asylfolgeantrag kann vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge innerhalb von Tagen abgelehnt werden, womit kein Anlass mehr für eine Duldung besteht. Dieser führt damit auch nicht zu einem nennenswerten Zeitgewinn.
Rdn 173
d) Die Ablehnung eines Asylantrages verhindert gem. § 10 Abs. 3 AufenthG die Erteilung vieler Aufenthaltstitel in der Zukunft. Insbesondere wenn der Antrag als offensichtlich unbegründet und dabei einer der Ablehnungsgründe gem. § 30 Abs. 3 AsylVfG zur Anwendung kommt, wird die Erteilung von Aufenthaltstiteln bis hin zur Erteilungssperre erschwert.
Rdn 174
Die Ablehnung als offensichtlich unbegründet droht gem. § 30 Abs. 2 AsylVfG insbesondere, "wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält".
Rdn 175
Die besonderen Qualifikationstatbestände, die zwingend zu einer dauerhaften Erteilungssperre führen (§ 30 Abs. 3 AsylVfG), sind:
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unsubstantiierter und/oder widersprüchlicher Vortrag, der offensichtlich den Tatsachen, z.B. einschlägigen Erkenntnisse des BAMF oder der Gerichte, nicht entspricht. |
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Täuschung oder Verweigerung von Angaben über Identität und Staatsangehörigkeit, |
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weiterer Antrag unter Alias-Personalien, |
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Asylantragkurz vor einer Aufenthaltsbeendigung mit der Absicht deren Verhinderung, obwohl vorher ausreichend Gelegenheit zur Antragstellung bestand, |
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schuldhafte grobe Verletzung von Mitwirkungspflichten im Asylverfahren, |
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bereits vollziehbare Ausweisung gem. §§ 53, 54 AufenthG, |
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bei Minderjährigen unter 16 Jahren, wenn zuvor Asylanträge der Eltern als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurden. |
☆ Die Behörde muss sich auf das Vorliegen dieser Gründe wegen der schweren Folge der Ablehnung als offensichtlich unbegründet in ihrer Entscheidung ausdrücklich berufen (BVerwG NVwZ 2010, 386).Behörde muss sich auf das Vorliegen dieser Gründe wegen der schweren Folge der Ablehnung als offensichtlich unbegründet in ihrer Entscheidung ausdrücklich berufen (BVerwG NVwZ 2010, 386).
Rdn 176
2. Hinweis für den Verteidiger/Rechtsanwalt!
In der strafrechtlichen Nachsorge kann sich die Frage ergeben, ob zur Verhinderung einer Aufenthaltsbeendigung ein Asylantrag in Betracht kommt. Insoweit gilt:
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Vor einem solchen Vorgehen ist zunächst zu überprüfen, ob der Mandant bereits einmal ein Asylverfahren durchlaufen hat und zu welchem Ergebnis dieses gekommen ist. Alle weiteren Anträge sind als Folge- oder Wiederaufgreifensanträge an erhebliche Zulässigkeitsvoraussetzungen geknüpft und bieten häufig keinen erheblichen Zeitgewinn. |
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Hat der Verurteil... |