Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Ausweisung ist als ausländerrechtliche Gefahrenabwehrmaßnahme die Anordnung, das Bundesgebiet zu verlassen und einstweilen nicht wieder zu betreten.
2. Das noch geltende System der Ausweisung ist dreistufig und sieht in §§ 5355 AufenthG unter abgestuften Voraussetzungen die zwingende, die Regel- und die Ermessensausweisung vor. § 56 AufenthG gewährt unter bestimmten Voraussetzungen besonderen Ausweisungsschutz, indem die Ausweisung innerhalb des Systems herabgestuft wird.
3. Das ab dem 1.2.2016 geltende Ausweisungsrecht hat nur noch eine Ermächtigungsgrundlage in § 53 Abs. 1 AufenthG n.F.. Den Anforderungen auch der gemeinschaftsrechtlichen Bindungen soll durch eine generelle Abwägung zwischen Ausweisungs- und Bleibeinteresse Rechnung getragen werden, bei der bestimmte Interessen besonders gewichtet werden und die voll gerichtlich überprüfbar ist.
4. Außerdem ergeben sich aus verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben erhöhte Anforderungen an die Ausweisung ergeben, insbesondere bei im Bundesgebiet verwurzelten faktischen Inländern und Assoziationsberechtigten.
5. Folge der Ausweisung ist neben dem Verlust eines bestehenden Aufenthaltsrechts außerdem ein Einreise- und Aufenthaltsverbot.
 

Rdn 236

 

Literaturhinweise:

Deibel, Die Ausweisung von Ausländern unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, ZAR 2009, 211

Fritzsch, Die Auswirkungen des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens auf Ausweisungen und andere Rückführungsentscheidungen, ZAR 2011, 297

Gordzielik/Schmidt, Ausweisung-Zurückschiebung-Abschiebung: Zwischen Aufenthaltsrecht und Exklusion, ZAR 2013, 196

Kiepling

Die Verschärfung des Ausweisungsrechts als symbolpolitisches Mittel gegen extremistische Bestrebungen – dargestellt am Beispiel der Salafisten, ZAR 2013, 45Kirsch, Unterstützung des Terrorismus durch Vereinigungen und ihr Nachweis gem. § 54 Nr. 5 AufenthG, NVwZ 2012, 677

Marx, Zur Reform des Ausweisungsrechts, ZAR 2015, 245

Mielitz, Die aufenthaltsrechtlichen Folgen einer Ausweisung, ZAR 2009, 264

Welte, Die Ausweisung in Form einer Rückführungsentscheidung, ZAR 2012, 424

s.a. die Hinweise bei → Ausländer, Allgemeines, Teil H Rdn 149.

 

Rdn 237

1. Die Ausweisung ist die Anordnung gegenüber dem von ihr betroffenen Ausländer, das Bundesgebiet zu verlassen und einstweilen nicht wieder zu betreten. Es handelt sich um die ordnungsrechtliche Standardmaßnahme des AufenthG, sozusagen den aufenthaltsrechtlichen Platzverweis. Die Ausweisung verfolgt als gefahrenabwehrrechtliches Mittel general- und spezialpräventive Zwecke. Sie ist keine repressive Reaktion, sondern soll einerseits Ausländer allgemein durch Abschreckung von unerwünschtem Verhalten – insbesondere von Straftaten – abhalten (Generalprävention), aber auch zukünftig unerwünschtes Verhalten gerade des Ausgewiesenen verhindern (Spezialprävention).

 

Rdn 238

2.a) Das noch bis zum 31.1.2016 geltende System der Ausweisung ist dreistufig. Je nach Schwere und Umfang der dem Ausländer vorzuwerfenden Verstöße oder sonstigen zu seinen Ungunsten sprechenden Umstände ist die Ausweisung als zwingende (Rdn 241) oder Ist- (§ 53 AufenthG), Regel- (§ 54 AufenthG; Rdn 242) oder Ermessensausweisung (§ 55 AufenthG; Rdn 243) ausgestaltet. § 56 AufenthG sieht Tatbestände vor, nach denen dem Betroffenen sog. besonderer Abschiebungsschutz gewährt und die Ausweisung innerhalb des Systems "herabgestuft" wird.

 

Rdn 239

Die hierbei relevanten Erwägungen entsprechen den üblichen verwaltungsrechtlichen Kriterien:

Bei der zwingenden Ausweisung handelt es sich um eine gebundene Entscheidung,
ebenso wie bei der Regelausweisung, wenn kein Ausnahmefall vorliegt.
Für eine Ermessensausweisung muss die Behörde alle ihr bekannten Umstände würdigen, besonders hervorgehobene Gesichtspunkte sind in § 55 Abs. 3 AufenthG benannt.
 

☆ Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird durch gesetzliche und durch die Rspr. herausgearbeitete Abschiebungsschutztatbestände berücksichtigt.Verhältnismäßigkeit wird durch gesetzliche und durch die Rspr. herausgearbeitete Abschiebungsschutztatbestände berücksichtigt.

 

Rdn 240

b) Eine Ausweisung setzt das Vorliegen von Ausweisungsgründen voraus. Diese finden sich in den Tatbestandsmerkmalen der Eingriffsgrundlagen in §§ 5355 AufenthG wieder. Von Relevanz für die strafrechtliche Nachsorge sind insbesondere die Tatbestände, die Verurteilungen oder strafbare Handlungen voraussetzen.

 

Rdn 241

aa) Die zwingende Ausweisung gem. § 53 AufenthG knüpft ausschließlich an strafrechtliche Verurteilungen an:

Verurteilung wegen einer Vorsatztat zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mehr als drei Jahren oder entsprechend aufsummierte Verurteilungen innerhalb von fünf Jahren oder angeordnete Sicherungsverwahrung (§ 53 Nr. 1 AufenthG),
Verurteilung zu mindestens zwei Jahren Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe, die jeweils nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, wegen vorsätzlicher BtM-Delikte, Landfriedensbruch gem. § 125a S. 2 St...

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