Das Wichtigste in Kürze:

1. Es besteht ein Anspruch auf die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes bereits mit der Entscheidung, die dieses begründet und muss nötigenfalls auf Antrag erfolgen.
2. Über die Länge der Frist ist nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung gesetzlicher Obergrenzen und aller Aspekte des Einzelfalles zu entscheiden.
3. Eine Befristung von mehr als fünf Jahren ist nur möglich, wenn das Verbot aus einer Ausweisung oder Verlustfeststellung wegen Straftaten resultiert oder wenn von dem Betroffenen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll 10 Jahre nicht überschreiten.
4. Ein isoliertes Einreise- und Aufenthaltsverbot, das ohne Ausweisung durch die Ausländerbehörde oder das BAMF verhängt wird, soll erstmalig ein Jahr, ansonsten in der Regel drei Jahre nicht überschreiten.
5. Die Frist beginnt mit der erstmaligen Ausreise. Der Ablauf wird im Fall einer illegalen Wiedereinreise für die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet gehemmt.
6. Die Dauer der Befristung wird auf Antrag überprüft und kann weiter verkürzt oder auch insgesamt aufgehoben werden.
 

Rdn 358

 

Literaturhinweise:

Armbruster/Hoppe, Neue Rechtsprechung zur Befristung der Ausweisung, ZAR 2013, 309 ff

Marx, § 11 AufenthG im Lichte der Rückführungsrichtlinie (RFRL), ZAR 2014, 278

Pfaff, Fristbestimmung gem. § 11 I 3 AufenthG, ZAR 2010, 183

siehe die Hinweise zu → Ausländer, Allgemeines, Teil H Rdn 149, und bei → Teil H: Ausländer, Einreise- und Aufenthaltsverbot, Allgemeines, Rdn 340.

 

Rdn 359

1. Die Geltungsdauer des Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gem. § 11 Abs. 1 S. 2 AufenthG, § 7 Abs. 2 S. 5 FreizügG/EU von Amts wegen zu befristen.

 

Rdn 360

b) Der seit 1.8.2015 geltende Wortlaut des § 11 Abs. 1 S. 1 AufenthG ist der Regelung des § 7 Abs. 2 S. 5 FreizügG/EU für Unionsbürger insoweit angeglichen, dass die Befristung von Amts wegen mit der Ausweisung erfolgen muss, andernfalls mit der Abschiebungsandrohung, spätestens mit dem Vollzug der Abschiebung erfolgen soll. Damit gleicht sich die gesetzliche Regelung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, nach der immer eine Befristung beizufügen ist (BVerwGE 143, 277 = NVwZ 2013, 365; BVerwG NVwZ-RR 2013, 386).

 

Rdn 361

In Altfällen, in denen noch keine Befristung bestimmt ist, setzte die frühere Rechtsprechung weiterhin einen Antrag, jedenfalls eine entsprechende Äußerung voraus (BVerwGE 143, 277, 290 f.). Nach der Rechtsprechung des EuGH allerdings enthält die Anfechtung insbesondere einer unbefristeten Ausweisungsverfügung auch das Begehren, eine Frist zu setzen (EuGH Inf AuslR 2013, 416, 416 f.). Das BVerwG hielt gleichwohl auch zuletzt an seiner Auffassung fest, dass auch ein späterer Befristungsantrag noch zur Rechtswahrung ausreiche (BVerwGE a.a.O.).Diese Rechtsprechung ist dahingehend nunmehr problematisch, dass ein nachträglicher Befristungsantrag in der gesetzlichen Regelung nicht mehr vorgesehen ist. Gem. § 11 Abs. 4 AufenthG ist lediglich noch die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes und die Verkürzung einer bestehenden Frist, nicht aber deren nachträgliche Anordnung vorgesehen (BT-Drucks 642/14, S. 39, so auch Marx, Handbuch, § 7 Rn 246).

 

Rdn 362

Ein ohne Befristung verhängtes Einreise- und Aufenthaltsverbot – auch durch eine Ausweisung – dürfte wegen der nach der neuen Regelung engen Verknüpfung daher insgesamt rechtswidrig sein (Marx, Handbuch, § 7 Rn 247).

 

Rdn 363

Fraglich ist, wie mit Altfällen umzugehen ist, die noch keine Befristung erfahren haben. Nach der Rechtsprechung des EuGH können unbefristete Einreisesperren, die vor dem 25.11.2006 erlassen wurden bzw. entstanden sind, nicht mehr zu einer strafrechtlichen Würdigung als Einreise entgegen eines Verbotes herangezogen werden können (EuGH NJW 2014, 527). In Reaktion auf diese Rechtsprechung, sind zahlreiche vor diesem Stichtag entstandene Einreise- und Aufenthaltsverbote aufgehoben worden, wenn die Betroffenen bereits ausgereist oder abgeschoben waren.

 

Rdn 364

Verwaltungsgerichtlich sind allerdings die Auswirkungen dieser Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt. Aus der Entscheidung des EuGH soll sich nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ergeben, dass Einreiseverbote, die gegen nunmehrige Unionsbürger ursprünglich durch Ausweisung verfügt wurden, keine Wirkungen mehr entfalten, insbesondere, wenn das Verbot zur Verhütung schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder die nationale Sicherheit verhängt wurde (BVerwG, Urt. v. 25.3.2015 – 1 C 18.14).

 

Rdn 365

Es spricht in solchen Altfällen aber vieles dafür, dass der Betroffene nicht schlechter gestellt werden kann, als bei Verhängung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes unter geltendem Recht. Insofern trifft die Behörde mindestens eine Verpflichtung zur Befristung von Amts wegen. Einen Ausweg bietet gleichwohl die Regelung des § 11 Abs. 4 AufenthG, die auch die Aufhebung des Verbotes vorsieht. Das Ermessen, ein bestehendes Einreise- u...

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