Das Wichtigste in Kürze:

1. Bei Streit um die Ehewohnung ist zu unterscheiden zwischen der Zeit bis zur Scheidung und der Zeit danach.
2. In der Zeit bis zur rechtskräftigen Scheidung kann ein Ehegatte die Zuweisung der Ehewohnung an sich zur alleinigen Nutzung unter Ausschluss des anderen Ehegatten ganz oder zum Teil verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
3. Für die Zeit nach der Scheidung richtet sich die Frage der Zuweisung der Ehewohnung nach § 1568a BGB.
 

Rdn 706

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Familie, Allgemeines, Teil H Rdn 692.

 

Rdn 707

1. Bei Streit um die Ehewohnung ist zu unterscheiden zwischen der Zeit bis zur Scheidung (Rdn 708 ff.) und der Zeit danach (Rdn 716 ff.).

 

Rdn 708

2. In der Zeit bis zur rechtskräftigen Scheidung kann ein Ehegatte die Zuweisung der Ehewohnung an sich zur alleinigen Nutzung unter Ausschluss des anderen Ehegatten ganz oder zum Teil verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden (§ 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB).

 

☆ Erfolgreiche Anträge auf Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB in einer Phase, in der noch beide Ehegatten in der Ehewohnung wohnen, sind in der Praxis die Ausnahme.

Einfach sind dagegen die Fälle, in denen ein Ehegatte als Folge der Trennung aus der Ehewohnung ausgezogen ist und nicht innerhalb von sechs Monaten seine ernstliche Rückkehrabsicht bekundet hat. Dann wird nämlich unwiderleglich vermutet, dass es die Ehewohnung dem anderen (verbliebenen) Ehegatten zur alleinigen Nutzung überlassen hat (§ 1361b Abs. 4 BGB).

 

Rdn 709

a) Eine unbillige Härte kann vorliegen, wenn widerrechtlich und vorsätzlich eine Körper-, Gesundheits- oder Freiheitsverletzung erfolgte oder mit einer solchen Verletzung oder gar einer Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht wurde (§ 1361b Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Verletzungshandlungen müssen eine erhebliches Gewicht haben (Zusammenstellung der Kasuistik: Krause, Familienheim, § 3 Rn 16 – 23).

 

Rdn 710

Die unbillige Härte kann auch darin bestehen, dass das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder beeinträchtigt ist (§ 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB). Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass das Wohl der Kinder am Verbleib der vertrauten Umgebung im Zweifel den Ausschlag gibt zugunsten des Ehegatten, der für die Kinder besser sorgen kann (Palandt/Brudermüller, BGB, § 1361b Rn 11).

 

Rdn 711

b) Der Anspruch kann geltend gemacht werden ab dem Zeitpunkt, da ein Ehegatte getrennt leben will (§ 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB).

 

Rdn 712

c) Grds. reicht es nicht, wenn es einmalig zu einem Vorfallkommt.

 

Rdn 713

Es ist auch zu verlangen, dass Wiederholungsgefahr besteht. Eine Wiederholungsgefahr ist nur dann entbehrlich, wenn wegen der Schwere der Tat dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen nicht mehr zugemutet werden kann.

 

Rdn 714

In allen anderen Fällen ist eine Wiederholungsgefahr zwar ausdrücklich zu verlangen. Diese wird aber indiziert. Der Ehegatte, der eine Verletzungshandlung i.S.d. § 1361b Abs. 2 S. 1 BGB begangen hat, muss dartun und gegebenenfalls auch nachweisen, dass sich ein solcher oder ein vergleichbarer Vorfall nicht wiederholt.

 

☆ In der Praxis ist dieser Nachweis fast nicht führbar ( Krause , Familienheim, § 3 Rn 8).fast nicht führbar (Krause, Familienheim, § 3 Rn 8).

 

Rdn 715

d) Zu berücksichtigen sind bei der Frage der Zuweisung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung die Eigentumsverhältnisse. Ein Erbbaurecht bzw. ein Nießbrauchsrecht sind dem Eigentum gleichgestellt, ebenso Wohnungseigentum, Dauerwohnrecht und dingliches Wohnrecht (§ 1361b Abs. 1 Satz 3 BGB). Der entsprechend Berechtigte hat ein stärkeres Recht. Bei der Billigkeitsprüfung spricht dies gegen eine Zuweisung der Wohnung an den anderen Ehegatten.

 

Rdn 716

3. Für die Zeit nach der Scheidung richtet sich die Frage der Zuweisung der Ehewohnung nach § 1568a BGB.

 

Rdn 717

a) Nun ist nicht mehr Voraussetzung der Wohnungszuweisung, dass eine unbillige Härte zu vermeiden ist. Nun kommt es darauf an, wer in stärkerem Maße auf die Ehewohnung angewiesen ist oder wem sie ansonsten aus Gründen der Billigkeit zuzusprechen ist (§ 1568a Abs. 1 BGB). Nach der ausdrücklichen Formulierung im BGB kommt es bei der Abwägung vor allem auf das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder und die Lebensverhältnisse der Ehegatten an (§ 1568a Abs. 1 BGB).

 

Rdn 718

b) Von ganz entscheidender Bedeutung ist bei der Frage der Zuweisung der Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung, welche dingliche Berechtigung der Ehegatte hat, der die Zuweisung begehrt. Besteht keine, so hat sein Zuweisungsantrag nur dann Erfolg, wenn die Wohnungsüberlassung erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeide (§ 1568a Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese Hürde ist nur schwer zunehmen.

 

Rdn 719

c) Erfolgt ausnahmsweise doch die Zuweisung an den dinglich nicht berechtigten Ehegatten, so in aller Regel nur auf Zeit und zwar so lange, bis billigerweise anderweitiger Wohnraum zumutbar gefunden werden kann (Krause, Familienheim, § 3 Rn 38 – 41).

 

Rdn 720

d) Jed...

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