Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Nach den je nach Bundesland geltenden Kammer- bzw. Heilberufsgesetzen wird die Einhaltung der beruflichen Pflichten des Arztes durch selbstständige Berufsgerichte überwacht. |
2. |
Das Berufsgericht ist i.d.R. mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt. |
3. |
Das berufsgerichtliche Verfahren ist in den jeweiligen Bundesländern entweder der VwGO oder der StPO bzw. den Disziplinarordnungen nachgebildet. |
4. |
Materiell setzt ein berufsgerichtliches Verfahren ein Berufsvergehen, also eine schuldhafte Verletzung der dem Arzt obliegenden Berufspflichten, voraus. |
Rdn 1338
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Akademischen Heilberufe, Allgemeines, Teil H Rdn 2.
Rdn 1339
1. Nach den je nach Bundesland geltenden Kammer- bzw. Heilberufsgesetzen (in Berlin das Berliner Kammergesetz) wird die Einhaltung der beruflichen Pflichten des Zahnarztes durch selbstständige Berufsgerichte überwacht. I.d.R. werden die Verfahren auf Antrag der Zahnärztekammer eingeleitet. Dies geschieht jedoch nicht häufig.
☆ Es gibt allerdings in den meisten Landesgesetzen zwingend eine Aussetzungspflicht , solange wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren anhängig ist.Aussetzungspflicht, solange wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren anhängig ist.
Rdn 1340
2. Das Berufsgericht ist i.d.R. in der ersten Instanz mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt, meist, so z.B. in Berlin bei dem VG als Kammer für Heilberufe angesiedelt (in Berlin mit zwei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt). In der zweiten Instanz (Landesberufsgericht) ist das Gericht mit zwei Berufsrichtern und drei ehrenamtlichen Richtern (in Berlin bei dem OVG als Berufsobergericht mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern). Es handelt sich bei beiden Gerichten bei den ehrenamtlichen Richtern immer um Zahnärzte. Sie werden von den zuständigen staatlichen Behörden ohne Bindung an die Vorschläge der Zahnärztekammer bestellt und haben volle richterliche Unabhängigkeit.
Rdn 1341
3. Das berufsgerichtliche Verfahren ist in den jeweiligen Bundesländern entweder der VwGO oder der StPO bzw. den Disziplinarordnungen nachgebildet (in Berlin VwGO und die Disziplinarordnung des Landes Berlin) und hat folgende Sanktionen:
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Warnung, |
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Rüge, |
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Verweis, |
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Geldbuße bis 50.000,00 EUR, |
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in einigen Bundesländern noch die Feststellung der Berufsunwürdigkeit (so in Berlin). |
☆ Das Berufsgericht kann also nicht die Berufsausübung verbieten.nicht die Berufsausübung verbieten.
Es gilt hier der Grundsatz der einheitlichen Pflichtverletzung, das heißt also: Tatmehrheit gibt es nicht.
Rdn 1342
4. Hinweis für den Verteidiger/Rechtsanwalt!
Rdn 1343
a) Materiell setzt ein berufsgerichtliches Verfahren ein Berufsvergehen, also eine schuldhafte Verletzung der dem Zahnarzt obliegenden Berufspflichten, voraus. Dies soll immer dann angenommen werden, wenn damit das Ansehen des ärztlichen Berufes geschmälert oder das öffentliche Bild des Zahnarztes in Misskredit geraten könnte (zu den berufsrechtlichen Pflichten: s. Laufs/Kern, § 14 Rn 1 – 14, zur Rechtsprechung s. Heile/Mertens/Pottschmidt).
Rdn 1344
b) I.d.R. werden, wenn es denselben Lebenssachverhalt trifft, die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteilszugrunde gelegt. Das Berufsgericht kann jedoch ausnahmsweise die Überprüfung beschließen, insb. bei Strafbefehlen.
Rdn 1345
Bei strafrechtlichem Verfahren ist das berufsrechtliche Verfahren i.d.R. auszusetzen, wenn es ich um einen identischen Sachverhalt handelt, da u.a. eine Kriminalstrafe in der Disziplinarstrafe zu berücksichtigen ist. Bei Freispruch im Strafverfahren ist nur bei berufsrechtlichem Überhang ein berufsrechtliches Verfahren möglich.
☆ Der Verteidiger sollte das Strafgericht zu Ausführungen berufsrechtlicher Art für den Angeklagten, insb. unter Berücksichtigung seiner Stellung als Zahnarzt, bewegen.Strafgericht zu Ausführungen berufsrechtlicher Art für den Angeklagten, insb. unter Berücksichtigung seiner Stellung als Zahnarzt, bewegen.
Rdn 1346
c) Folgende Punkte sollten bei Vorbereitung zu einem berufsgerichtlichen Verfahren (neben den üblichen Zulässigkeitsvoraussetzungen) immer bedacht werden:
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kein berufsrechtlicher Überhang, was ggf. zu der Frage führt, ob vielleicht das Strafgericht schon so viele berufsrechtliche Argumente gebracht hat, dass das Disziplinargericht nicht mehr tätig werden muss? Das kann z.B. bei einem ausführlichen Absehen vom Berufsverbot und beim Stichwort: Verbot der Doppelbestrafung (s. hierzu: Ulsenheimer, Arztstrafrecht, Rn 1377) der Fall sein. |
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Verjährung, die i.d.R. fünf Jahre nach Tatbeendigung, geregelt in den einschlägigen Kammer- bzw. Heilberufsgesetzen; oft deshalb Einleitungsbeschluss wegen Verjährungsunterbrechung), |
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Ordnungsgemäßer Antrag der Kammer auf Einleitung eines Berufsverfahrens, |
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Strafklageverbrauch analog, |
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überlange Verfahrensdauer (zur Verfahrensverzögerung im Strafverfahren s. Burhoff, EV, Rn 4141 ff.), |
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Ist der Zahnarzt noch Kammermitglied? |